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Freiburg
Freitag, 15. November 2024
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Salomon versus Horn: Künstler des Machbaren oder Schauspieler für Versprechungen und Wünsche?

Oberbürgermeister-Wahl Freiburg (Bild: Regionalia)

An den Taten, nicht an den Worten sollt Ihr sie messen! Es ist verdammt leicht, Werksfehler von und Unzufriedenheiten mit Salomon zu addieren und draus - als Wunschonkel - einen tatenlosen Horn-Wahlkampf mit Versprechungen zu machen.

Wer Dieter Salomon wählt, bekommt 16 Jahre Erfahrung und Kompetenz; und einen OB, der zwar nicht alles richtig gemacht hat, aber ehrliche Selbstkritik übte und aus seinen Fehlern lernen will. Wer seine Stimme Martin Horn gibt, wählt das Risiko von schönen Versprechungen, ohne praktische Erfahrungen und ohne Einlösungsgarantie. Wird Horn gewählt, muss die Stadt nicht nur die Bürgermeister-Lehrjahre von Horn und sein OB-Gehalt bezahlen, sondern auch noch die OB-Pension von Salomon. Wird Salomon gewählt, spart die Stadt Horns OB-Gehalt. Denkt man bei einer Bürgermeisterwahl wie bei einer Arztwahl? Würde man sein Herz von einem Arzt operieren lassen, der noch nie operiert hat? Oder eher von einem Operateur mit mehrjährigen Erfahrungen?

Erfahrene Werbefachleute fragen sich, ob Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon bei seinem Wahlkampf wirklich von den besten Könnern beraten wurde. Sein erster Auftritt in schwarz-braunen Farben war so fad wie eine Haselnuss. Ob sein neuer Slogan „DIETER WÄHLEN“ zur Überwindung der ihm unterstellten Arroganz taugt, oder sie nur noch bestätigt? Das DUZ-Privileg einer Minderheit stößt schließlich die Mehrheit vor den Kopf. Und bei Salomons „Rohrkrepierer“, dem verhinderten Verkauf der städtischen Wohnungen, verwendeten seine erfolgreichen Gegner die Parole: „KEIN MIETER WÄHLT DIETER“. Wenn in einem Wahlkampf (durch Ausgrenzung oder Benachteiligung von Kandidaten, durch Medieneinfluss oder durch Wahlempfehlungen) der Eindruck entsteht, es gäbe hinter den Kulissen Strippenzieher aus dem verhassten Establishment, kann das für einen Kandidaten tödlich sein. Wurde Salomon das Opfer von unrealistischen Erwartungen, Wunschvorstellungen und politischem Opportunismus?

Im politischen Dreikampf Horn-Salomon-Stein wird Salomon oder Horn am Sonntag voraussichtlich Sieger werden. Obwohl auch Monika Stein Hochachtung verdient hat. Doch man tut Salomon bitter Unrecht, wenn man ihn für alles verantwortlich macht, was über die Stadt "hereingebrochen" ist und was nicht er, sondern der Gemeinderat, beschlossen hat. Salomon war redlich bemüht, ein „Künstler des Machbaren“ zu sein. Jahrelang hat man sich in Freiburg eine „Balance der Macht“ zwischen der SPD und der CDU durch eine vermittelnde dritte Kraft gewünscht. Salomon hat sie mit seinen GRÜNEN versucht und Beachtliches erreicht, aber auch einige Fehler gemacht. Horn ist dagegen ein hoch professioneller „Actor“ und Prediger, ein Schauspieler für Versprechungen und Wünsche. Der Sozialarbeiter und „Koordinator“ hat keine relevanten Erfahrungen im Management und in der Behördenführung. Er hat von seinem Pfarrvater das Handwerk des religiösen „Seelenfischers“ perfekt gelernt und kann seine Zuhörer jetzt mit seiner „politischen Religion“ einfangen.

Werner Semmler hat die Kontrahenten Salomon und Horn unbemerkt bei ihren Auftritten vor den Wählern beobachtet. Lesen Sie seinen Analyse. 

Wahrhaftigkeit der Kandidaten.

