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Mittwoch, 25. Dezember 2024
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VORSICHT „Rien ne va plus“ bei GUTSCHEINEN: Wann werden sie vom Renner zum Penner?

Vorsicht Gutschein mit Extragefahren (Bild: Regionalia)

„Rien ne va plus“ bei Gutscheinen? Gutscheine sind Risiko-Scheine, denn wer sie kauft, gibt dem Geschäft (als Zahlungsempfänger) einen billigen und zinslosen Kredit. Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich um eine Vorauszahlung auf eine noch zu erbringende Leistung des Geschäftsinhabers. Der Vorauszahler hofft, der Geschäftsinhaber werde den Gutschein, der als Inhaberpapier gem. § 807 BGB eine Schuldverschreibung mit Leistungsverpflichtung an den Gutschein-Inhaber ist, bei Vorlage einlösen. Das hoffte auch Vater Dindic, als er seinem Sohn Tihomir zum 21. Geburtstag einen Gutschein der Praktiker-Baumarkt-Tochter „Extra“ über 300 EURO schenkte. Etwas Brauchbares, Vernünftiges sollte der Sohn des täglich hart arbeitenden Winzer-und Landwirtshelfers kaufen, doch der musste bald feststellen, dass der Gutschein extrem „EXTRA“ war: Nach der Insolvenz der Praktiker & Extra-Baumärkte wies der Insolvenzverwalter die Baumarkt-Filialleiter an, Gutscheine nicht mehr einzulösen. Die vorab kassierten Gutschein-Vorauszahlungen wurden der Insolvenz-Masse zugeschlagen. Die Beschenkten bleiben jetzt auf Papier-Gutscheinen sitzen oder müssten ihre Gutschein-Forderung aufwendig zur Insolvenz-Masse anmelden. Die Wahrscheinlichkeit, dass für sie noch etwas übrig bleibt, ist gering, denn die Gutschein-Inhaber stehen mit ihrer Forderung hinter anderen Gläubigern, darunter Sozialversicherungsträgern, Personal, Finanzamt, Banken und Lieferanten. Für den beschenkten Sohn brach die Welt des Vertrauens zusammen, als er seinen Gutschein einlösen wollte, und ihm der Extra-Filialleiter sagte: „Rien ne va plus – den können Sie in den Papierkorb werfen“. Was ist bei Geschenkgutscheinen zu beachten? Regionalia bringt's! 

Gutscheine sind der „Renner“: Werden Sie bei Verfall, Insolvenz und Schließung zum „Penner“?

Wer die Träume und Phantasien seiner Lieben nicht genau kennt, greift besser um Gutschein. Gutscheine sind keine verfallenden Geschenke, sondern Geschenke von Dauer. Sie gehören auch deshalb zu den beliebtesten Geschenken, weil die Schenker den Beschenkten die freie Wahl lassen, statt ihnen einen Geschenk nach eigenem Geschmack vorzusetzen. Alljährlich werden viele unpassende Geschenke weiter verschenkt, zum Staubfänger oder zum Umtauschgut. Nach allen Festtagen verzeichnen die Kaufhäuser einen großen Umtausch-Boom mit „falschen Geschenken“. Deswegen greifen immer mehr Großzügige zum freien Gutschein. Eine chinesische Massage oder ein chinesisches Essen, ein Candle-Light-Dinner, ein Tanz,-Sprach,-Koch,-Tauch-Kurs, ein Fallschirmsprung, ein Essen im besten Restaurant der Stadt, ein Kaufhaus-Gutschein? Die Optionen, seine Freunde mit Gutscheinen zu beschenken, sind unermesslich und grenzenlos. Unkalkulierbar sind leider jedoch auch die Verfall-Risiken, die Gefahr der Geschäftsaufgabe und die Insolvenzgefahr für Gutscheine. Es gibt tausend Gründe, warum Geschenk-Gutscheine nach dem Fest erst einmal verstauben und in die Schublade einer Kommode wandern. Tauchen sie aus der Versenkung nach dem Rummel irgendwann wieder auf, stellt sich oft die Frage nach der rechtlichen Gültigkeit von Gutscheinen.

Gutscheine - unbegrenzt gültig?

Unbefristete Gutscheine.

Ein unbefristeter Gutschein, für den Geld bezahlt wurde, ist wie jede Schuldverschreibung grundsätzlich unbefristet gültig, falls sich der Gutschein-Aussteller nicht auf die gesetzliche Verjährung der Forderung beruft. Bringt der Gutschein-Aussteller die Einrede der Verjährung, dann gilt, dass der dem Gutschein zugrunde liegende Anspruch in drei Jahren verjähren kann. Die Drei-Jahres-Frist läuft erst mit dem Schluss des Jahres in dem der Gutschein ausgestellt wurde. (§§ 195, 199 BGB)

