Gutshof und kein Ende
In der Bürgerfragestunde, die am Beginn jeder Gemeinderatssitzung steht, machten einige Umkircher ihrem Unmut Luft. Neben der Verkehrsbehinderung durch Handwerker und Zulieferer rund um das Gutshofareal stand erneut die Mehrkostenfrage insbesondere auch für den Carport zu Diskussion. Ein Redner stellte sich vehement hinter die Forderung der SPD- Fraktion nach einer klaren Kostenaufstellung. Außerdem stand die Frage im Raum, warum von Seiten des Rathauses Projektleiter Willi Sutter „so in den Himmel gehoben würde“, also sowohl bezüglich der Ausschreibung von Arbeiten als auch der Kostenaufstellung vermeintlich „Narrenfreiheit“ genießt. Bürgermeister Laub stellte sich vehement gegen diese Behauptungen und betonte, dass sämtliche Mehrkosten nachweislich und detailliert im Gemeinderat besprochen und mehrheitlich abgesegnet worden wären, so dass sie einer Nachprüfung jederzeit stand hielten.
Eine „Pauschalverurteilung“, insbesondere des Projektleiters Sutter, hielte er für unfair und sachlich falsch. Allerdings, so schien es, fiel diese Aussage weder beim Fragesteller noch bei der SPD- Fraktion auf fruchtbaren Boden. Es bleibt also abzuwarten, wie lange dieses Thema noch die Gemüter von Bürgern und Teilen des Gemeinderates erhitzen wird.
Gut aufgehoben!
Vorstellung von „Organisationen, die das Gemeindeleben bereichern“ betitelte Bürgermeister Laub den zweiten Tagesordnungspunkt, bevor er der Leiterin der Kernzeitbetreuung an der Umkircher Grundschule das Wort gab. Frau Kaiser- Kies begann ihre themengerecht farbenfrohe Power- Point- Präsentation mit der Vorstellung ihrer Mitarbeiterinnen, den Erzieherinnen Steffi Meier und Beatrix Hank, sowie der Quereinsteigerin Frau Klott und der Praktikantin Simone Armbruster. Von 7 Uhr 30 bis 13 Uhr an Schultagen sowie sieben Wochen während der Sommerferien kümmert sich das fünfköpfige Team um mittlerweile 58 Grundschulkinder.
Das Angebot war, in „Anpassung an gesellschaftliche Gegebenheiten“ im Jahre 1997 in Trägerschaft der Gemeinde ins Leben gerufen worden, und richtet sich ausschließlich an Kinder berufstätiger oder allein erziehender Eltern. Dass man in Umkirch die Zeichen der Zeit früh erkannt hat, zeigt sich mittlerweile an der Verdreifachung der betreuten Kinder. Begonnen hatte das Projekt mit einer Erzieherin und 20 Kindern.
Die vier Räumlichkeiten der Kernzeitbetreuung befinden sich im Gebäude der Grund- und Hauptschule, was dem Team neben kurzen Wegen eine enge Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und Lehrern ermöglicht. Allerdings, so betonte Frau Kaiser- Kies, handelt es sich bei dem Projekt nicht um eine Fortsetzung des Schulunterrichts mit anderen Mitteln, sondern um ein unverschultes Miteinander mit zahlreichen Angeboten unter dem Motto „Spaß statt Stress“. So werden gemeinsam gebastelt, gespielt und gekocht aber auch Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung unternommen. Natürlich geht die Zielsetzung des Projektes über eine „Abstellmöglichkeit für Kinder“ weit hinaus. Neben der Förderung von Kreativität und Selbstständigkeit, bilden die Vermittlung von Rücksichtnahme, Toleranz, Hilfsbereitschaft und Sorgfalt im Umgang mit Menschen und Dingen den Hintergrund des Miteinanders in der Gruppe. Auch Sozialverhalten soll durch feste Regeln, Pflichten und Rituale erlernt werden. Natürlich kann die Kernzeitbetreuung nicht das Familienleben ersetzen, aber eine sinnvolle und entlastende Ergänzung darstellen. Ein monatlicher Beitrag von 46 Euro für das erste Kind (25 Euro für das zweite und 2 Euro 50 für das dritte Kind) macht die Kernzeitbetreuung für nahezu Jedermann und - frau erschwinglich. Kernzeitbetreuung, so Frau Kaiser- Kies abschließend, bedeute für Eltern „unbesorgt der Berufstätigkeit am Vormittag nachzugehen.“
Vom Bürgermeister und den Gemeinderätinnen und -räten gab es viel Lob und Anerkennung für die „tolle Arbeit“ (Jörg Kandzia, CDU) und das überdurchschnittliche Engagement des Teams der Kernzeitbetreuung.
