Schwerer Entschluss: Aus für die Umkircher Hauptschule (Bild: Gemeinde Umkirch)
Neben dem alten Dauerbrenner Gewerbegebiet „Stöckmatten“ und dem Thema Einführung getrennter Abwassergebühren, das zumindest Dauerbrennerpotential hat, mussten die Umkircher Gemeinderätinnen und -räte auf ihrer Sitzung am Montag, den 21. 06. 2010, eine ebenso denkwürdige wie schwere Entscheidung treffen: Aufgrund zu geringer Schülerzahlen galt es über das Aus für die Hauptschule in Umkirch abzustimmen. Eine entsprechende Empfehlung seitens des Lehrerkollegiums und des Schulamtes lag der Gemeinde bereits vor.
Sitzung des Technischen Ausschusses
Vor der Gemeinderatssitzung hatte man im Technischen Ausschuss bereits über die Vergabe der Aufstellung eines einheitlichen Energiekonzeptes zur Wärmeversorgung von Bauhof, Grund- und Hauptschule, Turn- und Festhalle, des Jugendzentrums und Sportheimes sowie des Hallenfreibades debattiert. Das Energiekonzept war nötig geworden, da die Heizung der Turn- und Festhalle aus brandschutzrechtlichen Gründen Anfang 2008 außer Betrieb genommen werden musste und die Halle seitdem via Fernwärme über die Heizung der Grund- und Hauptschule mitbeheizt wird. Zwei Firmen hatten zu diesem Zweck Vertreter in den Bürgersaal geschickt, um ihre jeweiligen Angebote zu erläutern. Den Zuschlag bekam die Firma „solares bauen GmbH“. Ebenso einstimmig ermächtigten die Mitglieder des TA den Bürgermeister zum Vertragsabschluss mit der Firma und genehmigten die außerplanmäßige Ausgabe von rund 15. 500 Euro für die Maßnahme.
Nach TOP 1: Bürgerfragestunde, ein Bürger setzte sich einmal mehr mit der unglücklichen Parkplatzsituation rund um den Gutshof auseinander, und TOP 2: Beschlüsse aus der nichtöffentlichen Sitzung, in der es unter anderem um den Gehweg entlang der Waltershofener Straße gegangen war, wurde unter TOP 3: Abrechnung Gewerbegebiet „Stöckmatten“ der absolut allerletzte Schlussstrich unter das Greschkowitz- Erbe gezogen:
Vom Saulus zum Paulus
Um die Entstehung des Defizits von 1, 8 Millionen Euro, das auch nach dem Verkauf des letzten Zipfels „Stöckmatten“ an der Gemeinde hängen geblieben war zu erläutern, hatte die LBBW, Abteilung Kommunalentwicklung (KE), den Leiter ihrer Karlsruher Geschäftsstelle, Herrn Hügle in die Umkircher Löwengrube entsandt. Die Fehlspekulation, so Hügle, sei primär durch die B31 West- Euphorie begründet gewesen, die zur Jahreswende 1999/ 2000 geherrscht habe. Damals wäre man von einer raschen Fertigstellung der Umgehungsstraße ausgegangen, welche dann aber erst im Jahr 2007 realisiert werden konnte. Der Traum vom Sofortverkauf der Grundstücke als auch die an Freiburger Verhältnissen orientierten Preisvorstellungen von rund 120 Euro pro Quadratmeter hatten sich ebenfalls als unrealistisch erwiesen. Und letztlich sei schon der Erwerb des Grundstücks zu teuer gewesen, bilanzierte Hügle die traurige Realität. Er versicherte jedoch mit geläuterter Miene, dass die KE zukünftig Risiken und Unwägbarkeiten gegenüber ihren Kunden deutlicher aufzeigen würde. Die Kommentare von Seiten des Gemeinderats waren ebenso deutlich wie wortkarg. Roswitha Heitzler (CDU) erkannte „Isch jetzt passiert!“ und Wolfgang Risch (FWU) gab das passende Stichwort: „Machen wir Feierabend!“ Mit vier wohl der Resignation geschuldeten Enthaltungen stimmte der Gemeinderat der Schlussabrechnung mit der KE zu.
