Umkirch gründet mit der Badenova eigene Gemeindewerke
Seit rund zwei Jahren beschäftigt sich der Gemeinderat in Umkirch mit der Gründung von Gemeindewerken. Nun ist der Konsortialvertrag, der mit der Rechtsaufsichtsbehörde abgestimmt wurde, am 21. April von Bürgermeister Walter Laub und Mathias Nikolay, Vorstandsmitglied der Badenova, unterzeichnet worden. Schon unter Altbürgermeister Ulrich Greschkowitz wurde dieses Thema in der Gemeinde diskutiert, zumal bekannt war, dass die Konzessionsverträge mit der Badenova und der EnBW nach 20 Jahren auslaufen würden. Der Badenova gehört(e) das Gasnetz und der EnBW das Stromnetz, für beide bekam die Gemeinde Konzessionsabgaben von den Energielieferanten.
Zum ersten Mal im nichtöffentlichen Gemeinderat war das Thema im September 2006. Dann wurde es in weiteren fünf nichtöffentlichen Sitzungen voran getrieben.
Die Verwaltung ließ von dem Sachverständigen Dr. Wolfgang Zander von der BET GmbH eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen mit der Frage, ob eine eigene Betreibung der Netze für Umkirch rentabel sei. Der Gutacher kam zu dem Schluss, dass ein eigenes Gemeindewerk nur mit einem Partner und dessen Wissen und Personal zu stemmen sei und sich dann mit einem bescheidenen Gewinn lohnen könnte. Die Konzessionsabgaben - Abgaben für die Nutzung der Straßen und Wege für die Verlegung und Betreibung der Leitungen – würden die Gemeindewerke dann selbst erhalten.
Von den sechs möglichen Partnern blieb schlussendlich die Badenova übrig. Sie überzeugte die Mehrheit des Gemeinderats nicht nur durch ihr attraktivstes finanzielles Angebot und ihre Bereitschaft zu Kompromissen, sondern auch durch ihre jüngste Umorientierung auf erneuerbare Energien und Wertschöpfung, die in der Region verbleiben soll. Walter Rafalski (SPD) hätte lieber eine Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Waldkirch gesehen und Klaus Leible (CDU) bevorzugte Gemeindewerke ganz ohne Partner.
Mehrheit im Gemeinderat für die Badenova
Am 21. Juli 2008 stimmten bei einer öffentlichen Gemeinderatssitzung neun Gemeinderatsmitglieder für eigene Gemeindewerke in Partnerschaft mit der Badenova, zwei waren dagegen und zwei enthielten sich. Die Bürgerschaft Umkirchs erhielt einige Tage nach dieser Entscheidung Post von der EnBW mit neuen Tarifangeboten. Bürgermeister Walter Laub konterte mit einem Schreiben aus dem Rathaus, in dem er für die künftigen Gemeindewerke warb. Als Argumente führte er eine bessere Infrastruktur und Versorgungssicherheit an, die Ausrichtung auf erneuerbare und regenerative Energien, der Verbleib von Profiten in der Gemeinde und finanzielle Vorteile durch steuerliche Querverbünde. Laut Walter Laub und Kämmerer Markus Speck riefen und rufen seitdem viele BürgerInnen an, die Interesse an und Informationsbedarf über die Gemeindewerke Umkirch haben.
Andere kritisierten – u.a. in den Gemeinderatssitzungen und in Leserbriefen -, dass die hochverschuldete Gemeinde die beiden Netze kaufen wolle und ihre Wasserversorgung an die Gemeindewerke verkaufe. Es wird befürchtet auch, dass der Wasserpreis ansteigt.
(In der letzten Sitzung vom 20. April 2009 griff SPD-Gemeinderatskandidat Erhard Haas in der Bürgerfragestunde den Bürgermeister mit dem Hinweis an, die Gemeinde habe nach Gründung der Gemeindewerke keinen unmittelbaren Einfluss mehr auf ihre Wasserversorgung. Laub erwiderte, die Gemeinde habe mit 60 Prozent die Mehrheit im Aufsichtsrat. Es wurde lautstark gestritten, auch mit der Polizei gedroht und schließlich erteilte Laub dem Zuhörer Redeverbot.)
