Walter Gerriets wurde am 22.12.1927 in Münster in Westfalen geboren. Seine Eltern wanderten mit dem kleinen Jungen 1929 nach Riga aus. Vater Hans Gerriets baute in Riga eine Wollweberei auf und Walter ging dort zur Schule und lernte deutsch und lettisch. Dann kam der Krieg, Walter Gerriets war 13 Jahre alt und musste Riga mit seinen Eltern verlassen. Die Familie Gerriets siedelte sich in Litzmannstadt an. Der heute polnische Ort heißt nun Lodz. Gerriets Vater Hans führte wieder eine Wollweberei und Walter ging in Litzmannstadt in das deutsche Gymnasium. An seinem 16. Geburtstag wurde Walter Gerriets als „Kinder-Soldat“ von Hitlers Militärmaschine „eingezogen“. Erneut musste die Familie Gerriets alles Aufgebaute aufgeben. Nach dem Krieg sammelte sich die Familie über viele Not-Stationen 1945 wieder in Freiburg, am Geburtsort der Mutter Johanna Gerriets. Die Mutter war eine von zwölf Geschwistern aus dem Freiburger Stöckle-Clan. Sie wurde genau100 Jahre und 100 Tage alt. 1946 gründete1946 gründete Vater Hans Gerriets in Freiburg unter seinem Namen erneut eine Textilhandelsfirma. Walter Gerriets machte das Abitur in Freiburg und studierte an den Universitäten Freiburg und Basel Volkswirtschaftslehre. Neben dem Studium half er seinem Vater beim Aufbau der Gerriets-Firma. Hans Gerriets beteiligte sich auch beim Aufbau des Freiburger Uniklinikums und des städtischen Theaters. In dieser Zeit erkannte er den großen Textilbedarf der Theater und beschloss, diese künftig mit Spezialprodukten zu beliefern. Walter Gerriets besorgte den Vertrieb, wuchs unter seinem Vater zum Jung-Unternehmer, besuchte zehn Jahre lang alle deutschen Theater-Betriebe und baute mit seinem Vater ein passendes Produkt-Programm auf. Gerriets wurde Deutschlands Theater-Ausstatter.
Seit 1970 in Umkirch und ab 1992 Niederlassung im Elsass
Nach dem Tod seines Vaters Hans Gerriets übernahm Walter Gerriets 1961 die Firma und führte sie allein. Er hatte ein Lager angemietet und steuerte seine Firma zunächst sparsam aus einem kleinen Büro in der Wohnung seiner Mutter. Elke Läuger kam 1966 dazu und half beim Firmenaufbau. Die Firma wuchs und es mussten bald weitere Gewerbeflächen angemietet werden. 1970 entschied sich Gerriets mit einem Neubau für eine Ansiedlung seiner Firmen-Zentrale in Umkirch. Für den Platzbedarf bei der Herstellung von großen Bühnenvorhängen und Rund-Horizonten baute er 1992 ein großes Werk in Volgelsheim, im benachbarten Elsass. Mit Spezialwerkstätten, Nähatelier, Folienschweißerei. Rund-Horizonte gehören zu jedem großen Theater. Sie schließen die Theater-Bühnen nach hinten und beiden Seiten rechts und links ab. Um den optischen Eindruck von TIEFE und WEITE zu erzeugen, haben sie keine Ecken, sondern Rundungen. Gerriets lieferte auch den Rundhorizont für die New York Metropolitan Opera (siehe Photo). Er ist rund 2000 qm groß, vier Tonnen schwer und kostete ca. 200.000 Euro.
