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Hinz-Angeberei war keine Straftat: Es gibt kein Strafverfahren gegen Petra Hinz.

Fall Petra Hinz: Die \"Juristin\" war ein straffreier Fake. (Bild: Fotolia)

Vorschnell ließ der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins, der selbsternannte „Unternehmeranwalt“ Ulrich Schellenberg sein Vorurteil in dem „Juristen-Bluff“ von Petra Hinz „herumschellen“:
„Aus meiner Sicht dürfte ein Anfangsverdacht gegeben sein“. Er brachte sich damit werbewirksam in die Presse, doch der Herr Jurist irrte sich. Essens erfahrener Leitender Oberstaatsanwalt Walther Müggenburg ließ sich weder von dem Anwalts-Funktionär noch von seinem Justizminister einen wohlmeinenden Ermittlungs-Wink geben und blieb ganz cool. Müggenburg hatte schließlich schon einen Vortrag über die Staatsanwaltschaft, als die angeblich „objektivste Behörde der Welt“, gehalten und wollte diesem Ruf gerecht werden. Falsche Urteile werden nur von schlechten Juristen emotional gefällt und rational begründet. Trotz allgemeiner Hysterie und 59 emotionaler Strafanzeigen gegen die Ex-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz begingen Müggenburgs echten Juristen nicht diesen häufigen Fehler vieler schlechter Richter: Sie blieben rational, beachteten die höchstrichterliche Rechtsprechung und folgten nicht ihrem emotionalen Vorurteil. Sie erkannten, was Regionalia Deutschland bereits im Artikel Nr. 10959 vom 7.8.2016 (Hinzschaty: Fuchs-Rat oder Nötigung zum Mandatsverzicht in der Affäre Hinz-Kutschaty?) schrieb: Dass nämlich die Angeberei mit der Bezeichnung „Juristin“ und einer früheren Anwaltstätigkeit bei Petra Hinz unter keinem Gesichtspunkt strafbar war. Folgerichtig teilte die Staatsanwaltschaft Essen heute mit, dass sie keinen Anfangsverdacht erkennen kann und von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens absieht. Die Staatsanwälte in Essen verfielen nicht in die unseligen Fehler ihrer politischen Kollegen aus Hannover. Während andere Medien nur aus der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Essen zitieren bringen wir für Ihr besseres Urteil die volle Länge der Entscheidung.

Respekt für die Staatsanwaltschaft Essen: Strafrecht ist kein Spielplatz für juristische Hysterie und politische Emotionen. 

Unsere Artikel zu diesme Thema:

regionalia.de/hinzschaty-fuchs-rat-oder-noetigung-zum-mandatsverzicht-in-der-affaere-hinz-kutschaty_A10959

 regionalia.de/der-silikon-busen-von-petra-hinz-juristin-als-akademiker-porsche-einer-sensiblen-frau_A10920

regionalia.de/abschuss-einer-abgeordneten-des-deutschen-bundestages-wegen-einer-schummel-luege_A10997

 

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Essen vom 27.9.2016

 "Die Staatsanwaltschaft Essen hat von der Einleitung  eines Ermittlungsverfahrens gegen Petra Hinz
gemäß § 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung abgesehen.

Kein Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Straftat.

Frau Petra Hinz war vom 18. Oktober 2005 bis zum 31. August 2016 Mitglied des Deutschen Bundestages. In verschiedenen Internetauftritten hatte Frau Hinz in ihrer Vita ausgeführt, dass sie „als Anwältin in einer Kanzlei“ und als „Juristin im Management eines Konzerns“ tätig gewesen sei. Auf der Wahlliste der SPD für die Bundestagswahl 2013 hat sie sich als "Juristin" bezeichnen lassen. Entgegen ihrer weiteren Angaben hatte sie jedoch weder die allgemeine Fachhochschulreife erworben, noch ein Studium der Rechtswissenschaft absolviert oder die juristischen Staatsexamina abgelegt.

 Nachdem dieser Sachverhalt durch diverse Medienveröffentlichungen bekannt ge-worden war, sind gegen Frau Hinz 59 Strafanzeigen erstattet worden, entweder un-mittelbar bei der Staatsanwaltschaft Essen oder bei anderen Behörden, die sie zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Essen weitergeleitet haben.

 Die Staatsanwaltschaft hat jedoch keine Ermittlungen aufgenommen, sondern das Verfahren bereits nach einer rechtlichen Prüfung eingestellt.

 Das Ergebnis der Prüfung beruht im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

 Die Angaben in der Biographie sind nicht als unbefugtes Führen eines Titels nach § 132a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB strafbar.

 Die Bezeichnung „Juristin“ ist als solche zwar unzutreffend; sie ist aber keine geschützte Bezeichnung, die von der Vorschrift des § 132a StGB erfasst wird.