Komplizierter Gründungsprozess
Für die Gründung der Gemeindewerke waren mehrere Schritte notwendig. Erstens war es Absicht, die besagte Wasserversorgung nicht gänzlich aus den Händen zu geben. Zweitens wollte die EnBW, die Eignerein des Stromnetzes, nur mit einer Gesellschaft über die übertragung ihrer Stromnetze verhandeln, weil neue Konzessionsverträge geschlossen werden müssten.
Mit dem nötigen Mindeststammkapital von 25.000 Euro beschloss der Gemeinderat deshalb mit einer Gegenstimme am 15.12.2008, eine provisorische Gemeindewerk Umkirch GmbH zu gründen. Geschäftsführer sollte Kämmerer Markus Speck sein. Die Gegenstimme kam von Klaus Leible, der einem Vertrag nicht zustimmen wollte, dessen Satzung er nicht kenne.
Weiter wurde einstimmig beschlossen, dass der Bürgermeister Konzessionsverträge mit der neuen GmbH abschließen und in Verhandlungen mit der Badenova treten sollte. Aufgrund eines Einwandes von Margit Hable-Maier (UBU) wurde beschlossen, dass die Konzessionsverträge dem Gemeinderat vorgelegt werden müssen. Diskussionsstoff bot die Frage einer Bürgerbeteiligung. Einwände gegen eine Bürgerbeteiligung seitens der Verwaltung und des Rechtsanwalts waren der erhebliche zeitliche Vorlauf, den eine Bürgerbeteiligung erfordere, Zweifel daran, eine genügende Anzahl Bürger zu finden und die eigentliche Zuständigkeit der Kommune in dieser Daseinsvorsorge. Die auslaufenden Konzessionsverträge und die damit einhergehenden Fristen brächten einen Zeitdruck mit sich. Ilias Moussourakos (UBU) und Klaus Leible fanden diese Vorgehensweise nicht glücklich.
In einem zweiten Schritt, der in der gleichen Gemeinderatssitzung von Rechtsanwalt Dieter Gersemann ausführlich erläutert wurde, würde die Badenova das Gasnetz und die Gemeinde das Wassernetz als Kapital in die neue Gesellschaft einbringen. Wegen der Aufnahme der Badenova musste dazu der Gesellschaftsvertrag neu gefasst werden.
Wasserversorgung Umkirch GmbH
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 20.April 2009 trug Gersemann dem Gemeinderat die mittlerweile siebte Version der Verträge mit der Badenova detailliert vor. Eine eigenständige Wasserversorgung Umkirch GmbH wurde einstimmig gegründet, deren Geschäftsanteile (275.000 Euro) an die Gemeindewerke Umkirch übertragen wurden. Die Gründung dieser GmbH war notwendig, um sie problemlos aus den Gemeindewerken wieder herauslösen zu können. Dies wäre aus steuerlichen Gründen aber erst nach einem Zeitraum von sieben Jahren möglich. Umkirch ist alleinige Gesellschafterin dieser GmbH.
Gesellschaftervertrag im Gemeinderat
Die Vertragsverhandlungen waren seitens der Gemeinde vom jetzigen Geschäftsführer sowohl der Wasserversorgung Umkirch GmbH als auch der Gemeindewerke Umkirch GmbH, Markus Speck, und seitens der Badenova von Herrn Schutzbach geführt worden. In der Neufassung des Gesellschaftsvertrags hat die Gemeinde einen Anteil von 60 Prozent und die Badenova von 40 Prozent. Im Aufsichtsrat sitzen vier Mitglieder des jeweiligen Gemeinderats und zwei der Badenova, Vorsitzender ist der jeweilige Bürgermeister der laufenden Wahlperiode.
Das Stammkapital bringt die Badenova ein, ebenso ihr Gasnetz. Insgesamt sind das 300.000 Euro, Umkirch hat 200.000 Euro eingebracht.
Klaus Leible (CDU) wollte den Passus eingefügt wissen, dass gegenüber dem Gemeinderat eine Berichtspflicht über die Sitzungen des Aufsichtsrats eingefügt werde, sowie die Möglichkeit einer Klageerhebung auf einen Zeitraum von drei Monaten angehoben wird. „Wer weiß, was in 15 Jahren ist“, gab er zu bedenken. Dieser Passus solle zudem nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, weil die Gesellschaft den Vertrag ändern dürfe. Ein solcher Paragraph wurde bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung zwar aufgenommen, aber in den Gesellschaftsvertrag.
