Umkirchs Bürgermeister Walter Laub bemühte vor und nach seiner Wahl den Kirchturm
und ließ seinen Grafiker eine blaue Kurve um ihn kratzen. Was aber nicht heißen muss, dass er nach der Wahl der katholischen Kirche fern blieb und den evangelischen Pfarrer bevorzugte, weil die evangelische Kirche die heilige Maria nicht so verehrt wie die Katholiken. Laub „verbannte“ nach seiner Wahl zum Bürgermeister lediglich die Heilige Maria, die Schutz-Patronin von Umkirch, vom Briefbogen und vom Internet-Kopf (Header) der Gemeinde und ersetzte das offizielle Gemeinde-Wappen mit der Heiligen Maria durch seinen stilisierten Kirchturm, der ihm im Bürgermeister-Wahlkampf Erfolg gebracht hatte. Einigen gefiel es nicht, dass er der Gemeinde nach seiner Wahl mit seinem persönlichen Logo auch seinen Geschmack aufdrückte und die Heilige Maria verdrängte. Sie sahen in der Verwendung des Wahl-Logos eine Verletzung der Neutralität. Manche sahen darin sogar einen anpassenden religiösen "Paradigmenwechsel" und eine Verleugnung von Umkirchs Ursprung. Auch ist nicht bekannt, ob zu dieser gemeindlichen „Gesichts-Chirurgie“ ein Beschluss des Gemeinderates eingeholt wurde. Böse Zungen behaupteten gar, Laub habe damit dem evangelischen Pfarrer einen Gefallen tun und zum Macht-Wechsel (wie der Papst) sein eigenes Wappen/Logo mitbringen wollen. Oder wollte Laub durch die Marien-Verbannung und die Verwendung eines "neutralen" Kirchturms an die inzwischen zahlreich zugezogenen evangelischen Christen erinnern, die sich durch die Verwendung des Marien-Bildes im "Gemeinde-Gesicht" provoziert fühlen könnten? Umkirch ist schliesslich nicht mehr so katholisch wie es einmal war. Doch das dürfte zu weit gegriffen sein. Vermutlich fand Laub das Logo deswegen gut, weil sein Grafiker mit dem blauen Bogen um die Kirche auf einen Blick den Namen des Dorfes bestens erklärt hatte. Ohne Zweifel ist der stilisierte Kirchturm ein moderneres, zeitgemäßes Logo. Denn Laubs missratener, aber sündhafte teurer Turm am Rathaus hat nicht den Hauch von gleicher Schönheit wie der Kirchturm. Die Kirche hatte schon immer einen besseren Geschmack als viele weltlichen Herren. Immerhin lehnte sich Laub den katholischen (und nicht den evangelischen) Kirchturm aus und ließ diesen zum neuen Symbol der Gemeinde stilisieren. Und das verdient die älteste Kirche des Breisgaus auch, die seit ihrem Ursprung dem Dorf Umkirch seinen Namen gab. Laub ließ seinen Grafiker, der ihm auch schon seinen Bürgermeister-Wahlprospekt entworfen hatte, einen blauen Halbkreis um den Kirchturm ziehen. Und blau ist auch die Partei-Farbe der CDU. Der echte Kirchturm ist schon lange ein Wahrzeichen von Umkirch. Ob der entlehnte Stilisierte Laub bei der nächsten Bürgermeisterwahl, die im kommenden März ansteht, wieder genug Stimmen einfangen wird, wenn er ihn für seinen Wahlkampf als Symbol benutzt? Der SPD gefiel das neue Umkirch-Logo offensichtlich so gut, dass sie es es kurzerhand für ihren Gemeinderats-Wahlkampf übernahm. Der Redaktion wurde bekannt, dass weitere Kandidaten auch Bürgermeister von Umkirch werden wollen und sich zur Wahl stellen. Der Wahlkampf ist also schon eröffnet? Jetzt werden die Vereine Politiker-Zulauf bei jeder Veranstaltung bekommen und ein mancher Kandidat wird wohl bald öfters "um die Kirch" gehen als sonst. Und nicht nur um die Kirch, sondern auch um die Wähler. So hat auch der Kirchturm seit Jahrhunderten seine wechselhafte „Konjunktur“. Doch der Turm ist nicht da um mit der Show dieses berühmten Bauwerkes „Image“ einzufangen oder an ihm zu „schmarotzen“ . Oder um um ihn herum zu gehen. Das erwürdige Denkmal will und er soll an seinen über 900 Jahre alten christlichen Sinn in Umkirch erinnern. Mit seinem Glocken-Geläut will der Turm die Menschen einladen, zu kommen und sich zu besinnen. Und auch die Mutter Gottes (und alle unsere Mütter) zu verkehren.