Auslaufmodell
Am „Tag der Referenten“ (Bürgermeister Walter Laub) wurden nun zwei weitere Gäste an den einzigen mit Mikrophon ausgestatteten Tisch gebeten, um zu einem traurigen Kapitel Stellung zu nehmen: TOP 4: Grund- und Hauptschule Umkirch. Manfred Vossler, Direktor des staatlichen Schulamtes in Freiburg und die Noch- Rektorin der Umkircher Hauptschule, Eva Oyntzen, berichteten über den Ist- Zustand der Umkircher Hauptschule, die aufgrund rapide gesunkener Schülerzahlen schlicht nicht mehr rentabel ist. So sei für das Jahr 2011 nur noch von einer Schülerzahl von maximal 18 Schülern für vier Klassenstufen auszugehen, berichtete Frau Oyntzen. Die Gründe für diese Entwicklung liegen zum einen in der Mitte letzten Jahres eingeführten Werkrealschule, die schon wegen ihres hübscheren Namens aber auch wegen der Option, mit dem Besuch der 10. Klasse den Realschulabschluss zu machen der Hauptschule den ohnehin letzten Rang abgelaufen hat. Zusätzlich bietet das neue Schulmodell die Möglichkeit, sich schon während der Schulzeit für eine bestimmte berufliche Richtung zu entscheiden und in Klasse 10 parallel die Berufsschule zu besuchen. Hauptschulen hingegen genießen inzwischen den Ruf als Restesammelbecken mit Garantie auf keinen Ausbildungsplatz trotz Abschluss, so die zweite Ursache. Und schließlich, ein Umstand der den Bürgermeister besonders nachdenklich sein ließ, hätte man es in Umkirch wohl nicht geschafft, der demographischen Entwicklung ein Schnippchen zu schlagen und genug junge Familien für den Wohnort Umkirch zu begeistern. Schulamt wie Lehrerkollegium hielten insbesondere unter pädagogischen Gesichtspunkten eine Fortführung des Umkircher Hauptschulbetriebes für nicht tragbar. Die Schulkinder, so Frau Qyntzen schweren Herzens, müssten bei der Entscheidung im Mittelpunkt stehen, und für Kinder dieser Altersgruppe sei der Kontakt mit Gleichaltrigen maßgeblich, der in einer „Zwergschule“ schlicht nicht gegeben sei. „Eine Schule mit 20 Schülern ist pädagogisch Unsinn“, betonte auch Manfred Vossler. Die Klassen 5 bis 7 zu kombinieren sei in den 50er Jahren noch möglich gewesen, aber heute nicht mehr realisierbar, erläuterte Vossler weiter. Neben Betroffenheit herrschte im Gemeinderat Einigkeit sowohl darüber, dass man sich der Empfehlung der Pädagogen anschließen würde als auch über die Tatsache, dass die Gemeinde den von der Schließung betroffenen Schülern und Eltern helfend zur Seite stehen müsse. Ilias Moussourakos (UBU) merkte zudem an, dass man rechtzeitig über eine vernünftige Weiternutzung des Schulgebäudes nachdenken solle. Hier schloss Bürgermeister Laub an: Zwar sei das Thema deprimierend, aber „es sei nichts so schlimm, als dass es nicht auch etwas Gutes hätte“. Ein Grobkonzept für die weitere Nutzung der Räume hätte man bereits in der Schublade, verriet Laub. Das Gewicht läge darauf, die vorschulische Bildung auch räumlich auszuweiten. Die Schließung der Hauptschule wurde ebenso schweren Herzens wie einstimmig beschlossen. Ebenso einstimmig wurden Schulleitung und Verwaltung mit der Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes für die frei werdenden Räumlichkeiten beauftragt.
Einlaufmodell
Zum neuen Lieblingsthema Einführung getrennter Abwassergebühren: TOP 5 wurden frische Referenten (m/w) an das Kopfende des Bürgersaals gebeten. Zum einen der juristische Berater der Gemeinde in Sachen neue Gebührenordnung,Dr. Dirk Schönweiß, und zum anderen Frau Denk, die Expertin für Fragebögen vom Heilbronner Büro Schneider & Zajontz, das die Gemeinderäte/Innen in ihrer letzten Sitzung mit der zur Gebührenberechnung nötigen Flächenerfassung beauftragt hatten (REGIONALIA- Umkircher Nachrichten vom 11. 05. 2010, Artikel- Nr.: 2246). Zunächst erläuterte Dr. Schönweiß die Berechnungsgrundlage der neuen Gebührenordnung, wobei er betonte, dass es sich trotz aller Bemühungen um Präzision natürlich um einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab handele, da von in der Realität nicht vorkommenden konstanten Annahmen wie gleicher Niederschlagsverteilung und waagerechter Ausrichtung aller zu bemessenden Flächen ausgegangen würde. Die gebührenpflichtigen Flächen würden in die Kategorien a) wasserundurchlässig, b) teilweise wasserdurchlässig und c) sonstige, nämlich Dachflächen unterteilt. Diesen werden je nach Versickerungsgrad des Regenwassers unterschiedliche Faktoren zugeteilt. Durch Multiplikation von Faktor mit Fläche ergebe sich die Niederschlagsgebühr, so der rechnende Rechtsanwalt.