Menschen kann man viel besser erkennen, wenn man sie nach ihren Fehlern und Handicaps fragt, als wenn sie sich mit ihren Vorzügen und Stärken selbst loben.

Wir stellten den Kandidaten Martin Horn und Dieter Salomon und der Kandidatin Monika Stein diese Frage:

Was sind Ihre persönlichen Handicaps, Ihre Fehler, Ihre Mängel, Ihre Defizite in Ihrer ehrlichen Selbstkritik?“.

Martin Horn und Monika Stein verweigerten trotz mehrfacher schriftlicher Erinnerung darauf die Antwort. Nur Dieter Salomon war ehrlich und zeigte Reife: Er gestand ein, dass er nicht fehlerfrei geblieben ist und äußerte sich deutlich zu Mängeln und Handicaps. Mit seiner Selbstkritik zeigte er die notwendige Einsicht, um es künftig besser zu machen.

Das Freiburger Clinton-Syndrom.

Salomon leidet unter dem „Clinton-Syndrom“ und fütterte dies durch seine ihm unterstellte Nähe zu den Mächtigen und den Reichen der Stadt, zu den Baulöwen, zur BZ und zu Fritz Keller und Co. Im 1. Wahlgang zeigte sich, dass viele Wähler glauben, sein sichtbares (grünes) Gesicht sei nicht sein wahres.
Die Antipathie gegen das sogenannte Establishment sensibilisierte die Wähler für Salomons sichtbare Sympathie. Und als sich zeigte, dass Salomon bei den Wählern in die Bredouille kommt, streckten die Mitglieder der Connection, die den Verlust Ihres Einflusses befürchteten, ihre Köpfe aus den Schützengräben der Macht und ergriffen Partei für ihn.

Bärendienste für Salomon?

Es darf bezweifelt werden, ob es klug ist, wenn ausgerechnet der Freiburger CDU-Chef Peter Kleefass zur Wahl von Salomon aufruft. Dem gut versorgten Staatsbeamten Kleefass ist es bekanntlich seit Jahren nicht gelungen, für die CDU eine Oberbürgermeister-Alternative aufzubauen. Wen wundert es da, wenn der beamtete "Oberlehrer" beziehungsweise Oberstudiendirektor jetzt stattdessen einen Kandidaten der vermeintlichen „Lehrer- und Belehrerpartei“ empfiehlt? Ob nämlich der Klee auf dem Acker von Salomon wächst, wenn ausgerechnet der Provinzpolitiker Kleefass das Werbefass aufmacht, darf bezweifelt werden. Besteht denn wirklich ernsthaft die Gefahr, dass eingefleischte CDU-Wähler links von Salomon wählen? Und: Sind diese wirklich auf seine belehrende Wahlempfehlung angewiesen? Wenn es rechts von Salomon keine Alternative gibt, wären Kleefass und Co Philosophen geblieben, hätten sie geschwiegen. Unklug war es auch, als CDU-Gemeinderäte nach der Wahlschlappe beim 1. Wahlgang auf der Wahlparty der Grünen auftauchten. Das ist etwa so unklug, wie wenn Dieter Salomons Duzfreunde Peter Unmüssig, Volker Homann und Gernot Pöpperl auf Salomons Wahlparty erscheinen würden, um ihm zu gratulieren und alle Vorteile zu bestätigen. Manchmal müssen ja Personen, die öffentliche Anerkennung suchen, unbedingt zeigen, dass sie sich mit den Mächtigen duzen. Das ist in etwa so, wie wenn Leute ihre fette Rolex am Arm zeigen, weil sie mit ihrem Porsche nicht direkt ins Lokal fahren können.

Damit haben die alternden CDU-Granden Dieter Salomon einen Bärendienst erwiesen und das "Zweidrittel-Wunder" Horn-Stein erst möglich gemacht. Jedermann kann an solcher unklugen Schützenhilfe erkennen, von wem Salomon "fremdbestimmt" sein könnte.