Und warum heisst Umkirch Umkirch?
„Umkirch heißt Umkirch, weil die Männer dort immer um die Kirch´ gehen“, erklärte mir mein Schuster während er meine Adresse notierte und mir den Abholschein für meine schief gelaufenen Schuhe überreichte. Klingt plausibel, dachte ich und bezog schon am nächsten Tag vor der Kirche Posten, um dort die Männer bei ihrem Tun zu beobachten. Irgendwann gab ich auf. Zwei Männer waren an der Kirche vorbeigegangen, weil eine Mauer drum herum war, doch einer ging an der Mauer entlag, plötzlich durch ein Loch hindurch und ich hinterher. Dann stand ich zuerst einmal auf dem Friedhof. Und sah noch vier Frauen auf den Friedhof an Gräbern. Um die Kirch gehen? Vielleicht ein Brauch, der nur an einem bestimmten Tag im Jahr stattfindet oder längst ausgestorben ist? Oder hat mir der Schustermeister etwa einen Bären aufgebunden?
Bereits im Jahre 100 nach Christus siedelten Römer, wo heute der Ort Umkirch liegt. Sie wurden im 6. Jahrhundert von den Alemannen abgelöst. Erstmals urkundlich erwähnt wird die Siedlung Umkirch in einem Schriftstück vom 5. Juni 1087, das den Tausch des Klosters St. Ulrich im Hexental zwischen dem Bischof von Basel und der Abtei Cluny in Frankreich belegt. Als einer der bei dem Vorgang anwesenden Zeugen wird ein Humbert de „Untkilcha“ genannt, ein Humbert aus einem Ort namens „Untkilcha“. Im Laufe des Mittelalters entwickelte sich der Heimatort Humberts zu einem bedeutenden Zentrum des bischöflich- baselinischen Besitzes im Breisgau. Offiziell (Latein war im Mittelalter Amtssprache) hieß die Siedlung „Untkilcha“ ecclesia in undis (Kirche zwischen den Wellen). Sie wurde einfach nach ihrem wichtigsten Gebäude, der heutigen Kirche Mariä Himmelfahrt, die im 7. Jahrhundert zunächst aus Holz und um 1050 als Steingebäude errichtet worden war, benannt. Der Name rührt wahrscheinlich von der Lage des Bauplatzes zwischen zwei Bachläufen her. „Untkilcha“ ist eine volkssprachliche Zusammensetzung aus dem lateinischen undis (Welle, Woge) und dem althochdeutschen kil(i)cha (Kirche, Tempel). Im Laufe der Jahrhunderte, während des Sprachwandels vom Althochdeutschen über das Mittelhochdeutsche zum Neuhochdeutschen wurde aus den lateinischen Wellen zunächst ein althochdeutsches „unt“ und schließlich ein neuhochdeutsches „um“ und aus der althochdeutschen kil(i)cha eine neuhochdeutsche Kirche, Umkirch eben.
Bei meinem Schuster werde ich demnächst jedenfalls misstrauischer sein, wenn ich sein schelmisches Augenzwinkern bemerke. Doch dann ging ich in die Kirche und muss bestätigen, dass sie ein ehrwürdiges und grandioses Wahrzeichen für Umkirch ist. Nicht nur für die CDU, sondern für alle Bürger,Parteien, Rassen und Religionen. Und es wäre schön, wenn ein mancher nicht nur um sie herum, sondern zur Andacht und Besinnung auch in sie hinein ginge. (JWS)