Nicht wirklich wachgerüttelt?!
Nach einer fragelosen Bürgerfragestunde und dem Bericht des Bürgermeisters über die nichtöffentliche Gemeinderatssitzung vom 09. 11., bei der es im Wesentlichen um den Verkauf dreier Grundstücke gegangen war, galt es für den Umkircher Gemeinderat, die Einwendungen der Gemeinde Umkirch gegen den viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn zu beschließen. Zu diesem Zweck wurde von der Gemeinde ein Rechtsanwalt beauftragt, der die aus Umkircher Sicht wichtigsten Forderungen in einer rund 60 Seiten umfassenden Stellungnahme zusammengefasst hat und diese fristgerecht beim zuständigen Regierungspräsidium abgeben wird.
Besondere Relevanz für Umkirch, so fasste Laub den Inhalt des Anwaltsschreibens zusammen, habe zum ersten die Forderung nach einem neuen, deutlich verbesserten Lärmschutz unter anderem durch eine deutliche Erhöhung der vorgesehenen Lärmschutzwände. Zum zweiten fordere man ein verträglicheres Umweltschutzkonzept insbesondere durch eine veränderte Flächen schonende Bauplanung insbesondere im Bereich Zubringer Mitte als auch die Ausweisung von Ausgleichsflächen und zum dritten bedürfe es einer klaren Baustellenplanung und Abwicklung des Baustellenverkehrs in enger Abstimmung mit der Gemeinde.
Wenig überraschend wurde dem Beschluss einstimmig stattgegeben.
Weitaus mehr überrascht, ja enttäuscht zeigten sich sowohl der Bürgermeister als auch der im Publikum anwesende Vorsitzende der Umkircher Anti- Bahnlärm- Bürgerinitiative „IGEL e. V.“, Uwe Lampe, über das immer noch sehr geringe Interesse der Umkircher Bürgerinnen und Bürger an den Auswirkungen des „Jahrhundertprojekts“. Dies hatte sich zum einen an der geringen Besucherzahl beim Umkircher Informationsabend zum Planfeststellungsverfahren am 18. 11. gezeigt, zum anderen an den erst 2000 Einwendungen gegen die Bahngleisausbau aus den Reihen der Umkircher Bevölkerung. Angesichts des offenbar vorherrschenden Desinteresses herrschte auch im Gemeinderat eine gewisse Ratlosigkeit. Zwar liegt die geplante Trassenführung nicht auf einer Umkircher Gemarkung, die Auswirkungen des Baubetriebes und des zusätzlichen Bahnverkehrs werden für die Gemeinde und ihre Bürger aber erhebliche Belastungen mit sich bringen. So wurden verschiedene Vorschläge beratschlagt, wie man gewissermaßen „auf den letzten Drücker“ - die Einwendungsfrist gegen die Planfeststellung endet am 03. 12. (!) - die Mitbürgerinnen und Mitbürger noch wachrütteln kann, da das Projekt als solches, so Tom Hirzle (SPD) „noch sehr abstrakt sei“. Jörg Kandzia (CDU) regte an, Umkirch in 14 Gebiete (entspricht der Stärke des Gemeinderats) aufzuteilen und „zu den Leuten hinzugehen und ihnen die Zettel in die Hand zu drücken“. Claudia Weibel-Kaltwasser (UBU) gab zu bedenken, wie zeitaufwändig eine solche Aktion wäre, da alle Gemeinderatsmitglieder ja „nebenbei“ auch noch berufstätig seien. Auch Viktor Horn (CDU) wandte sich gegen „Klinken putzen“. Er schlug vor, die Einwendungsvordrucke an belebten Orten wie Supermärkten oder Gaststätten auszulegen. Eine interessante Anregung kam von einer Dame aus dem Publikum: Warum nicht, wie in ihrer Kindheit üblich, mit einer Lautsprecherdurchsage auf die Problematik aufmerksam machen? „Wir machen da alles mit“, fasste Bürgermeister Laub die Diskussion zusammen. Alles, außer Bahnlärm bleibt zu hoffen!
