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Freitag, 15. November 2024
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Nachdenken über Menschlichkeit und Preise: Splitter aus der Fußball-Bundesliga in der Papst-Woche

Der Rücktritt des Schalke-Trainers ist in der Fußball-Bundesliga das beherrschende Thema dieser Woche. Und weil der Papst in Deutschland zur Besinnung Rückkehr zu den Werten die Menschlichkeit aufgerufen hat, sollten die Fußball-Funktionäre auch nachdenken: Über Menschlichkeit, die Finanz-Krise und zu hohe Preise im Fußball. 

Schalke 04: Respekt und Anerkennung für Ralf Rangnick. Der Fußballer-Coach der stolzen „Königsblauen“ hat Konsequenzen gezogen. Es ist sicherlich sehr schwer, seinen geliebten Job aufzukündigen und sich der Öffentlichkeit zu stellen. Seine Gesundheit geht vor. Er ist erschöpft und ausgebrannt. Das Energielevel des schwäbischen Fußball-Tüftlers ist im roten Bereich angekommen. Denn das permanente „In-der-Öffentlichkeit-stehen“ schlaucht. Die Gesellschaft nimmt Anteil. Sie nimmt großen Anteil. Doch Vorsicht: Es sollte nicht vergessen werden, dass es tausende Menschen gibt, die diese Probleme „mit sich herumschleppen“. Sind es Millionen? Sie gehen täglich ins Büro oder auf die Baustelle. Sie arbeiten im Supermarkt oder in einer Arztpraxis. Und sie müssen weiter arbeiten, auch wenn der Akku leer ist. Denn sie sind angewiesen auf den nächsten Lohn. Sie haben zusätzlich zur Erschöpfung in unserer immer schnelleren Welt dann auch noch Existenzängste. Ist das nicht der viel größere Druck? Was ist schlimmer? Ralf Rangnick kann im Gegensatz zu „Lieschen Müller“ in aller Ruhe genesen. Er kann die besten Ärzte besuchen. Er wird die Sache überstehen und hoffentlich in alter Stärke zurück kehren. Ralf Rangnicks „Geschichte“ ist nicht weniger wichtig, sie ist aber auch nicht wichtiger als der Lebenslauf von „Otto-Normal-Verbraucher“. So sollte sie behandelt werden. Die richtigen Maßstäbe sind wichtig. Das Thema kann als Anstoß zum öffentlichen Diskurs genommen werden. Vielleicht gibt es im Bereich Profi-Fußball mehr Burnouts. Eine Überhöhung eines Schicksals wie das von Rangnick wäre allerdings fehl am Platze. Es würde doch allzu scheinheilig klingen. Viele Fußball-Trainer-Kollegen haben sehr große Worte gewählt. Doch ist das angemessen? Die Geister, die ich rief! Unsere gesellschaftlichen Probleme sind hausgemacht. Und der Fußball will dazu auch noch die permanente Öffentlichkeit. Sie bringt Geld. Die hohen Gehälter sind im Business Showgeschäft nur durch eine hohe Aufmerksamkeit möglich. Das hat negative Rand-Erscheinungen. Von den Vereinen ist immer wieder zu hören, dass noch mehr Geld benötigt wird. Die Deutsche-Fußball-Liga bereitet gerade ein
noch größeres TV-Paket vor. Ein Zurückrudern wird es nicht geben. Dabei kann sich der Fußball nur selber helfen.

Hamburger SV: Das Urgestein der deutschen Fußball Bundesliga droht abzustürzen. Deshalb haben die Nordlichter zum Allheilmittel Trainerentlassung gegriffen. Allerdings hat der Manager der Hanseaten zwei Tage vorher noch einen Treueschwur für den HSV-Trainer Michael Oenning abgegeben. Wie sagte doch Peter Kunter, ein ehemaliger Torwart und Vizepräsident von Eintracht Frankfurt anno dazumal: „Ich habe im Fußballgeschäft so zu lügen gelernt, dass mich sogar meine Frau für einen Drecksack hält.“ Trotzdem: ganz schlechter Stil vom Hamburger Dänen Frank Arnesen. Dann lieber Klappe halten.