Weltmarktführer für Bühnenbedarf
Das französische Gerriets-Werk wurde zunächst von seinem Sohn Hannes Gerriets und seinem Schwiegersohn Bernd Baumeister geleitet. Inzwischen haben sich die Jungen bewährt. Der Vater hat sein Haus für die Zukunft bestellt und seine Nachfolge geregelt. Sohn und Schwiegersohn sitzen mit Walter Gerriets als Geschäftsführer in der Umkircher Firmenzentrale im Kirchenhürstle. Gerriets überzeugte durch seine Taten und seine persönliche Verlässlichkeit und Bescheidenheit. Er arbeitete hart und hatte Phantasie und Kreativität für die Erfüllung der Wünsche der Theaterintendanten. Er wollte nicht Star spielen sondern er war bereit durch harte Arbeit zu „dienen“. Er baute sein Programm immer mehr aus und wurde zum Spezialisten und Weltmarktführer für Bühnenbedarf aller Art. Zum umfangreichen Sortiment gehören Projektionsfolien, Horizontgewebe, Dekorationsstoffe, Bühnenveloure, Tülle, Tanzteppiche, Netze, Effektmaterialien, Crash-Glas, Schienensysteme, Punktzüge, Traversen und Bühnenpodeste. Mit eigenständige Tochterunternehmen in Großbritannien, Österreich, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, Belgien, den Niederlanden und den USA. Rund 160 Mitarbeiter sind allein in Umkirch und Volgelsheim damit beschäftigt, die umfangreiche Produktpalette in alle Welt zu liefern. Der Umsatz beläuft sich auf rund 30 Millionen Euro. Um seine Geschäfte zu machen musste Gerriets rund um den ganzen Erdball fliegen. „Bei Theater-Menschen ist man wie in einer großen Welt-Familie“ sagt er. Sein größtes Objekt war wohl die Köln-Arena. Als die Theater sparen mussten und durch die neuen Medien etwas aus der Mode kamen, ließ sich Gerriets neue Geschäftsfelder einfallen. Er erkannte, dass es auch noch andere „Theater-Spieler“ gibt, die ihre Show abziehen wollen. In Politik, Wirtschaft, Sport und bei großen Messen und Events. So wandte er sich erfolgreich diesen „Schauspielern“ zu und richtet ihnen ihre Bühne für ihre Events. Auf Parteitagen von Parteien und Verbänden und auf Hauptversammlungen von Konzernen. Denn wenn Partei,- und Firmenbosse ihre Show abziehen, dann wird oft nicht gespart, sondern geklotzt. Dann müssen Gerriets Scheinwerfer und Vorhänge die „Schauspieler“ verstärken und ins Licht des Publikums und des Fernsehens rücken.
Erfolg und Understatement:
Von Umkirch aus gehen Vorhänge auf in der ganzen Welt
Walter Gerriets selbst blieb in 60 Jahren Berufsleben leise und bescheiden. In Umkirchs Wohngebiet „Breite“ bewohnt er mit seiner Frau, mitten im Ort, eine ausgebaute Dachgeschosswohnung. Elke Gerriets begleitete Walter Gerriets seit 1966 beim Aufbau des Unternehmens und gilt intern als "Finanzminister" des Hauses. Wenn es um Hilfe geht, haben die Gerriets ein großes Herz. Man findet sie auf fast allen Spenderlisten im Dorf und Gerriets ist Kultur-Förderer auf der ganzen Welt. In den Kopf gestiegen ist ihm sein Erfolg nie. Sein Charakterszug ist das noble nordische „Understatement“. Seit 1976 geht er regelmäßig (gegenüber seiner Wohnung) in die „Kleine Welt der Piccolo Mondo“, einer guten Pizzeria seines italienischen Freundes. Er tut nicht so, wie wenn er ein Großer wäre. Doch wer Menschenkenntnis und ein gutes Auge hat, sieht, dass Walter Gerriets eine große Persönlichkeit ist.So war und ist das Leben von Walter Gerriets „großes Theater“. Er selbst „spielte“ nicht für das Publikum, sondern für die Theater, Opernhäuser, Messen und Parteitage der Welt. Und für ihre Künstler und Schauspieler. Er durfte nie selbst der „Star“ sein. Er war der Mann im Hintergrund. Doch er besorgte den Vordergrund: Die Vorhänge für die Bühne. Seine Stücke hießen Schönheit, Farbenpracht, Kreativität, Arbeit, Fleiß, Phantasie, Verlässlichkeit. So wie dem Geigennbauer nur der Klang der Geige dankt, so dankte Gerriets nur der Glanz und die Spannung die seine Vorhänge erzeugten und die Künstler, deren Lampenfieber sie verbargen, bis Gerriets Vorhang auf ging.
Die „Stars“ seiner Theater,- Opern,- Kongress,- und Konzerthäuser kamen und gingen in Gerriets langer Berufs-Karriere. Ihnen klatschen die Besucher und nicht Gerriets kunstvollen Vorhängen und Dekorationen. Aber seine Vorhänge erzeugen noch immer die Spannung des Anfangs jedes neuen Spektakels, BEVOR der Vorhang aufgeht. Und jenes „ENTZÜCKEN“ oder jene Traurigkeit, wenn der Vorhang endgültig FÄLLT und das Theater zu ENDE ist. Walter Gerriets Vorhänge gehen immer wieder auf. Für das Publikum und für die Stars. Und für ihre Nachfolger.
Walter Gerriets ist ein Künstler und ein Weltbürger, der von Umkirch aus „Theater“ machte. Und noch immer macht.
Autor: Werner Semmler
Nachtrag zum vorstehenden Artikel:
Walter Gerriets verstarb am Sonntag, den 6. Oktober 2013
in Freiburg im Breisgau.