Schnell, schneller, Speck
„Umkirch hat seine Hausaufgaben gemacht“, eröffnete Bürgermeister Laub den dritten Tagesordnungspunkt, denn 2008 sei für die Gemeinde ein „sehr gutes Jahr“ gewesen. Mit einem wahren Feuerwerk von Zahlen präsentierte Rechnungsamtsleiter Markus Speck die Jahresrechnung des Haushaltsjahres 2008 sowie den Jahresabschluss des Wasserversorgungsbetriebes. Speck legte dar, dass die Einnahmen 2008 weit über den Erwartungen liegen, insbesondere bei der Gewerbesteuer und der Einkommenssteuer. So waren bei der Gewerbesteuer Mehreinnahmen von rund 1, 7 Millionen Euro (Plan 2008: rund 2 Millionen Euro, tatsächliche Einnahmen: rund 3, 7 Millionen Euro) und bei der Einkommenssteuer von rund 200. 000 Euro (Plan 2008: rund 2 Millionen Euro, tatsächliche Einnahmen: 2, 2 Millionen Euro) eingegangen. Allerdings mahnte Speck, „die Zahlen noch mal zu genießen“, da diese für das laufende Jahr wohl deutlich schlechter ausfallen würden. Dies läge zum einen an den höheren Gewerbesteuerumlagen zum anderen an den geringer ausfallenden Schlüsselzuwendungen des Landes, die sich als logische Konsequenz aus den guten Einnahmen von 2008 ergeben würden. Das Prinzip, so der Kämmerer, je mehr Gewerbesteuer, desto mehr Steuerkraft, desto mehr Umlagen, desto weniger Einnahmen aus Landeszuwendungen mache sich immer im zweiten Jahr nach einem wirtschaftlich erfolgreichen Jahr bemerkbar. Und da Umkirch zu den größten Gewerbesteuereinnehmern der Region zählt, würde dies denkbar deutlich ausfallen. Beim Thema Verschuldung der Gemeinde legte Speck noch mal an Tempo zu. Motto: „Ich überhole mich gerade selbst!“ Sollte den Zuhörern an diesem Punkt so schwindelig werden, wie bei einer Achterbahnfahrt? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Umkirch werde mit einer Tilgung von 7-8% seinen Schulden gerecht. Auch würden die Schulden nicht wie in anderen Gemeinden ausgelagert. Was das Gewerbegebiet „Stöckmatten“ angehe, sei man „mit einem blauen Auge davon gekommen“. Nach den noch zu erwartenden Gewerbeansiedlungen, also Grundstücksverkäufen, läge das geschätzte Restdefizit bei etwa 1, 4 Millonen Euro. Rumoren unter den Zuschauern verriet aber, dass sich nicht alle Anwesenden von der Lichtgeschwindigkeit des Vortrags, den imposanten Grafiken oder den tröstenden Worten hatten einlullen lassen. Trotz der frohen Botschaft, dass sich bereits zukunftsträchtige Gewerbe in Umkirch angesiedelt hätten, blieb ganz offensichtlich eine gewisse „Restunzufriedenheit“ unter den anwesenden Bürgern und Bürgerinnen zurück. Und auch die die Tatsache, dass die pro Kopf- Verschuldung in Umkirch bei 950 Euro läge, konnte diese nicht wirklich beseitigen, denn so manche Umlandgemeinden werten eine pro Kopf- Verschuldung von rund 600 Euro schon als besorgniserregend. Jörg Kandzia (CDU) betonte, dass alle „Chancen vernünftig und für das richtige Ziel“ genutzt worden seien. Der beste Beleg dafür sei der Rückgang der Verschuldung der Gemeinde von rund 7 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 4, 8 Millionen Euro im laufenden Jahr. Ilias Moussourakos (UBU) bedankte sich zunächst bei Zahlenwunder Speck und betonte, wie wichtig es auch weiterhin sei „mit Augenmaß vorzugehen“. Erhard Haas von der SPD nannte die Umgehungsstraße als tragende Säule für Gewerbeansiedlungen und damit Steuermehreinnahmen. Zu guter Letzt wurde die Jahresabrechnung einstimmig angenommen und Speck für seine gute Rechnung beklatscht. Doch die erfreulichen Einnahmen sind allein allein Steuerzahlern zu verdanken. Nur die Steuerzahler finanzieren den Staat und die Gemeinden. Und alle Taten, Zuwendungen, sozialen Leistungen und Zuschüsse. Auch die Löhne der Gemeindebediensteten. Niemand sonst.