Die Bezeichnung „Rechtsanwältin“ ist in § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB ausdrücklich enthalten. Der Tatbestand des Titelmissbrauchs nach § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst aber nicht jede Darstellung gegenüber Dritten, durch die der Anschein erweckt wird, man sei Inhaber der dort aufgeführten Berufsbezeichnung. Für das Führen einer solchen Bezeichnung wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zusätzlich gefordert, dass es unter solchen Umständen geschieht, die eine Gefährdung des durch die Strafvorschrift geschützten Rechtsguts als möglich erscheinen lassen. § 132a StGB soll die Allgemeinheit davor bewahren, eine bestimmte Person habe eine bestimmte Stellung inne, für sich oder andere schädliche Handlungen vornehmen zu können (vgl. Bundestagsdrucksache 7/550, 361). Die Art und Weise des Auftretens muss also geeignet sein, dieses Interesse der Allgemeinheit zu gefährden. Hierzu genügt die Angabe in ihrer Vita, sie sei „als Anwältin in einer Kanzlei“ tätig (gewesen) nicht aus. Die Angaben beziehen sich ebenso wie die Angaben über die schulische Qualifikation und den weiteren beruflichen Werdegang auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit. Anhaltspunkte dafür, dass Frau Hinz im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit die Berufsbezeichnung „Rechtsanwältin“ nutzte und den entsprechenden Titel geführt hätte, sind nicht bekannt geworden.

 Die unzutreffenden Angaben von Frau Hinz sind auch keine Wählertäuschung nach § 108a StGB.

 Das sogenannte Wahlstrafrecht schützt den demokratischen Willensbildungsprozess. Bei § 108a StGB geht es um den Schutz der Entscheidungsfreiheit des Einzelwählers gegen eine Verfälschung durch Täuschung. Der Täter muss den Wähler in einen Irrtum versetzen mit dem Taterfolg, dass dieser anders als vorgestellt, überhaupt nicht oder nicht gültig wählt, so zum Beispiel, wenn der Wähler überhaupt nicht er-kennt, dass er eine gültige Wahlhandlung vornimmt oder er aufgrund falscher Angaben über einen Wahltermin überhaupt nicht wählt. Dagegen genügt es nicht, dass jemand durch falsche Wahlpropaganda oder unzutreffende Informationen über den sich zur Wahl stellenden Kandidaten veranlasst wird, in einem bestimmten Sinne, einen bestimmten Kandidaten oder überhaupt nicht zu wählen.

Das Verhalten von Frau Hinz stellt auch keinen Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB dar, da es bereits an einer Vermögensverfügung fehlt.

 Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Betruges nach § 263 StGB ist die Vermögensverfügung, also jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das unmittelbar zu einer Vermögensminderung führt. Unmittelbarkeit bedeutet, dass das irrtumsbedingte Verhalten des Getäuschten die Vermögensminderung auslöst, ohne dass dafür noch zusätzliche deliktische Zwischenhandlungen des Täters erforderlich sind. Die Stimmabgabe ist jedoch keine Vermögensverfügung. Mit der Abgabe des Wahlscheines allein verfügt der Wähler nicht über die Frau Hinz nach erfolgreicher Wahl zustehen-den Leistungen. Frau Hinz erwarb die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag gemäß § 45 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes nach der abschließenden Feststellung des Ergebnisses für das Wahlgebiet durch den Bundeswahlausschuss mit der Eröffnung der ersten Sitzung des Deutschen Bundestages nach der Wahl. Für ein Mitglied des Bundestages folgt sodann der Anspruch nach den §§ 11 und 12 des Abgeordnetengesetzes auf eine Abgeordnetenentschädigung und eine Amtsausstattung. Die Mitgliedschaft des Deutschen Bundestages ist allein von der Wahl, nicht aber von der beruflichen Qualifikation abhängig. Für Frau Hinz bestand auch keine rechtliche Verpflichtung, die unzutreffenden Angaben zu korrigieren.

 Eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB kann ebenfalls nicht festgestellt wer-den. Einem Internetauftritt fehlt es bereits an der Eigenschaft als Urkunde. Aber auch, wenn in schriftlich fixierten Dokumenten Unwahrheiten verbreitet werden, liegt nicht immer eine Urkundenfälschung vor. Insbesondere berührt ein lediglich unwahrer Inhalt nicht die Echtheit einer Urkunde. § 267 StGB schützt nämlich nicht das Vertrauen in die Wahrheit von Urkundeninhalten, sondern das Vertrauen in die Urheberschaft von verkörperten Erklärungen. So-genannte "schriftliche Lügen" unterfallen dem Straftatbestand der Urkundenfälschung daher nicht und sind straflos.

Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Straftaten können ebenfalls nicht festgestellt werden.

Die Anzeigeerstatter werden in Kürze über über das Ergebnis der rechtlichen Prüfung schriftlich unterrichtet werden.

Mitgeteilt durch Anette Milk, Oberstaatsanwältin,
Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Essen

Autor:  wese (Justizportal, Artikel-Nr. 11256 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 27.09.2016 15:35.

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