Nein, bis zum Wattenmeer reicht der Blick vom Gutshofplatz noch nicht. Durch die sowohl in der Bevölkerung als auch im Gemeinderat umstrittene Entfernung des Laubengangs aber, lässt sich die von Architekt und Platzplaner Volker Rosenstiel entworfene Sichtachse von Schloss Büningen (Rathaus) bis St. Marien nun zumindest einmal erahnen. Störend wirken bisweilen noch die Kies- und Granitsteinpalettenberge, hinter denen sich das Rathaus augenblicklich duckt sowie die (von Beschlusswegen) bereits zum Abriss freigegebene Gutshofmauer. Diese jedoch genießt aufgrund massiver Bürgerproteste bislang noch Schonfrist, obwohl sie sich genauso wenig in das mehrheitlich befürwortete Platzkonzept des Freiburger Architekten einfügt, wie der jetzt entfernte Laubengang oder die neu auf den Platz oder besser Plan gekommenen Altstadtlampen, die in der Septembersitzung des Umkircher Gemeinderats bemustert werden sollen. Die alten Altstadtlampen auf dem Bauplatz zwischen Rathaus und Kirche machen auf den Betrachter/ die Betrachterin jetzt jedenfalls einen verlorenen, ja fast bemitleidenswerten Eindruck. Bürgermeister Laub hat jedoch zugesichert, dass sie in der Gemeinde andernorts Verwendung finden werden, so zum Beispiel in der Umgebung der sanierten Umkircher Mühle. Dank des Vorschlags eines umsichtigen Umkircher Bürgers, wird zumindest auch das Laubenganggerüst nicht verschrottet. Er wird neu begrünt und wird wieder verwendet, um die hässliche Betonmauer am Ostrand des Gutshofplatzes verdecken. Dass es hin und wieder Sinn macht, auf Eingaben aus der Bevölkerung zu hören, hat sich bei den Umkircher Entscheidungsträgern zumindest ansatzweise herumgesprochen. So wurde beim Kauf des Flügels für den neuen Bürgersaal ein namhafter, in Umkirch wohnhafter emeritierter Musikprofessor hinzugezogen. Und auch was die Baumauswahl für den neu zu gestaltenden Platz betrifft, hat man letztlich auf den Rat eines in Baum- Angelegenheiten ausgewiesenen Experten gehört, der Gleiche nämlich, der sich auch gegen die Verschrottung und für die Wiederverwendung des Laubengangs stark gemacht hatte. Manchmal werden die Anregungen und guten Idee von Bürgern danach auch als die ureigenen mancher Gemeideräte vereinnahmt. Aber auf diese Weise sind zumindest nicht nur die zu vielen Groß-Bäume aus dem Pflanzprogramm genommen, sondern auch die zwischenzeitlich preferierten Spree- oder besser Sumpfeichen als für den Standort ungeeignet sinnbildlich „geknickt“ worden.
Was das Hickhack um die Gestaltung des Platzes angeht, darf weiterhin gespannt abgewartet werden, wie viel Rosenstiel, wie viel Rathaus, wie viel Gemeinderat und wie viel Umkircher Bürgerschaft sich nach Abschluss der Bauarbeiten im neuen Ortszentrum widerspiegelt. Auf der ganzen Welt sieht man inzwischen ein, dass die kalte und überall fast gleiche Neuzeit-Architektur vielen Städten ihre Seele raubte und keine Wärme und keinen individuellen Charme gebracht hat, sondern abweisende Kälte. Deswegen bauen viele Städte wieder „zurück“ und ihre alten (ehemaligen) Bauwerke wieder auf. Nicht nur in Dresden und in Berlin, sondern überall, wo man bemüht ist, wieder Schönheit, Harmonie und Wärme den Vorzug zu geben. Umkirch ist derzeit dabei, seine Reste an altem badischen „Mittelalter-Charme“ auf dem Gutshof abzuwerfen und ihn durch kalten Rosenstiel,- und Gemeinderats-Geschmack, und Granit aus China, zu ersetzen. Und selbstverständlich soll der Rosenstiel & Gemeinderats-Platz danach auch richtig beleuchtet werden. Für 200.000 oder 300.000 Euro ? Bleibt dabei Umkirchs „alte Seele“ auf der Strecke? Derzeit gehen die Fahrzeuge mit dem alten Plaster um den Marienbrunnen nicht so vorsichtig um wie mit „Altstadt-Gold“. Und man kann nur hoffen, dass mit der Begründung, dass die alten Pflaster kaputt seien, nicht noch mehr China-Granit à la Rosenstiel auf dem Gutshof verlegt wird.