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Freitag, 15. November 2024
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Endlich, Umkircher Gemeinderat handelt!

Umkircher Gemeinderat handelt! (Bild: J. W. Steckmeister)

Teilweise turbulent ging es bei der Gemeinderatssitzung am Montag, den 19. Juli 2010, zu. Auf dem kurzen aber kernigen Programm standen neben dem Klassiker Kanalsanierung und dem Dauerbrenner Neugestaltung der Ortsmitte die Kriminalstatistik 2009, die Umgestaltung der Umkircher Friedhöfe, die Beratungsstelle für ältere Menschen sowie eine Fürstenhochzeit mit buntem wie lautem Rahmenprogramm und blitzartig verschwundene Bäume. Besonders die beiden letztgenannten Themen brachten die Luft im gut klimatisierten Bürgersaal teilweise zum Glühen. 

 

Krach und Streit
Die Bürgerfragestunde (TOP 1) mutierte dank zweier ebenso aufgeregter wie gut vorbereiteter Umkircher zur Bürgerredestunde, und machte so ihrem Namen auch in Bezug auf die Dauer alle Ehre. „Freie Bahn für den Platz“, so sah ein unwirscher Umkircher die Fällung der vier Kastanien und eines Lindenbaumes im hinteren Gutshofplatzbereich. Es hätte, so der Redner weiter, keine sachlichen Gründe gegeben, die Bäume abzusägen, sondern man habe sie nur loswerden wollen, um die Platzneugestaltung durchzudrücken. Für ebenso unsinnig und frevelhaft erachtete der Mann die Entfernung des Laubenganges. Eine Neubepflanzung des Platzes mit zwölf Kastanien sei hingegen überdimensioniert. Es sei, so schlussfolgerte er, letztlich besser und billiger, von dem Plan des Architekten Volker Rosenstiel zurückzutreten, als nachher einen Platz zu haben, der auch hinsichtlich der klimatischen Bedingungen unzureichend und damit nachbesserungsbedürftig wäre. In Sachen mangelnde Mikroökologie war Volker Rosenstiel jüngst mit seinem für Freiburg geplanten neuen „Platz der Alten Synagoge“ in die Kritik geraten. Bürgermeister Laub betonte, dass die Gestaltung des Platzes nach dem Plan von Architekt Rosenstiel vom Gemeinderat beschlossen worden wäre. Der Laubengang, so Laub weiter, sei nur entstanden, um das seinerzeit noch unansehnliche Rathaus zu verstecken, was ihn nach der Renovierung des Gebäudes an dieser Stelle überflüssig, ja gestalterisch unsinnig mache. Die zwölf neuen Bäume, rot blühende Rosskastanien mit einem Kronendurchmesser von 15 Metern, würden auf dem Platz Platz finden, versicherte Laub außerdem.Applaus aus dem zahlreich erschienenen Publikum bekam eine Bürgerin, die sich ebenfalls für den Erhalt des Laubenganges an seiner jetzigen Stelle aussprach. Auch Klaus Leible (CDU) schlug sich auf die Seite der Laubengangerhalter: Er sei von Anfang an gegen die Entfernung gewesen.Lauter aber nicht minder emotional ging es beim nächsten Thema zu, da es sich ja auch um Lärmbelästigung drehte. Am Samstag, den 17. Juli, hatte im Umkircher Schloss Erbprinz Karl Friedrich von Hohenzollern seine Hochzeit gefeiert (REGIONALIA- Umkircher Nachrichten vom 19. 07. 2010, Artikel- Nr. 2469). Da der Erbprinz nicht nur Schlossherr, sondern auch Musiker ist, ging es im Schlosspark länger und lauter zu, als manchem Bürger lieb war. Eine Ausnahmegenehmigung durch den Bürgermeister, bis 2 Uhr früh auch laut feiern zu dürfen, sei schlichtweg unzumutbar, so ein erboster Parkanlieger, dem offenbar nicht nur die Musik, sondern auch die eigentlich abgeschafften Privilegien für den Adel zuwider liefen. Bürgermeister Laub bekannte, dass er sich das erste Mal im Leben für Umkirch geschämt habe. Er, der lediglich in seiner Funktion als Bürgermeister, auch auf dem Fest anwesend war, habe miterleben müssen, wie die Polizei vor dem versammelten Hochadel die Musikanlage abstellte. Außerdem sei er von eben jenem Bürger auch noch in aller Öffentlichkeit angepöbelt worden. Der Park sei 364 Tage im Jahr leise, so dass eine derartige Veranstaltung auch von unmittelbaren Anliegern hinzunehmen sei, endete Laub sichtlich verärgert.
 