Einig geht am schnellsten
Unter Tagesordnungspunkt Vier galt es die Vorschläge für Mitglieder des Gutachterausschusses des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) für die Amtszeit 2010 zu benennen. Der GVV ist ein freiwilliger Zusammenschluss mehrerer Gemeinden eines Landkreises, dem die Gemeinden verschiedene Aufgaben übertragen. Die Amtszeit des derzeit amtierenden vier Umkircher Gutachter (Klaus Leible und Roswitha Heitzler (CDU), Peter Wolber (UBU) und Walter Rafalski (SPD)) endet zum Jahresende. Zwar, so Bürgermeister Laub, wäre die Fachkunde der zu benennenden Ausschussmitglieder einziges Kriterium, jedoch sei man bei der Besetzung bisher immer auch nach Fraktionsstärke der einzelnen Parteien im Gemeinderat vorgegangen. Die CDU- Fraktion nannte Hartmut Grünert sowie Gemeindrat Klaus Leible als Wunschkandidaten. Für die SPD wurde Michael Hirth und für die UBU Peter Wolber vorgeschlagen, der auch schon dem jetzigen Ausschuss angehört. Die Vorschläge wurden einstimmig angenommen.
„Leben mit Energie“
Strahlend wie ein Atomkraftwerk berichtete Bürgermeister Walter Laub über ein erst in diesem Jahr geborenes „Kind“ der Gemeinde: Die „Gemeindewerke Umkirch GmbH“ (GWU) und deren Aufsichtsratssitzung vom 20. Oktober. Ab Januar 2010 besteht für alle Umkircher Bürger die Möglichkeit, über den gemeindeeigenen Versorger Strom und Gas zu beziehen. Auf der Tagung des Aufsichtsrates, dem unter anderem Laub selbst und die Gemeinderäte Babucke und Leible (CDU), Haas (SPD) und Moussourakos (UBU) angehören, waren Markus Speck (Rathaus Umkirch) und Markus Heger von der Badenova als Geschäftsführer bestellt worden. Rechnungsamtleiter und Zahlenjongleur Speck zeichnet für den wirtschaftlichen, Heger für den technischen Bereich Verantwortung, da es der Gemeinde bis auf weiters an technischem Know- How fehle und man hier noch auf Unterstützung durch den großen Bruder angewiesen sei. Fernziel sollte aber sein, auch diese Aufgabe unabhängig vom Freiburger Energiedienstleister wahrnehmen zu können.
Um eine saubere Trennung der Stromversorgung zu gewährleisten, hat die Gemeinde rund 1 Million Euro in die Verlegung von Stromkabeln investiert sowie einen zweiten Ringschluss zur Vermeidung von Stromausfällen geschaltet. Einfacher gestaltete es sich, die Gasleitung abzutrennen. Zwischen Haupt- und Nebenleitung musste lediglich ein Zähler geschaltet werden. Laub betonte, dass sowohl die Gas- als auch die Strompreise sich mit den großen Anbietern messen könnten. Der Vorteil des „Umkirch Stroms“ sei aber insbesondere darin zu sehen, dass dieser zum einen 100% atomstromfrei sei und zum anderen die Einnahmen aus dem Energieverkauf nicht in die Hände irgendwelcher Großkonzerne flössen, sondern in der Gemeinde blieben, die Bürger also doppelt profitierten. Außerdem bestechen die „Gemeindewerke Umkirch GmbH“ durch ein überschaubares Tarifsystem und schlanke Strukturen. Über eine groß angelegte Mailingaktion sollten alle Umkircher Bürger auf den neuen Stromanbieter aufmerksam gemacht werden, so der Bürgermeister und Aufsichtsrat. Rechenkünstler Speck merkte an, dass Umkirch Strom- Kunden im Jahr bis zu 400 Euro sparen könnten.
Roswitha Heitzler (CDU) bemerkte treffend, dass die Werbekampagne der GWU - der blaue Kringel, der sich sonst um die Kirche kringelt, kringelt sich bei der GWU um die Buchstaben GWU - ein wenig energielos daher käme und so vielleicht der von Laub erhoffte „Kundenansturm“ eventuell ausbleiben könnte. Kämmerer Speck konnte dahingehend beruhigen, dass schon eine „peppige“ Anzeigenkampagne in Vorbereitung sei, die Bürgermeister Laub schmunzelnd als „gewöhnungsbedürftig“ bezeichnete. Abschließend bedankte er sich bei seinen Gemeinderätinnen und -räten für die konstruktive Zusammenarbeit in Sachen GWU, die nur durch „große Einigkeit“ möglich gewesen sei. Umkirch gehöre mit der Konzessionsübernahme überregional zu den „Trendsettern“, endete Laub mit seinen Ausführungen.
Mit fremden Federn schmücken?
