Gerangel um Gutshof - Ortskernneugestaltung Umkirch ohne Ende
Gerangel um Gutshof - Für die Baupläne mag keine rechte Begeisterung aufkommen. (Bild: Firma Playmobil)
Der Regionalia- Kommentar zu den Umkircher Dauerbrennern und Lieblingszankäpfeln Gutshofsanierung und Ortskernneugestaltung.
„Umkirch ist nicht Freiburg oder Berlin“, so formulierte es Ilias Moussourakos (UBU) auf der letzten Gemeinderatssitzung am 26. 04. 2010, als es darum ging, sich für oder gegen eine Granitpflasterung des Gutshofplatzes auszusprechen. Und seine Kollegen/Innen sahen dies offenbar genauso: der resistente Rat sprach sich einstimmig für die vorhandenen Porphyr- Steine aus.
Ein Schlauchboot ist nicht Yacht oder Kreuzfahrtschiff, ließe sich analog zu Moussourakos formulieren. Aber mit allen Dreien kommt man doch irgendwie trockenen Fußes übers Wasser, und das ist nicht schlecht. Und wie in Freiburg Bahnhof und Konzerthaus oder Platz der alten Synagoge und Rotteckring, in Berlin Potsdamer Platz oder Museumsinsel sind große innerstädtische Bauprojekte stets umstritten. Überall gibt es Leute, denen das, was gemacht wird/werden soll nicht gefällt. Aber sollte man es deswegen ganz bleiben lassen?
Das Hick- Hack um das WIE und OB ÜBERHAUPT des Umkircher „Jahrhundertprojektes“ Ortskernneugestaltunggipfelt im Augenblick in einer Bürgerbeschwerde an den Petitionsausschuss des Landtags. Der Gutshof mit Gastronomie und Bürgersaal sei laut und für ein Wohngebiet - die Nutzungsänderung in ein Mischgebiet ist unter anderem Stein des Anstoßes - unzumutbar. Wie schön war doch die gute alte Zeit, als sich die Belebung der alten Gutshofscheune auf den einmal jährlich stattfindenden Weihnachtsmarkt mit überschaubaren Highlights wie Riesenstollen- Anschneiden und Lärmbelästigung à la „Jingle Bells“ beschränkte. Danach konnte die nicht vorhandene Ortsmitte wieder 12 Monate im Dornröschenschlaf versinken. Lediglich untermalt durch die über die löchrige Hauptstraße rumpelnden (Last-)Kraftfahrzeuge. Dass sich mit der Ortskernsanierung für die, nicht zuletzt durch die jahrzehntelange Verkehrsbelastung, mit Verlaub, nicht gerade attraktivitätsgeladene Gemeinde mit der Ortskernneugestaltung eine enorme Chance auftut, wird, so drängt sich der Verdacht auf, von vielen Einwohnern und ihren Vertretern (m/w) nicht stark genug wahrgenommen. Während viele Mittel- und Großstädte gegen die nach Ladenschluss zu Geisterstädten mutierenden Stadtzentren anplanen, suchen die Umkircher/Innen ihre Ruhe. Und die durch die Verkehrsgegebenheiten schlichtweg verschwundene Ortsmitte scheint auch keiner wirklich zu vermissen. Diese aber möchte Architekt Volker Rosenstiel mit seinem Entwurf wieder herausarbeiten. Zu diesem Konzept gehört ganz wesentlich die Sichtachse vom Rathaus über den Gutshofplatz zur Kirche und als zweite Achse die sanierte Hauptstraße. Damit der Plan aufgeht, bedarf es aber einer gewissen Konsequenz und Einheitlichkeit der Gestaltung (Beleuchtung, Pflaster, Möblierung) und eben diese scheint im Laufe der immer endloser werdenden Diskussion langsam aber sicher zu verschwinden. Hiermit soll keinesfalls die Methode des kritiklosen Abnickens von Plänen propagiert werden, aber vielleicht für ein sich Einlassen plädiert werden. Eine Ortskernneugestaltung, die Schaffung einer Ortsmitte aus einem Guss ist eine einmalige Option für die Gemeinde. Vielleicht sollte man sich diese Gelegenheit nicht durch „Mauerkämpfe“ oder Pflasterdiskussionen kaputt reden sondern Mut zu Neuem beweisen und dem Konzept des Stadtplaners eine faire Chance geben. Die Lichtkonzeptbemusterung, die für die Gemeinderatssitzung am kommenden Montag, den 10. 05. angesetzt ist, böte eine weitere Möglichkeit dazu.Zum 250. Geburtstag des Mundartdichters Johann Peter Hebel sei es erlaubt, ein Zitat aus seiner Kalendergeschichte „Die drei Wünsche“ an das Ende dieses Kommentars zu stellen: „Alle Gelegenheit, glücklich zu werden, hilft nichts, wer den Verstand nicht hat, sie zu benutzen.“
Autor: Julius W. Steckmeister (Umkircher Nachrichten, Artikel-Nr. 2233 ISSN 2698-6949)