Bin ich schön?
Um die Umsetzung der EU- Dienstleistungsrichtlinie ging es im vierten Tagesordnungspunkt des Abends. Diese hat zum Ziel „den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr zu fördern und damit die Verwirklichung des einheitlichen Binnenmarkts zu beschleunigen. Sie soll sicherstellen, dass sowohl die Erbringer als auch die Empfänger von Dienstleistungen in den Mitgliedsstaaten effektiver von den garantierten Grundfreiheiten des Niederlassungsrechts und des freien, grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs profitieren können.“
(Quelle: Beschlussvorlage Gemeinde Umkirch, 23. 11. 09).
Auf Nicht- Beamten- Deutsch: die Chancengleichheit von Anbietern aus dem EU- Ausland soll gewährleistet werden. Hierzu bedarf es unter anderem der Schaffung von objektiven Auswahlkriterien von Leistungserbringern, die sich nicht an der Nationalität sondern der Qualifikation des Dienstleistungserbringers bzw. der Attraktivität des Angebots als solchem orientieren, dem Transparenzgebot. Von Änderungen betroffen sind in der Gemeinde Umkirch die Friedhofs- sowie die Marktordnung, wie Hauptamtsleiter Marcus Wieland erläuterte.
Zukünftig gäbe es für Interessenten einen einheitlichen Ansprechpartner im Landratsamt. Die Entscheidungshoheit über die Vergabe von Aufträgen auf dem Friedhof oder Standplätzen auf Wochen- oder Weihnachtsmarkt bliebe aber weiter bei der Gemeinde, so Wieland auf Nachfrage von Klaus Leible (CDU).
Auf die Nachfrage von Tom Hirzle (SPD), was denn „Attraktivität“ sei, versicherte Bürgermeister Laub glaubhaft, dass auch in Zukunft bei der Vergabe von Standplätzen nicht nach dem Aussehen des Marktstandinhabers oder der Dienstleistungserbringerin entschieden würde.
Akte X, Folge 4138 - oder: Haas investigativ.
Unter dem Schlusspunkt „Verschiedenes“ berichtete Bürgermeister Laub erfreut, dass schon viele Umkircher Bürger sowie eine Gewerbetreibender Verträge bei den Gemeindewerken Umkirch (GWU) abgeschlossen hätten.
Das Stichwort GWU rief, auch das ist unter „Verschiedenes“ bereits eine liebgewordene Tradition, wie bei Agent Fox Mulder, Erhard Haas (SPD) auf den Plan. Hatte Haas in den letzten Sitzungen mehrfach detaillierten Einblick in die Kostenaufstellung für die Sanierung des Gutshofs verlangt, und sich dabei an „Zahlen-Graf“ Markus Speck die Zähne ausgebissen, forderte der Mann, der es wissen will, nun eine Inventarliste des Wasserwerkes, bevor dieses spurlos in der GWU verschwindet. Rechnungsamtsleiter Speck betonte, dass das Wasserwerk nicht mit der GWU verschmölze, so dass auch weiterhin eine Übersicht gewährleistet bliebe. Auf Nachhaken von Haas bezüglich der Grundstücke, auf denen sich die zwei Umkircher Brunnen befinden, erklärte Bürgermeister Laub, dass ein Teil des Grundstückes von Brunnen Nummer Zwei Gemeindeeigentum bliebe. Das Grundstück mit Tiefbrunnen Eins gehöre noch dem Fürstenhaus, würde aber im Rahmen der Flurbereinigung von der Gemeinde erworben werden. Haas verlangte daraufhin Einsicht in den Anlagespiegel, was Claudia Weibel- Kaltwasser (UBU) mit einem Antrag auf Ende der Diskussion quittierte. Einstimmig, nämlich mit der Stimme von Walter Laub, wurde dem Antrag stattgegeben und nach einer knappen Stunde endete der öffentliche Teil der Gemeinderatssitzung. Die Spannung auf Akte X, Folge 4139 bleibt, wie bei allen guten Serien, bestehen!