Unter „Verschiedenes“, dem sechsten und letzten Tagesordnungspunkt des Montagabends sagte Bürgermeister Laub einige Worte zum 9. November, einem „Gedenktag für die Demokratie“, da sowohl der Fall der Mauer als Beispiel für gelebte Volksherrschaft als auch die Reichspogromnacht, als Beispiel für das Unrecht der Diktatur auf diesen denkwürdigen Tag fielen.
Anschließend berichtete Hauptamtsleiter Marcus Wieland von den Ergebnissen der „kleinen Verkehrsschau“, die in Zusammenarbeit mit der Polizei stattgefunden hatte. Auf dem Programm stand unter anderem Tempo 30 für die Hauptstraße. Um zu überprüfen, ob diese Maßnahme begründet sei, würden in der nächsten Zeit Messtafeln aufgestellt, sowie zunehmend Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt. Probeweise solle auch das Parkverbot auf der Hauptstraße zwischen Einmündung Hugstetter Straße und Ortsmitte aufgehoben werden.
Weiter Themen waren die missverständliche Beschilderung auf der Straße zum Forellenhof sowie die Fußgängerampeln bei Kramer´s Fleischmarkt und über die Gottenheimer Straße in Höhe des Ecenter. Erstere sei nur auf Zeit vorgesehen, letztere war ganz abgebaut worden, was besonders auf Kritik aus den Reihen der SPD- Fraktion stieß. Der Notwendigkeit der Anbringung von Spiegeln an der Unterführung zum Forellenhof wurde von allen Gemeinderatsmitgliedern zugestimmt.
Schließlich wurden noch zwei Anträge der SPD- Fraktion besprochen. Zum einen plädierten die Sozialdemokraten für die Einrichtung einer Werkrealschule in Umkirch. Bürgermeister Laub betonte, dass diesem Antrag aufgrund zu weniger Schüler nicht stattgegeben werden würde. Auch müsste man nicht immer bei den Ersten sein, „wenn in Stuttgart mal wieder eine Sau durchs Dorf getrieben würde“, so Laub wörtlich zum Trendthema Werkrealschule.
Der zweite SPD- Antrag beschäftigte sich mit der Notwendigkeit einer Nutzungsordnung für den Bürgersaal, und auch dieser stieß auf wenig Gegenliebe. Sah Jörg Kandzia (CDU) die Notwendigkeit, sich für die Planung viel Zeit zu nehmen, um möglichst viele Leute einzubeziehen, mahnte Tom Hirzle (SPD) an, dass die Planung doch sehr spät käme. Jeder Unternehmer, so Fraktionskollege Haas, habe ein Nutzungskonzept bevor er etwas baut. Und weil man sich nun ohnehin schon so schön uneinig war, kam auch der Antrag auf der Homepage der Umkircher SPD vom 21. 09. auf Offenlegung der Kosten für die Gutshofsanierung wieder zurück auf den Tisch und in die zunehmend erregten Köpfe. Während Frau Heitzler (CDU) immer noch eine Entschuldigung Seitens der SPD, insbesondere gegenüber Projektleiter Willi Sutter forderte, beharrte Tom Hirzle (SPD) weiterhin auf eine detaillierte Kostenaufstellung, wofür er teils lautstarke Unterstützung im Publikum fand. Dieses wiederum wurde nun von Jörg Kandzia (CDU) in die Schranken gewiesen, was Bürgermeister Laub mit dem Satz „das wäre nun eigentlich mein Part gewesen“ kommentierte. Da sich aber in Jörg Kandzia und Tom Hirzle gerade prächtige Rivalen gefunden hatten, las Kandzia überraschend noch eine Stellungnahme vor, in der er Tom Hirzle des Ideenklauens in Sachen fraktionsübergreifender Beschluss Bebauungsplanänderungen (Thema auf der letzten Gemeinderatssitzung) bezichtigte. So ist auf der SPD- Homepage zu lesen, dass dieses Projekt „auf Initiative der SPD“ zustande gekommen sei, was nicht der Wahrheit entspräche. In dieser Darstellung sähe er einen Vertrauensbruch, der ihm eine zukünftige Zusammenarbeit unmöglich mache. „Lieber Tom Hirzle, Null Initiative! Sauerrei, Plagiatur ohne Gleichen“, so der empörte CDU-Fraktionssprecher.
Bevor die Gemeinderäte sich zum Duell fordern konnten, beendete Bürgermeister Laub das Hauen und Stechen zumindest vor der Öffentlichkeit. Er verwies auf die im Anschluss stattfindende nichtöffentliche Gemeinderatssitzung und komplementierte Publikum wie Presse aus dem Saal.
Autor: Julius W. Steckmeister