BVB Borussia Dortmund: Der Dortmunder Fußballer Lukas Piszczek ist wegen Spielmanipulation in seiner Heimat Polen bestraft worden. Doch seine Berufung hatte Erfolg: Die Strafe wurde abgemildert. Seine Sperre für die Nationalmannschaft Polens wurde zwar erhöht, aber dann auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. 35000 Euro muss der Dortmund-Star für eine soziale Einrichtung bezahlen. Auch der deutsche Meister BVB hatte auf ein mildes Urteil gehofft. Dortmund war das Glück nicht nur auf dem Rasen hold, denn das locker zu verkraftende Urteil ist eingetreten. Lukas Piszczek kann ab sofort wieder weltweit an allen Spielen teilnehmen. Bravo? Auch hier verschiedene Maßstäbe? Den Ermittlungen zufolge, soll er sich der Mannschaftsentscheidung seines Klubs Lubin angeschlossen haben. Man soll einen Sieg für 25 000 Euro gekauft haben. Beim betreffenden Spiel in der Saison 2005-06 war Lukas Piszczek von seinem Trainer nicht in den Kader berufen worden. Er hat sich später selbst angezeigt. Weil es ohnehin an die Öffentlichkeit gekommen wäre? Lukas Piszczek beteuert, dass er nie betrügen wollte. Ein Unschuldslamm? Auch ohne die Moralkeule zu schwingen, bleibt ein gewisser Beigeschmack. Wie sollen Jugendtrainer ihren Jung-Fußballern angesichts eines solchen Umgangs mit Spielbetrug erklären, dass krumme Touren mit den Spielausgängen „das Allerletzte“ sind? Wäre es nicht angebracht, wirklich empfindliche Strafen zu verhängen? Auch als Abschreckung? Auch hier bietet sich wieder ein Abgleich mit der „realen Welt“ an. Bei einer vergleichbaren Verfehlung in einer stinknormalen Firma würde ein Mitarbeiter vermutlich nicht so glimpflich davon kommen. Er würde seinen Arbeitsplatz verlieren und in seiner Existenz bedroht sein. Beim Fußball hat man dagegen das Gefühl, dass man nicht wirklich an einer Trockenlegung des sich immer weiter ausbreitenden Manipulations-Sumpfes interessiert ist.

FC Bayern München: Tut sich da ein weiterer Sumpf auf? Das Haus von Bayern Münchens Star-Kicker Breno ist in dieser Woche abgebrannt. Und nun die Überraschung: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Profi-Fußballer. Das teilte die Behörde mit. Der Verdacht lautet: schwere Brandstiftung. Hoppla! Der brasilianische Samba-Kicker hat sich noch in letzter Minute aus den Flammen in seiner Villa retten können. Schnell die Runde machte im Internet die Tatsache, dass Brenos Familie zur Brandzeit nicht zuhause war. Die Diskussion hat nun wieder Auftrieb bekommen. User utzinho äußert bei gmx: „Als ich gelesen habe, dass seine Kinder und seine Frau um 0:30 dazu kamen, habe ich mich gewundert, wo die wohl um diese Uhrzeit waren. Ich habe gleich an Versicherungsbetrug gedacht. Komisch...dabei verdienen die in München doch gar nicht schlecht. Jetzt versuchen die Millionarios auch noch die Versicherungen zu bescheißen. Das wird ja immer doller in Deutschland.“ Es könnte immer noch sein, dass ein technischer Defekt vorlag.Das teilte die Staatsanwaltschaft. Doch warum ging die Behörde mit den Vermutungen dann an die Öffentlichkeit? Sollte sich der Verdacht gegen Breno erhärten, hat er sich zumindest nicht gerade clever angestellt...

Fußball allgemein: Geld spielt im Fußball überhaupt keine Rolle. Eine Art der unerhörten Dekadenz bekam man jetzt von den Hochglanz-Fußballern des FC Barcelona noch einmal vorgeführt. Weil dem momentan weltbesten Fußballer Lionel Messi und dem Shakira-Lover Gerard Pique der Krach des Motorrads eines Barca-Trainers auf den Geist ging, haben sie es kurzerhand: abgefackelt. Das klingt nach einem Scherz. Es ist aber die Wahrheit. Statt mit Kopfschütteln zu reagieren, wird die Aktion in den Medien als Jungenstreich von zwei Lausbuben verkauft. Messi und Pique haben das Motorrad einfach in einem Container entsorgt. Am nächsten Morgen stand dann ein nagelneues Zweirad auf dem Parkplatz. Fragt sich, wofür der Fußball mehr Geld benötigt, und warum man sich über einen zu engen Terminkalender und zu wenig Freizeit beschwert?

Aus gegebenem Anlass die Worte der Woche vom kultigen Fußball-Trainer Hans Meyer, der früher in Mönchengladbach gearbeitet hat: „Als Fußballprofi hat man eine herrliche Zeit. Die Spieler kommen morgens um neun, trinken Kaffee, halten ein Schwätzchen, danach eine kleine Mannschafts-Besprechung, 90 Minuten Training, eine Stunde Nachbereitung. Und nachmittags gehen sie dann mit der Mutti auf die Kö nach Düsseldorf.“

  (Regionalia Deutschland, Artikel-Nr. 5466 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 23.09.2011 17:52.

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