Befristete oder bedingte Gutscheine

Befristete Gutscheine können verfallen, wenn dies die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie einem verfallenden Ereignis (z.B. einem bestimmten Konzertbesuch), einem Sonderangebot oder einer beschränkt angebotenen Dienstleistung gewidmet sind. Insbesondere wenn sich die Sache oder die Dienstleistung mit Zeitablauf verteuern kann, ist eine Befristung zulässig. Eine Befristung eines Gutscheins ist unzulässig oder unwirksam, wenn der Gutschein auf die Gewährung eines Warengegenwertes über einen eingezahlten und fest bestimmten Geldbetrag lautet. Solche Gutscheine verlieren, wie das Geld selbst, mit der Inflation und durch Preissteigerungen der Gutschein-Aussteller mit der Zeit an Wert. Der Versandhändler Amazon hatte solche Gutscheine auf ein Jahr befristet und dies mit seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg meinte, beim Kauf von Gutscheinen handele es sich um abgeschlossene und bezahlte Kaufverträge und hatte dagegen Klage bei der dafür spezialisierten 12. Zivilkammer des Landgerichts München erhoben (Az. 12 O 22084/06. Das Landgericht erklärte die Befristung der Gutscheine für unwirksam und entschied, dass der Händler die nicht eingelösten Guthaben nicht verfallen lassen und in die eigene Tasche stecken dürfe. Es gelte für die unwirksam befristeten Gutscheine die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB): Das OLG München bestätigte diese Entscheidung rechtskräftig ( 29 U 3193/07).

Verfallende Gutscheine und einmalige Events

Gutscheine für einmalige Events im Veranstaltungsbereich (z.B. Tickets für Theater, Oper, Fußballspiele usw.) verfallen endgültig mit Versäumung oder Ablauf der ausgeschriebenen Veranstaltung.

Wer kann den Gutschein einlösen?

Der Gutschein ist ein sogenanntes Inhaber-Papier, das jedem, der es in den Händen hält, zur Geltendmachung und Einlösung berechtigt (§ 807 BGB). Selbst wenn auf dem Gutschein eine andere Person genannt ist, dann muss der Aussteller an jede Person den Wert des Gutscheines leisten, die ihm den Gutschein vorlegt.

Kann der Gutschein nur zum Teil eingelöst oder in bar ausgezahlt werden?

Gutscheine sind nur gegen die angebotenen Waren oder Dienstleistungen eintauschbar. Der Aussteller ist nicht verpflichtet, den Gegenwert oder den nicht verbrauchten Restwert in bar auszuzahlen.

Was tun, wenn der Gutschein verfallen ist?

Ist ein Gutschein verfallen, aber die Forderung noch nicht verjährt, kann er dennoch seinen Wert, oder zumindest einen Teil seines Wertes, behalten. Auch falls kein Anspruch mehr auf Einlösung des Gutscheins besteht, kann er unter Umständen, solange die Verjährung noch nicht eingetreten ist, einen Geldwert behalten. Denn dann kann der Verkäufer des Gutscheins nach den Vorschriften über die unberechtigte Bereicherung (§§ 812 – 822 BGB) zur Herausgabe des Vorteils verpflichtet sein, den er dadurch erzielt hat, dass er eine zugesagte Leistung kassiert hat, ohne sie zu erbringen.

Crash für Gutscheine: Insolvenz oder Geschäftsaufgabe.

Der Tod des Gutscheins ist eine Insolvenz ohne Masse. Wenn eine Unternehmen, das Vorauszahlung kassiert und einen Gutschein dafür ausgestellt hat, insolvent ist und keine Finanzmasse mehr übrig hat, die zur Deckung des Gutscheins reicht, „sterben“ die Rechte aus dem Gutschein. Man spricht dann von einem totalen Insolvenz-Ausfall. Mit dem Beginn des Insolvenzverfahrens ordnet der Insolvenzverwalter zur Sicherung der Gleichbehandlung aller Gläubige an, dass Gutscheine nicht mehr eingelöst werden dürfen. Denn die Waren oder Leistungen, die dafür herausgegeben werden sollen, gehören oft noch anderen Gläubigern. Die Gutschein-Inhaber werden in diesem Fall Gläubiger des insolventen Unternehmens. Sie können ihre Gutschein-Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden und darauf hoffen, dass nach Befriedigung aller gesicherten oder bevorrechtigten Forderungen am Schluss noch eine Quote für sie übrig bleibt. In vielen Fällen ist diese Hoffnung aber vergeblich. Auch bei Geschäftsaufgaben haben die Gutschein-Inhaber oft das Nachsehen und finden das Geschäft nicht mehr, das ihren Gutschein einlösen soll. Beim Unternehmensverkauf oder bei Geschäftsübergängen auf neue Inhaber kann es ebenfalls zu Problemen kommen, wenn die neuen Firmen oder Inhaber die alten Verpflichtungen nicht übernehmen wollen. Auch bei kleinen Geschäften und Restaurants ohne Vermögen ist ein Gutschein-Kauf immer eine Vertrauenssache. Deswegen sollte für Kluge gelten: Erhalte Gutscheine sofort einlösen, solange die Aussteller noch leistungsfähig sind.

Rat ohne Obligo und Gewähr:

Unser kostenloser Artikel beruht in seinen rechtlichen Hinweisen auf den Aussagen unserer Anwälte und den Entscheidungen der genannten Gerichte. Falls die Einlösung eines Gutscheins verweigert wird, empfehlen unsere Anwälte die Einschaltung von Rechtsanwälten an den örtlich und sachlich zuständigen Gerichtsorten. 

Autor:  wese (Kaiserstuhl-Tuniberg, Artikel-Nr. 8919 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 08.12.2013 22:11.

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