Wichtiges geht weiter
Erholsam ruhig und sachlich berichtete Markus Rauh unter TOP 2 über die Arbeit der Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige. Der steigende Altersdurchschnitt und die wachsende Pflegebedürftigkeit in Kombination mit immer frühzeitigeren Krankenhausentlassungen und längeren Pflegezeiten ließe eine zentrale Anlaufstelle für ältere Menschen und deren Angehörige immer notwendiger werden, so Rauh. Getragen von der Kirchlichen Sozialstation nördlicher Breisgau bietet die Anlaufstelle zentrale, neutrale und kostenlose Beratung zu allen Themen rund um Rente, Pflege, Kostenträger und Ähnliches an. Auch Hausbesuche für immobile Patienten, so Rauh, stünden auf dem Programm der Einrichtung. Die Gebühr für die Inanspruchnahme der Beratungsstelle betrügen pro Einwohner einer Gemeinde lediglich 70 Cent und seien seit Jahren stabil geblieben, ergänzte Rauh. Mit dieser „Kopfpauschale“ würden 90% der Kosten gedeckt, die restlichen 10% übernimmt die Sozialstation, so Rauh auf die Frage von Klaus Leible (CDU), ob die Gemeindzuschüsse ausreichend wären. „Pflegende Angehörige brauchen diese Hilfe“, betonte die stellvertretende Vorsitzende des DRK- Ortsvereins Umkirch Roswitha Heitzler (CDU). Diese Meinung teilte auch der Rest des Gemeinderates: Einstimmig wurde eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für weitere drei Jahre beschlossen.
 
Tatort Umkirch
Mit einer Power- Point- Präsentation stellte der Leiter des Polizeipostens March, Hauptkommissar Wolfgang Ruf, TOP 3: Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2009 für die Gemeinde Umkirch vor. Politisch motivierte Taten sowie Ordnungswidrigkeiten, erläuterte Ruf seine Grafiken, würden von der Kriminalstatistik nicht erfasst. Schwankungen durch Veränderungen im Anzeigeverhalten unterschiedlicher Straftaten seien mit statistischen Mitteln nicht greifbar zu machen, so Ruf weiter. Die Zahl der angezeigten Straftaten in Umkirch ist vom Jahr 2008 zum Jahr 2009 von 279 auf 334 Delikte und damit um 19, 1% angestiegen. In 2008 hatte die Aufklärungsquote bei knapp 60% im vergangenen Jahr bei rund 50% der Straftaten gelegen. Die außergewöhnlich hohe Aufklärungsquote im vor vergangenen Jahr begründe sich über die Aufklärung einer Einbruchsserie, erklärte der Hauptkommissar den Ausrutscher nach oben. Mit rund 50% liegen die Diebstahlsdelikte an der Spitze der Straftaten gefolgt von Körperverletzung (17%) und Vermögens- und Fälschungsdelikten. Auf die Anfrage von Viktor Horn (CDU), der Verstöße gegen das BTM- Gesetzt in Umkirch als ebenso häufig wie gut sichtbar empfinde, erklärte Ruf die relativ niedrige Prozentzahl der Drogendelikte. Nur sechs Fälle waren in Umkirch zur Anzeige gekommen, was auf den relativ geringen Kontrolldruck durch die Polizei, der wiederum auf Personalmangel zurückzuführen sei, zu erklären ist. Die Zunahme der Tatverdächtigen unter den Jugendlichen und Heranwachsenden sah Ruf unter anderem durch die gute Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern vom Umkircher Jugendzentrum begründet. Da diese ihre „Pappenheimer“ kennen, würden mehr Straftaten zur Anzeige kommen, in der Hoffnung, die Täter/Innen unter 21 durch „erwischt werden“ und das Tragen der Konsequenzen für ihr Fehlverhalten noch auf den „rechten Weg“ bringen zu können.
 