Wenn die Mächtigen einer Stadt und/oder die Medien belehrenden Einfluss auf die "dummen Wähler" nehmen wollen,  damit sie "richtig" wählen, kann der Schuss eben auch nach hinten losgehen. Wird's bemerkt, kann das tödlich sein, denn wer will sich schon manipulieren lassen. In der Demokratie sind die Mächtigen in der Minderheit und das Wahlrecht ist das Schwert der Schwachen. 

Aus 4 mach 3: Die Kavallerie rückte an.

Bereits vor dem 1. Wahlgang beschwerte sich der Kandidat Anton Behringer über seine empfundene Benachteiligung durch die Medien. Nach dem Desaster des Amtsinhabers im 1. Wahlgang rückte die „Kavallerie“ an, um Salomon zu unterstützen. Die Badische Zeitung setze eine Podiumsdiskussion mit der zur strikten Neutralität verpflichteten staatlichen „Zentrale für politische Bildung“ an. Deren Freiburger Zweigstellenleiter Michael Wehner hatte sich mit seiner (falschen) Wahlprognose vor dem 1. Wahlgang weit aus dem neutralen Fenster gelehnt und auch in der Folge zu wenig Distanz zum Meinungsmacher und „Kooperationspartner“ Badische Zeitung gezeigt. Anton Behringer wurde zur Podiumsdiskussion gar nicht mehr eingeladen und man riskierte damit eine aussichtsreiche Wahlanfechtung wegen der Beteiligung von Amtspersonen an der vermeintlichen Verletzung der Chancengleichheit der Kandidaten. Behringer monierte dies massiv. Die Beteiligten zeigten Einsicht, Salomon und Horn wollten wohl einer Wahlanfechtung keine Gründe liefern und zogen ihre Zusagen zur Teilnahme im E-Werk zurück. Die Podiumsdiskussion wurde abgesagt. Behringer gab daraufhin auf und empfahl seinen Wählern Martin Horn. Seine Begründung ist eine Anklage.

regionalia.de/freiburg/donnerschlag-bei-freiburger-ob-wahl-anton-behringer-wirft-hin-und-empfiehlt-seinen-waehlern-martin-horn_A13379

Für künftige Wahlen sollte darüber nachgedacht werden, ob es nicht besser wäre, zur Neutralität verpflichtete Personen mit der Moderation von Podiumsdiskussionen zu beauftragen, statt die örtlichen Meinungsmacher.

Anstatt der Podiumsdiskussion gab es sodann eine Veranstaltung mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kandidat Dieter Salomon auf dem Freiburger Rathausplatz, die von der grünen Bundestagsabgeordneten Kerstin Andreae mit geringem intellektuellem Tiefgang moderiert wurde. Der Ministerpräsident glänzte dort zwar mit einem charmanten Auftritt, doch auf dem Rathausplatz befanden sich nur rund 300 Personen, überwiegend wohl Sympathisanten der Grünen. Damit erreichte Salomon nicht anderen Wähler. Der Ministerpräsident erntete zwar Beifall mit einem Bonmot des früheren Stuttgarter Oberbürgermeisters Manfred Rommel, der sagte:

„Wer jedermanns Liebling sein will, wird zu jedermanns Dackel.“

Daraufhin erwiderte ein Zuhörer spitz:

„Wer aber den Dackel von Freiburgs Super-Reichen und gierigen Baulöwen macht und lieber mit ihnen zecht als mit dem Volk, wird nicht der Liebling der Bürger“.

An den Auftritten von Kretschmann, Roth und Özdemir zeigte sich, dass die Kandidaten ihre Wähler besser überzeugen, wenn sie ehrlich sich selbst sind, statt auf die Hilfe von sogenannten „Mietmäulern“ zu bauen. In der Schlussphase erkannte dies wohl auch Salomon.

Folgt auf die Salomon-Neideck-Connection die Horn-von-Kirchbach Connection?

