Am Sonntag, den 11. Juli 2010, sind mit einem Konzert auf dem Marktplatz die Breisacher Europatage zu Ende gegangen. Mit einem bunten Programm, das von Unterhaltsamem, über Bildendes bis hin zu Nachdenklichem reichte, hatte die Stadt Breisach den 60jährigen Jahrestag der Europaabstimmung und die Jubiläen ihrer drei Städtepartnerschaften gefeiert. Zahlreiche Vereine, die Breisacher Schulen und Kindergärten und natürlich die Gäste aus Saint Louis, Neuf- Brisach und Oswiecim hatten sich an den Veranstaltungen und Aktionen beteiligt.
Nach dem Festakt am Freitag eröffneten Bürgermeister Oliver Rein und die frisch gebackene Weinprinzessin Rebecca Gut aus Oberbergen am Samstag, den 10. Juli, die Feierlichkeiten auf dem Marktplatz offiziell. Bereits am Samstagmorgen hatte in der Stadthalle eine Friedenskonferenz stattgefunden, in der vor allem die noch junge Partnerschaft mit der polnischen Stadt Oswiecim im Mittelpunkt stand. Dabei wurde auch auf die dunkle und beschämende Vergangenheit zwischen Deutschen und Polen eingegangen. So berichtete der Zeitzeuge Henryk Lagodzki über seine Erlebnisse im Warschauer Konzentrationslager. Gerade angesichts dieser Vergangenheit gelte es, so das Motto der Konferenz, "Ideen des Zusammenlebens zwischen den Völkern in Frieden und Freiheit sowie in gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit" zu entwickeln. Einen wichtigen Teil dieser Zusammenarbeit bilden die Städtepartnerschaften, zu deren Entstehung und Bedeutung Dr. Hans- Werner Retterath, der stellvertretende Leiter des Johannes- Künzig- Instituts für Ostdeutsche Volkskunde in Freiburg, einen Vortrag hielt. Städtepartnerschaften mit polnischen Gemeinden zählen zu den Schwerpunktthemen in Retteraths wissenschaftlicher Tätigkeit.
Was die Veranstaltungen im Freien anbelangte, hatte Petrus es mit den Breisachern und ihren Gästen ein wenig zu gut gemeint. Aufgrund der enorm hohen Temperaturen trauten sich viele Menschen nicht, die zahlreichen Angebote auf dem Markt- und Neutorplatz, in der Neutorstraße sowie der für den Autoverkehr gesperrten und in eine Spielstraße umgewandelten Rheinstraße wahrzunehmen. Klug war, wer sich zum Schauspiel „Die Geister von Neuf- Brisach“ auf dem kühlen Weinfestgelände eingefunden hatte. Architekt Vauban plauderte aus dem historischen Schatzkästlein und verriet so manches Geheimnis der Geschichte von Breisach, Neuf- Brisach und dem Sonnenkönig Ludwig XIV. Auf das Wasser zog es Ruderer und Ruderinnen, denn der Breisacher Ruderverein hatte seine alljährliche Regatta auf das Festwochenende gelegt. Im Schatten von Bäumen und Bootshallen gab es auf dem Vereinsgelände Stärkungen für Sportler und Zuschauer. Wen es nach lukullischen Genüssen jenseits der Grillwurst gelüstete, der konnte sich der Stadtführung „Europäisches Menue“ anschließen, bei der an vier verschiedenen Stationen europäische Spezialitäten gereicht wurden. Für Besucher/Innen, denen die Hitzewelle auf den Magen geschlagen war, gab es auch die „Lightvariante“ der Tour mit anderen Stationen und ausschließlich flüssiger Nahrung in Form von Wein. Temperatur- und informationstechnisch zweifelloses Highlight unter den angebotenen Stadtführungen bildete die Führung „Einblick ins Verborgene - Keller, Höfe und Gärten des Münsterberges“. In Zusammenarbeit mit Breisach- Touristik und Stadtarchivar Uwe Fahrer hatte die Gästeführerin Marlene Müller eine ebenso spannende wie lehrreiche Tour durch verträumte Gärten und uralte Kellergewölbe auf dem Münsterberg vorbereitet. Fünf Breisacher Familien hatten sich bereit erklärt, anlässlich der Europatage ihre Keller und Gärten zur Besichtigung freizugeben und boten den begeisterten Gästen ein einmaliges Erlebnis in den kühlen Tiefen des Münsterberges so wie Wein vom Badischen Winzerkeller und sogar selbstgebackene Plätzchen. Während die kulinarischen Führungen weiter im Programm der Breisach- Touristik bleiben, handelte es sich bei der Kellerführung um eine wohl buchstäblich einmalige Gelegenheit. Von den kühlen Kellern gut erholt, lohnte sich ein Besuch bei den zahlreichen themenbezogenen Ausstellungen in Breisacher Galerien und dem Stadtmuseum oder eine Pause auf dem Marktplatz, wo an beiden Tagen bis zum Spätnachmittag Musik und Aufführungen dargeboten wurden. Nach drei Tagen feiern haben nun Veranstalter/Innen wie Besucher (m/w) eine erholsame Arbeitswoche in klimatisierten Räumen redlich verdient! Trotz eines gelungenen Festes wäre es wünschenswert, wenn zum 70jährigen Jubiläum der Europaabstimmung in Breisach, der Stadt, die in Sachen Sonnenstunden im Jahr Rang Zwei im Bundesgebiet belegt, mehr Veranstaltungen in die lauen Abendstunden gelegt werden würden. Eine ausnahmsweise Sperrzeitverkürzung für den Marktplatz könnte unter diesen Umständen und für eine solche Veranstaltung sinnvoll sein...
Autor: Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 2439 ISSN 2698-6949)