Jahrestrockenwettermenge- Vorhersage gefällig?
Das Thema Kanalsanierung (TOP 4) hat in Umkirch weitaus längere Tradition als die beliebte Ortskernneugestaltung. Bereits im Jahr 1992 hatte eine große Kamerabefahrung den desolaten Zustand der Umkircher Kanalisation ans Tageslicht gebracht. In einem ersten Sanierungsabschnitt von 1996 bis ins Jahr 1999 wurden bereits Schwachstellen behoben. Mit dem zweiten Abschnitt der Kanalarbeiten hatte man nach einer zweiten Kamerabefahrung im Jahre 2000 begonnen. Aufgrund defekter Abwasserzuleitungen, sog. Dauerläufer, die zum Großteil unter den privaten Hausanschlüssen zu finden waren, war der Grundwasserspiegel in den Jahren 2002 bis 2005 um fünf Meter angestiegen. Die letzte große Kamerauntersuchung hat im Jahr 2010 stattgefunden. Bisher hat die Gemeinde für die Sanierung der rund 16 Kilometer langen Abwasserleitungen rund 3, 7 Euro aufgewendet. Seit dem Jahr 2000 betreut das Ingenieurbüro Raupach & Stangwald die Sanierungsarbeiten, deren verlauf und vorläufige Ergebnisse Peter Stangwald im Weiteren unter Verwendung interessanter Fachbegriffe wie „Jahrestrockenwettermenge“ erklärte. Eine Kamerabefahrung, so Stangwald, sei lediglich eine Momentaufnahme, so dass es die Regel sei, dass bei jeder Befahrung zahlreiche neue Schäden zum Vorschein kämen. Bei der letzten Untersuchung habe man 85 Dauerläufer festgestellt, wovon 41 private Hausanschlüsse seien. 30 an öffentlichen Schachtbauwerken wären mittlerweile komplett saniert worden, bei 14 öffentlichen Leitungen sei die Sanierung teilweise erfolgt, bei den Hausanschlüssen sein man auf die Kooperation der Eigentümer angewiesen, die für eine Reparatur rund 2500 Euro aufwenden müssten, erläuterte der Ingenieur. In den Jahren 2008 und 2009 wurden weitere 589. 000 Euro in die Kanalsanierung investiert und ab 2010 jährlich 100. 000 für die weiteren Maßnahmen im Gemeindehaushalt veranschlagt. Hiermit, so Stangwald, „sei die Gemeinde auf dem richtigen Weg“. Dass der Fremdwasseranteil ein Mehrfaches des Abwasseranteils ausmache, betonte Stangwald zudem, sei ein Gerücht. Von „total marode“ zu „deutlich besser“ sei eindrucksvoll, kommentierte Jörg Kandzia (CDU) Stangwalds Zustandsbericht. Man müsse die Substanz erhalten und dürfe keinen Investitionsstau aufkommen lassen, so Kandzia weiter. Eine Erhöhung der Abwassergebühr, so Rechnungsamtsleiter Markus Speck, würde aber in nächster Zeit auf die Bürger zukommen, wenn die notwendigen Sanierungsmittel im Haushalt auch weiterhin bereitgestellt werden würden. Vom Gemeinderat gab es auch angesichts dieser unbequemen Einsicht ein einstimmiges JA zur Fortsetzung der Sanierungsarbeiten an der Umkircher Kanalisation.
 
Konzepte für die Ewigkeit
„Vom Abwasser zum Friedhof“ läutete Bürgermeister Walter Laub, der seine gute Laune inzwischen wieder gefunden hatte, TOP 5: Weiterentwicklung der Friedhofskonzeption ein. Beide Umkircher Friedhöfe seien, so der Bürgermeister, in ihrer Gestaltung neu zu überdenken. Aufgrund veränderter Familienstrukturen lägen viele Familiengräber auf dem alten Friedhof brach. Für den neuen Friedhof sei insbesondere über die zentrale Pflege der Urnenfelder nachzudenken. Um die Neugestaltung adäquat betreut zu wissen, hatte die Gemeinde den Geschäftsführenden Vorstand der Genossenschaft der Badischen Friedhofsgärtner aus Karlsruhe, Klaus Goerigk, in den Umkircher Bürgersaal eingeladen. Dieser stimmte in Wort und Bild alle Anwesenden auf die neuen Trends für die Ewigkeit ein. Diese sind im Wesentlichen bezahlbare Bestattungsmöglichkeiten ohne lange Verpflichtungen (für die Lebenden!) an schönen Orten. Neue Bestattungsplätze wie Friedwälder und Streuwiesen (nicht zu verwechseln mit Streuobstwiesen) seien nur einige Zeugnisse dieses Wandels in der Bestattungskultur, so Goerigk. Neben der Gestaltung von parkartigen Friedhöfen mit „hohem Erholungswert“, liegt der Schwerpunkt der Friedhofsgärtnergenossenschaft auf der Dauergrabpflege. Rund 33.000 Grabstätten werden im Augenblick durch die Genossenschaftsgärtner betreut, erklärte deren Vorstand. Bereits für 1200 Euro wäre eine Urnenbestattung im Grabfeld inklusive Pflege für einen Zeitraum von 20 Jahren zu bekommen, womit dem Trend nach günstiger Bestattung wie nach „pflegeleichter Trauerbewältigung“ in vollem Umfang genüge geleistet würde, so Goerigk abschließend. Trotz der Bedenken von Jörg Kandzia (CDU), dass mit dem Entfernen der Familiengräber auf dem alten Friedhof auch ein Stück Umkircher Geschichte begraben würde, stimmten alle Gemeinderätinnen und -räte für die Einrichtung eines gärtnerbetreuten Grabfeldes auf dem neuen Friedhof zum Kostenpunkt einer außerplanmäßigen Summe von 6500 Euro.
 