Was den passieren würde, wenn ein Grundstückseigentümer den Versiegelungsgrad einer Fläche nach der Erfassung ändern würde, wollte Tom Hirzle (SPD) wissen. Für diesen Fall, erklärte Dr. Schöneweiß, bestünde eine „Anzeigepflicht“. Jeder, der seine Flächen verändert, sei verpflichtet dies zu melden. Irritation herrschte bei Tom Hirzle und Erhard Haas (beide SPD) über die Berechnung von gemeindeeigenen Flächen. Schönweiß erläuterte, dass die Gemeinde selbstverständlich auch Niederschlagsgebühren zu entrichten hätte, diese aber nicht von der linken in die rechte Tasche gesteckt sondern verrechnet würden. Als alle Klarheiten beseitigt waren, erläuterte Frau Denk die Fragebögen, die Anfang September zur Selbsterfassung an alle Umkircher Haus- und Grundbesitzer verteilt werden würden. Das Unterlagenpaket bestünde, so Frau Denk, aus einem Anschreiben mit Erläuterung, dem Lageplan des Grundstücks mit bereits eingezeichneten Gebäuden, dem Selbstauskunftsbogen und der schon von der Steuererklärung gefürchteten „Ausfüllhilfe“. Dank einer Bürgerinfoveranstaltung, der umfangreichen Ausfüllhilfe und dem „Bürgerbüro“ im Rathaus läge die Rücklaufquote der Fragebögen erfahrungsgemäß bei rund 70%. Die restlichen 30% würden nochmals angeschrieben, so Dr. Schöneweiß. „Nicht alles ganz so einfach“, bilanzierte Bürgermeister Laub die Vorträge. Einstimmig wurde die Verwaltung mit der Erfassung der Kalkulation der Abwassergebühren und der Flächenerfassung beauftragt.
Heilige Hallen
„Gemeindebaumeister“ Willi Sutter war Referent zu TOP 6: Sanierung der Turn- und Festhalle. Bereits in seiner Aprilsitzung hatte der Gemeinderat beschlossen mit Mitteln aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP) des Bundes neben der maroden Technik des Hallenfreibades die Fenster der in die Jahre gekommenen Turn- und Festhalle zu sanieren (REGIONALIA- Umkircher Nachrichten vom 28. 04. 2010, Artikel- Nr.: 2218). Da die Wärmedämmung der alten Halle ebenfalls dürftig ist, wurde zudem einer nachträglichen Wärmedämmung zugestimmt, die allerdings nur mit 20% Zuschuss über das Landessanierungsprogramm (LSP) förderfähig ist. In der heutigen Sitzung galt es sowohl über die Vergabe der Verglasungsarbeiten mit einem Kostenumfang von rund 153. 000 Euro als auch über die Vergabe der Dämmarbeiten mit einem Kostenvolumen von zirka 82. 000 Euro sowie Schlosser- und Rohbauarbeiten von insgesamt 13. 000 Euro abzustimmen. Willi Sutter betonte die Notwendigkeit einer Entscheidungsfindung, da der Zeitrahmen denkbar knapp sei. Das Thema Rahmen bildete denn auch Gesprächsstoff in der Ratsrunde, da man sich noch nicht über das Ob und Wie der Hallenverdunklung einig geworden war. Während Wolfgang Risch (FWU) schon von den nicht funktionierenden Jalousien der Schule bedient war, betonte Tom Hirzle (SPD), dass man sich mit den für Jalousien geeigneten breiteren Fensterrahmen zumindest zukünftig „ein Maximum der Möglichkeiten“ für die Nutzung der Halle offen hielte ohne sich gleich für Jalousien entscheiden zu müssen. Die Mehrkosten knapp 4000 Euro sah er deshalb als gerechtfertigt an. Einig waren sich alle Beteiligten über die Notwendigkeit einer Wärmeschutzverglasung, die mit Mehrkosten von rund 7000 Euro zu Buche schlägt. Nach kurzer Diskussion war man sich schließlich auch über die Rahmenverbreiterung einig und alle Gewerke wurden einstimmig an die entsprechenden Firmen vergeben.