Nach der ersten Wahl von Dieter Salomon hatte dieser zwar bereits reiche politische Erfahrungen als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg. Aber als Bürgermeister hatte auch er keinerlei Erfahrungen. In seinen folgenden „Bürgermeister-Lehrjahren“ konnte er aber auf die Erfahrungen der „Grauen Eminenz“ in der Freiburger Stadtmacht bauen, auf Finanzbürgermeister Otto Neideck. Der alte Fuchs Neideck wurde damals zum Lehrmeister und Mentor von „Jungfuchs" Salomon. CDU-Neideck hat den Grünen anscheinend so sehr in seinem Sinne "ausgebildet", daß er ihn nun sogar höchstpersönlich zur Wiederwahl empfahl. Falls Martin Horn zum neuen OB gewählt würde, dürfte die Lehrmeister-Rolle bei ihm durch den Ersten Bürgermeister Ulrich von Kirchbach wahrgenommen werden und Freiburgs SPD-Kavallerie anreiten.

Wollen und Können: Erfahrungen schlagen Worte und Wünsche.

Erfahrungen seien die Samenkörner, aus denen erst die Klugheit emporwachse“, meinte Konrad Adenauer. Doch Erfahrung ist nicht vererblich. Der Wert der Erfahrung ist nun das Pfund von Dieter Salomon bei den Wählern. Denn nur Erfahrung macht bekanntlich den Meister. Das Amt des Oberbürgermeisters ist kein Beruf, den man zuvor in drei Lehrjahren erlernt. Deswegen machen die Anfänger eine harte Lehre und ihnen unterlaufen viele Fehler. Nur in langen Amtsjahren lernen Bürgermeister das Handwerk, das man nur mit Wünschen und Worten (und in kurzer Zeit) niemals lernen kann. Wenn ein Bürgermeister in 16 Jahren Kompetenz und Erfahrung angesammelt hat, kann dies für die Stadt ein wertvolles Kapital sein. Wenn aus dem ursprünglichen „Bürgermeister-Lehrling“ ein Meister und Könner geworden ist, der das Ohr für seine Bürger bewahrte und auf dem Teppich geblieben ist, dann kann es durchaus sinnvoll sein, ihn in eine dritte Amtszeit zu wählen. Ich habe über Vertrauenspersonen die Bürgermeister zahlreicher Kreisgemeinden indirekt befragen lassen, was sie fachlich von Dieter Salomon halten. Ihre Urteile deckten sich im Wesentlichen mit dem Urteil des Umkircher Bürgermeisters Walter Laub, der sagte:

„Dieter Salomon ist intelligent, kompetent, seriös und zuverlässig. Er führt die Stadt umsichtig und mit Weitblick und ich habe nur gute Erfahrungen mit ihm gemacht“.

Ein BM kann es niemals allen recht machen. Viele kommen zu ihm und wollen etwas, was der Befriedigung ihrer eigenen Interessen dient. Er muss oft ablehnen, weil er auch das Gemeinwohl und die Interessen der Anderen bedenken muss. Das schafft primitiven Hass und hartnäckige Feinde.

In der Regel ist die dritte Amtszeit eines Bürgermeisters seine stärkste. Er hat in 16 Jahren die notwendigen Erfahrungen gesammelt; er muss nicht mehr auf seine Wiederwahl achten. Mit dieser Unabhängigkeit setzt er sich in der Regel besser durch und ist darauf bedacht, mit seinen Taten und Werken bei den Bürgern in guter Erinnerung zu bleiben. Wer zum ersten mal zum Bürgermeister gewählt wird, schielt in der Regel auf seine Wiederwahl,  seine Lehrjahre können teuer werden.

Martin Horn, der seinen Geburtsnahmen Martin Hoffmann ablegte und den Familiennamen seiner Frau annahm, kann nicht verleugnen, dass seine einfache Tätigkeit als „Koordinator“ bei der Stadt Sindelfingen keine Führungsaufgabe war und nicht mit der Erfahrung und Kompetenz eines Oberbürgermeisters vergleichbar ist. Horn ist hinsichtlich von Bürgermeistererfahrung ein „Greenhorn“ und bleibt auch bei der Bewältigung dieser Aufgabe ein echter Hoffmann.

Autor: Werner Semmler

  (Freiburger Nachrichten, Artikel-Nr. 13382 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 30.04.2018 23:21.

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