Agena, Vega und Residenza
Nein, das sind nicht die Neuen im Umkircher Gemeinderat und auch keine Klingonenfürsten sondern Lampen! Denn in TOP 6 ging es einmal mehr um die Bemusterung der Lampen für Gutshofplatz und Gutshofstraße. Bevor sich Architekt Volker Rosenstiel, Hannes Seibold vom „Atelier Kontrast“ und der Rest der Bürgersaalinsassen/Innen auf den Gutshofplatz begaben, um sich diverse Lampen anzugucken, kamen nochmals die Kastanien direkt aus dem Feuer auf den Tisch. „Jeder Furz“, so der trotz später Stunde noch erfrischend deutliche Jörg Kandzia (CDU), „in Sachen Gutshof würde diskutiert“. Nur die Entfernung der Kastanien sei „Ruckzuck passiert“, nachdem plötzlich irgendwo „aus dem Off ein Gutachten auftaucht“, dass die Bäume, die sich von der Anschauung her „bester Gesundheit erfreuten“, zum Tode verurteilt. Der Gemeinderat, so Kandzia weiter, „steht dumm da und weiß von nichts“. Dergleichen dürfe in Zukunft nicht wieder passieren, mahnte der verärgerte Rat weiterhin an. „Wurzelverletzungen durch Grabmaßnahmen“, so Volker Rosenstiel, hätten laut Gutachten eines Baumpflegers zur Fällung der Bäume geführt. Fotos der gefällten Bäume belegten die Einschätzung des Gutachters, so Rosenstiel. Vor der Fällung hätte man zudem alle Bäume auf das Vorhandensein von Vogelnestern untersucht und damit auch dem Tierschutz Rechenschaft getragen. Allerdings machte Rosenstiel auch keinen Hehl daraus, dass ästhetische Gesichtspunkte mit in die Entscheidung hineingespielt hätten. Sowohl Tom Hirzle (SPD) als auch Claudia Weibel- Kaltwasser (UBU) schlossen sich den Worten ihres Kollegen Kandzia an: Das Vorgehen sei mehr als unsensibel gewesen, der Zorn der Bürger sei verständlich, das Gutachten erklärungsbedürftig und das Übergehen des Gemeinderates nicht nachvollziehbar. Bürgermeister Laub erklärte seinerseits sein Unverständnis darüber, dass sich im Zeitraum zwischen Bekanntwerden des Fällbeschlusses und der Fällaktion keiner der Gemeinderäte/Innen protestierend zu Wort gemeldet hätte, sondern alles jetzt im Nachhinein auf Rosenstiel und ihn einprassle wie Kastanien auf parkende Autos. Zum guten Schluss der Diskussion stellte Erhard Haas (SPD) in den Raum, überhaupt keine Kastanien mehr zu pflanzen, sondern sich jetzt, da die alten Kastanien weg seien, für eine andere Baumsorte zu entscheiden. Bevor allerdings über Baumsorten diskutiert werden konnte, brach die Versammlung nun doch in den Gutshof auf, um, bevor es draußen wieder hell wurde, die Lampenbemusterung vorzunehmen. Welche Lampe das Rennen macht, so viel sei verraten, entscheidet sich wohl erst auf der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause am 26. Juli. Die Mastlampen „Agena“ und „Residenza“ liegen in der Gunst der Umkircher Volksvertreter/Innen weit vorne, aber vielleicht gelingt es der intelligenten Lampe von Luxsoli noch Gutshofboden gut zu machen? Den zahlreichen Lampenhändlern der unterschiedlichen Firmen, die zur Lampenbemusterung angereist waren, sei jedoch eines mit auf den Heimweg gegeben: Der Umkircher Gemeinderat handelt- auch beim Lampenkauf!
Autor:  Julius W. Steckmeister (Umkircher Nachrichten, Artikel-Nr. 2505 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 20.07.2010 14:56.