Ilias Moussourakos (UBU) war enttäuscht, dass in dem vorgelegten Vertrag nicht mehr die Möglichkeit für die Gemeinde gegeben war, zu einem späteren Zeitpunkt mehr Anteile an der Gesellschaft zu erwerben. Dieser Passus sei in letzter Minute geändert worden. Für die Gemeinde sei es aus wirtschaftlichen Interessen wichtig, später ihre Anteile erhöhen zu können. Badenovas Vorstandsmitglied Mathias Nikolay bestätigte, dass die Verhandlungen mit einem Anteil der Badenova von 25,1 Prozent gestartet seien, entgegnete aber: „Die Option, nur noch 30 Prozent zu haben, ist für uns kein guter Start“ und verwies auf die unternehmerische Position der Badenova. Man solle sich gemeinsam engagieren, dass die Sache für beide Gesellschafter gut laufe.
Im Falle einer „kommunalen Beteiligung“ sei die Badenova bereit, ihren Anteil auf 25,1 Prozent herunter zu fahren. (Präzisiert wurde dieser Gedanke am darauffolgenden Dienstag bei der Vertragsunterzeichnung: Bei diesen kommunalen Anteilseignern ist an andere Stadtwerke gedacht. Aber auch eine Bürgerbeteiligung ist nach wie vor willkommen.)
Die UBU fragte um eine Sitzungspause, um sich zu beraten. „Wir waren darüber nicht informiert“, sagt Moussourakos. Nach ihrer Beratung stimmte die UBU aber, ebenso wie alle anderen Gemeinderatsmitglieder, dennoch einstimmig für sämtliche Verträge und Satzungen.
Pilotprojekt in Umkirch
Nikolay bedankte sich bei Bürgermeister und Kämmerer für die gute Zusammenarbeit und sagte, die Badenova wolle die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen.
Nun gilt es, zu den schon vorhandenen Gaskunden – das Gas kam ja schon von der Badenova – auch möglichst viele Stromkunden zu gewinnen. Die Gewinne werden ebenfalls im Verhältnis 40:60 zwischen den beiden Gesellschaftern aufgeteilt.
Mit diesem Modell hat die Gemeinde Umkirch ein Pilotprojekt gestartet; andere Gemeinden wie Müllheim oder Staufen überlegen, Gleiches zu tun. „Wir werden unsere Erfahrungen weiter tragen“, sagte Laub. „Aber wir werden keinen missionarischen Eifer entfalten.“
Zum 1. Juli 2009 will die Gemeindewerke Umkirch GmbH die Strom- und Gasnetze übernehmen. Nach Freiburg wird eine neue Starkstromleitung verlegt, um eine höhere Sicherheit der Stromlieferung zu gewähren, die in der Vergangenheit öfter mal ausfiel.
Zukünftige Preise
Werden sich die Energiepreise verändern? „Die EnBW ist die Messlatte“, sagte Markus Speck vergangenen Dienstag bei der Vertragsunterzeichnung. Der Verbraucher orientiere sich weitgehend an seinem Geldbeutel. In vier bis sechs Wochen werden die zukünftigen Preise ermittelt und im Rathaus ein Servicebüro eingerichtet sein. Neben dem jetzigen Wassermeister werde dann auch ein Netzmeister benötigt.
Der Preis sein ein wichtiges Kriterium, fügte Nikolay an, aber es gebe auch andere Kriterien: „Wir wollen gute Stromqualität liefern“, fügte er mit Blick auf die Ausrichtung der Badenova hinzu, die sich Ressourcen- und Klimaschutz sowie den Ausbau regenerativer Energien auf ihre Fahnen geschrieben hat. „Wir wollen auch Solidarität wecken.“
Mit der EnBW steht man noch in Verhandlungen über den Erwerb deren Stromnetzes. „Das Netz ist relativ günstig zu haben. Die Kehrseite sind die notwendigen Investitionen“, sagte Bürgermeister Laub.