Verfahrenes Verfahren
Eine Veränderung gab es aufgrund eines Einwandes des Landratsamtes bezüglich eines Antrages auf Änderung des Bebauungsplanes der Firma Metallbau Früh, dem im Gemeinderat bereits am 12. 10. 2009 stattgegeben worden war (REGIONALIA- Umkircher Nachrichten vom 13. 10. 2009, Artikel- Nr.: 1771). Der neuen Situation musste sich das Gremium unter TOP 7: Bebauungsplanänderung „Gansacker- Ost“, Billigung des Änderungsentwurfs und Beschluss der Offenlage stellen. War das Projekt zunächst als Baumaßnahme der Innenentwicklung eingestuft worden, für die ein vereinfachtes Antragsverfahren gegolten hätte, hatte, so Bauamtsleiter Bernhard Weckel, die Behörde diese Einschätzung nun revidiert. Es sei also ein regelrechtes Verfahren einzuleiten, für das vom Gemeinderat ein Änderungsentwurf gebilligt werden müsse. Nachbesserungsanträgen von Seiten der Abteilung Forst im Landratsamt, was die Ersatzaufforstungen angehe, sei man, so Weckel weiter, bereits nachgekommen. Da hierfür allerdings landwirtschaftliche Flächen genutzt werden müssen, sei nach der Offenlage mit Einwänden aus den Reihen der Landwirtschaft zu rechnen, prognostizierte der Baufachmann aus dem Umkircher Rathaus. Nachdem Ilias Moussourakos (UBU) sich versichert hatte, dass sich am eigentlichen Bauvorhaben der Firma Früh durch die erneute Abstimmung nichts ändern würde, wurde dem Antrag mit einer Enthaltung stattgegeben.
Buchhalterische Billigung
Um einen buchhalterischen Standard ging es im vorletzten Programmpunkt TOP 8: Bildung von Haushaltsresten für das abgelaufene Haushaltsjahr 2009. Graf Zahl Markus Speck betonte zunächst, dass die Abrechnung des Haushaltsjahres 2009 die gute Abrechnung des Vorjahres noch übertroffen hatte. Auch der Ausblick auf das Jahr 2010, so der Herr über Ziffern und Zaster, sei augenblicklich noch ausgesprochen rosig. Bei den Haushaltsresten handele es sich um Ausgaben, die zwar im Jahr 2009 beschlossen und diesem deshalb auch zugerechnet aber erst im Jahr 2010 verausgabt würden. Hierzu zählten Posten wie die Hallenbadsanierung, Brandschutzmaßnahmen an der Schule, Baukosten am Bürgersaal oder die Abfahrt von der Umgehungsstraße Höhe ALDI. Insgesamt beläuft sich die Summe auf 613. 000 Euro mit der das vergangene Haushaltsjahr nach belastet wird. In Sachen Abfahrt Umgehungsstraße, ein Kostenposten von immerhin 140. 000 Euro, so Bürgermeister Walter Laub, sei das letzte Wort aber noch nicht gesprochen. Mit Hilfe eines Anwaltes würde hinsichtlich des Betrages mit dem Bund noch verhandelt werden. Der Gemeinderat billigte die Bildung der Haushaltsreste einstimmig.
Protest muss deutlich sein!
Unter TOP 9: Verschiedenes galt es neben dem Thema Baum (kranke Kastanien auf dem Gutshofplatz) und Wald (Waldbegehung mit dem Förster des Fürsten) vor allem ein Ärgernis beim Namen zu nennen: Den ersatzlosen Wegfall der Ampelanlage in der Gottenheimer Straße auf der Höhe des Wohngebietes Breite. Wegen zu geringer Verkehrsfrequenz, so das Landratsamt, sei hier weder eine neue Ampelanlage noch ein Zebrastreifen zulässig. Lediglich ein Übergang mit Verkehrsinsel wurde dem Bürgermeister auf Nachhaken zugebilligt. Tom Hirzle (SPD) betonte, dass neben weiterem Drängen auf behördlicher Ebene auch deutlicher öffentlicher Protest für einen „wartungsarmen Zebrastreifen“ nötig sei. Wie wäre es zum Beispiel, sich vor dem Behördengebäude an ein Zebra zu ketten? Am besten nackt! Und falls kein Zebra zur Hand ist, kann man sich ja am Mundenhof einen Esel leihen und den schwarz- weiß anmalen. Im Landratsamt merkt das vielleicht ohnehin keiner… Auf die Kreativität der Gemeinderäte und -rätinnen in Sachen Protest darf man jedenfalls gespannt sein!
Autor: Julius W. Steckmeister (Umkircher Nachrichten, Artikel-Nr. 2391 ISSN 2698-6949)