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Die letzte ihres Standes: Kastanie auf dem Gutshofplatz (Bild: J. W. Steckmeister)  

Wer macht das Rennen: Residenza (2. v.l.) oder Agena (3. v. l.)? (Bild: J. W. Steckmeister)  

Menschlicher Schutzwall um die letzte Kastanie? Nein, Lampenbemusterung! (Bild: J. W. Steckmeister)  

Erhard Haas (Mitte) scheint den Lampen nicht zu trauen... (Bild: J. W. Steckmeister)  
   
 

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3 Kommentar(e)

29.07.2010 11:17:31   #3

KlausLeible (Einsteller)
   
Registriert seit: 09.06.2009
Beiträge: 16
Sehr geehrter Herr Steckmeister,

ich war an besagtem Wochenende nicht in Umkirch, kann also zum Herganang nichts sagen, sondern nur zu den mir bekannten Fakten.
Die Regenbogenpresse zählt nicht zu meiner Lektüre, ich weiß deshalb nicht, ob die sich überhaupt mit der Sache befasst hat/hätte. Im übrigen, wo soll in der Hochzeit denn eine tolle Werbung für Umkirch liegen? Kommt deshalb ein Übernachtungsgast mehr nach Umkirch oder siedelt deshalb ein Unternehmen an? Wohl kaum. Das Argument Werbung ist ein bloßes Scheinargument ohne jegliche Realität.
Mich haben etliche Bürger angesprochen und die Lärmbelästigung beklagt. Darum habe ich mich als Gemeinderat zu kümmern und das habe ich getan. Ob Journalisten auf der Lauer gelegen haben, weiß ich nicht. Ich sehe auch keinen Grund, weshalb für eine Hochzeit das Rathaus hätte abgesperrt werden müssen - das sind genau die Sonderbehandlungen, die ich nicht will und nicht akzeptiere.
Jedenfalls ist die Sache äußerst unglücklich gelaufen und das hätte man im Vorfeld entschärfen können und müssen.

Klaus Leible

29.07.2010 10:11:47   #2

steckmeister (Redakteur)
   
Registriert seit: 06.10.2009
Beiträge: 3
Sehr geehrter Herr Leible,

auch ich war wegen mangelnder Kontakte zum "Hochadel" bei der "Fürstenhochzeit" nicht anwesend und habe nichtmal was vom Lärm mitbekommen, da ich nicht in Umkirch wohne. Was die Aussage des Bürgermeisters angeht, habe ich Herrn Laub so verstanden, dass er sich nicht für die Tatsache der Beschwerde als solcher sondern für das "Wie" der Beschwerde geschämt hat. Auf Nachfrage bestätigte mir Herr Laub, das er beim nach Hause gehen vor dem Parkgelände, teilweise unter den Augen anderer Gäste und der Wachleute massiv angepöbelt worden sei. Ich denke, das geht auch anders... Sowas wäre mir als Mensch und als Bürgermeister auch peinlich.
Was die Privlegien des Adels angeht: prima, dass die abgeschafft sind! Ich befürchte allerdings, dass an ihre Stelle neue Privilegien getreten sind, nämlich die des Ruhmes, der Macht und des Geldes. Wenn der verarmte "Prinz ohne Land" auf dem Umkircher Grillplatz mit Rockband hätte Hochzeit feiern wollen, hätte es sicher auch Beschwerden aber wohl kaum eine Ausnahmegenehmigung gegeben. Wenn Madonna, Angela Merkel oder Bill Gates auf dem Umkircher Gutshof die Nacht zum Tag machen wollten, würde ihnen das höchstwahrscheinlich gestattet werden. Es ist aber, zur Beruhigung der Gutshofanlieger, unwahrscheinlich, dass es dazu kommt. Wie aber soll sich ein Bürgermeister zu einer solchen Anfrage stellen? Nein sagen und am nächsten Tag in der Regenbogenpresse zerissen werden? Oder eventuell von den eigenen Bürgern, weil er sich so eine tolle Werbung für den Ort hat entgehen lassen? Was den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz angeht: eine tolle Idee- auf dem Papier. Da braucht es keine Erbprinzen, der wird jeden Tag munter mit Füßen getreten, meistens aber ganz leise. Es wäre schön, wenn sich mehr Bürger/Innen auch daran stören würden!
Was die Bezeichnung "Hochadel" betrifft: nach der Abschaffung der Adelsprivilegien hätte man, wie in Österreich, auch gleich die ganzen Titel abschaffen sollen. Hier wird aber noch munter mit "Hoheit" und anderen peinlichen Anreden gearbeitet; ist halt so. Und da es eine Menge Leute gibt, die das auch wahnsinnig interessant und toll finden, gibt es eine Menge Journalisten/Innen, die darüber berichten. Die haben eben auch in Umkirch auf der Lauer gelegen und so war es das Einfachste, das ganze Brimborium inkl. Trauung auf das Privatgrundstück zu verlegen, wo eine privat und nicht von Steuergeldern bezahlte Security die "Hofberichterstatter" draußen hält. Im öffentlichen Raum wäre das so nicht möglich und viel komplizierter gewesen. Mit welchem Recht z. B. den Platz vor dem Rathaus sperren? Umkirch als kleines Heiligendamm?
Dass der Fürst oder Prinz oder was auch immer die Bevölkerung hätte vorab informieren und sich im Nachhinein für die Störung hätte entschuldigen können ist unstrittig. Aber dafür schwebt er wohl in zu hohen Sphären. Am Besten dort schweben lassen!
Ich persönlich bin für Gleichbehandlung und habe Verständnis für die Anlieger. Auf der anderen Seite verstehe ich die Vorgehensweise von Bürgermeister Laub: Augen zu und durch. Jetzt ist der Spuk vorbei und die Ehe des Fürstprinzen hoffentlich von langer Dauer!

Julius W. Steckmeister

P.S.: Als Autor des kommentierten Artikels vertrete ich in dieser Stellungnahme ausschließlich meine persönliche Meinung, nicht die des "objektiven Journalisten".

21.07.2010 15:07:10 Zuletzt geändert am 22.07.2010 14:31:56 von KlausLeible   #1

KlausLeible (Einsteller)
   
Registriert seit: 09.06.2009
Beiträge: 16
Zu "Krach und Streit"
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, so steht es zumindest im Grundgesetz. Mit der Weimarer Reichsverfassung sind alle Privilegien des Adels (erfreulicherweise) abgeschafft worden. Ich war nicht zugegen, kann über den tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse anlässlich der Hochzeitsfeier nichts sagen, habe jedoch die Angaben des Mitbürgers in der Gemeinderatssitzung zur Kenntnis genommen und die Antworten des Bürgermeisters. Ich werde mich bei meiner Stellungnahme deshalb ausschließlich an Fakten halten.
1. Der Bürgermeister hat sich geschämt für Umkirch.
Grund hierfür war so zumindest nach meinem Eindruck, dass ein Bürger die übermäßige Lautstärke bis weit nach 24 Uhr und über den vom BM genehmigten Zeitrahmen hinaus beanstandet hat. Lärmbeläsigtungen sind grundsätzlich zu vermeiden, auch bei festlichen Veranstaltungen. Es sind bestimmte Ruhezeiten einzuhalten. Wenn es auf dem Grillplatz bei einer Veranstaltung zu laut ist, wurde auch dort schon die Polizei gerufen und vorstellig. Einen grundsätzlichen Unterschied in Bezug auf die Lautstärke zu dieser Hochzeitsfeier vermag ich nicht zu sehen, es sei denn, man tritt noch für Klassenunterschiede ein. Der Bürger hat also von einem ihm zustehenden Recht Gebrauch gemacht. Hierfür braucht sich niemand zu schämen, im Gegenteil, das sind gelebte Grundrechte. Deshalb kann ich diese Äußerung bei allem Wohlwollen nicht nachvollziehen. Dies wäre allenfalls dann erklärbar, wenn man dieser Hochzeitsfeier besondere Rechte zugesteht, die allerdings nicht bestehen. Wo liegt der Unterschied, ob ein Angehöriger des Hauses Hohenzollern Hochzeit feiert oder ein anderer Bürger, abgesehen davon, dass die Eheleute in Umkirch keinen Wohnsitz haben. Es ist zwar richtig, dass an 364 Tagen im Schlosspark Ruhe herrscht, das aber nur deshalb, weil die Familie Hohenzollern dort nicht regelmäßig wohnt, im Gegensatz zu den übrigen Umkircher Bürgern, die 365 Tage in Umkirch sind.
Man braucht sich auch nicht dafür zu schämen, dass die Polizei die Musikanlage abstellte, wobei ich den im Atikel genutzten Begriff „Hochadel“ nicht verwenden möchte, denn für mich gibt es solche Bezeichnungen schlichtweg nicht (mehr), jedenfalls verbindet diese Bezeichnung keinerlei Vorrechte. Die Polizei würde auch auf dem Grillplatz die Musikanlage abstellen und hat dies so den Schilderungen entsprechend auch im Schlosspark getan. Die Polizei ist also lediglich ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen.
Wofür soll man sich also schämen, für einen Bürger, der die Beachtung der gesetzlichen Regelungen einfordert, für die Polizei, die ihre Verpflichtungen erfüllt? Vielleicht aber für einen oder mehrere Bürger, für die der Grundsatz etwas gilt, dass vor dem Gesetz alle Personen gleich sind und die Gesetze für jeden gelten. Wenn sich der Bürgermeister für Umkirch schämt, dann fühle ich mich davon auch betroffen. Ich sehe aber keinen Grund, dass sich der Bürgermeister für mich schämen müsste. Ich sehe auch keinen Anlass, dass sich der Gemeinderat wegen dieser Sache für Umkirch oder Umkircher Bürger schämt, ganz im Gegenteil.
2. Trauungen im Schlosspark
Grundsätzlich haben Trauungen in den Amtsräumen des ausgewählten Standesamts stattzufinden. Im Rahmen ihrer Organisationshoheit können Gemeinden bestimmen, ob sie außerhalb des Dienstgebäudes des Standesamtes weitere Trauerzimmer einrichten wollen und so eine Außenstelle des Standesamtes einrichten. Weshalb wurde die Trauung also im Schlosspark vollzogen - möglicherweise wider dem Gesetz? Die vom Hochzeitspaar gewünschte Geheimhaltung hätte auch im Trauzimmer des Rathauses gewahrt werden können. Aus rechtlicher Sicht könnte man das so verstehen, dass nun im Schlosspark eine Außenstelle des Standesamtes eingerichtet wurde, in der zukünftig weitere Trauungen stattfinden können. Eine Entscheidung des Gemeinderats diesbezüglich gibt es allerdings nicht. Problematisch auch, dass diese Außenstelle nicht jedermann zugänglich ist. Meines Wissens gab es schon die ein oder andere Anfrage, eine Trauung außerhalb des Standesamtes durchzuführen, die allesamt abgelehnt wurden; sollte ich mich hier irren, bitte ich um Korrektur. Was ist nun, wenn ein Bürger in Zukunft eine Trauung außerhalb des Standesamtes wünscht? Man wird diesem Wunsch nur schwerlich widersprechen können und in der Folge also auch Trauungen außerhalb des Standesamtes durchführen müssen, denn die Anzahl der Außenstellen des Standesamts ist nach den Vorgaben des Innenministeriums Baden Württemberg nicht begrenzt. Oder mit welcher Begründung will die Verwaltung ein solches Ansinnen nun in anderen Fällen ablehnen?
3. Die Behauptung, eine solche Veranstaltung sei auch von unmittelbaren Anliegern hinzunehmen.
Dies ist durchaus fraglich. Ob sich ein Anlieger mit Feiern in der näheren Umgebung (Nachbarschaft) abfinden muss, wird in der Rechtsprechung streitig diskutiert. Man hätte aber die Bevölkerung informieren können, dass im Schlosspark ein Fest stattfindet mit einem etwas erhöhten Lärmpegel. Ich denke, es wäre dann nicht zu diesen Eskalationen gekommen.

Anmerkung der Redaktion: Klaus Leible ist Rechtsanwalt und langjähriges Mitglied der CDU-Fraktion im Gemeinderat von Umkirch

 


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