Kein Wunder also, dass Gundolf Fleischer zu einem kleinen Empfang in „seinem“ Bürgersaal willkommen geheißen wurde. Fleischer hat „alle Kindlein in seinem Wahlkreis gleich gerne“, betonte Gastgeber Oliver Rein diplomatisch. Die häufigen Besuche Fleischers in Breisach zeigten aber dessen besondere Verbundenheit mit der Münsterstadt am Rhein.
Zu Ehren des baden- württembergischen Meisters im Dauerabgeordneten- Dasein waren neben dem aktuellen Bürgermeister auch dessen Vorgänger Alfred Vonarb und Fritz Schanno sowie die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen ins Rathaus gekommen.
Verdienste auch im Strafraum
Zunächst würdigte Oliver Rein noch einmal die wichtigsten Verdienste Gundolf Fleischers um die Stadt. Die „Konversion“, die Nachnutzung des französischen Militärgeländes nach dem Abzug der Soldaten beispielsweise. Unter anderem Fleischers „zähen Verhandlungen“ mit der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) und Innenminister Heribert Rech sei es zu verdanken, dass Breisach auf dem ehemaligen Militärgelände nun ein Helfer- und Behördenzentrum samt neuem Polizeigebäude hat.
Als „ein Thema, wo man in den Strafraum muss“ bezeichnete Rein die Hochwasserschutzmaßnahmen durch das IRP (Integrierte Rheinprogramm). Ohne Fleischer hätte es weder den auch von der BI für verträgliche Retention mit getragenen Kompromiss beim Rückhalteraum „Breisach- Kulturwehr“ noch eine Diskussion um die Eigentumsverhältnisse des bei der Vorlandtieferlegung im Polderraum „Weil- Breisach“ anfallenden Kies gegeben, betonte Rein.
Auch sei es Fleischers „hervorragender Vertaktung nach Stuttgart“ zu verdanken, dass Breisach stets mit Fördermitteln aus dem LSP (Landessanierungsprogramm) und dem ELR (Entwicklungsprogramm ländlicher Raum) bedacht worden sei, freute sich Rein über die wichtigen Finanzspritzen. Und auch für Infrastrukturmaßnahmen wie den Ausbau des ÖPNV oder den Weiterbau der B31 habe der Abgeordnete sich stets stark gemacht. Allerdings, betonte rein, waren es nicht nur die großen Themen, die Fleischer interessiert hatten. Auch für die „winzigsten Anliegen“ einzelner Bürger/Innen hätte er stets offene Ohren gehabt. Für all dies bedankte sich Oliver Rein abschließend beim scheidenden Abgeordneten.
Viel Vergangenheit - keine Vetterleswirtschaft
„Um alles Wichtige zu erzählen, bräuchte ich einen ganzen Abend“, so Oliver Reins Amtsvorgänger Alfred Vonarb. Bereits Anfang der 70er Jahre hatten sich Vonarb und Fleischer kennen gelernt. Vonarb belegte dies unter anderem mit inzwischen nahezu historischen Zeitungsausschnitten aus den 70er und 80er Jahren. Als besonderen Gag hatte er ein Gundolf- Fleischer- Skatspiel mitgebracht, das anlässlich des Landtagswahlkampfes 1979 gedruckt worden war.
„Was man heute Netzwerk nennt, hat früher Beziehungen geheißen“, so Alfred Vonarb. Dies hätte aber nie etwas mit Vetterleswirtschaft zu tungehabt, sondern sei stets nur ein Beleg von Fleischers „Sorge um seinen Wahlkreis“ gewesen.
Auch wenn Gundolf Fleischer kein Abgeordneter mehr ist, dessen war sich Vonarb sicher, wird sein Rat noch gefragt sein. Als Dankeschön versprach der Altbürgermeister, ein Erinnerungsbuch an die Zusammenarbeit mit Fleischer zu verfassen, das bereits zu dessen 80. Geburtstag, also in rund 20 Jahren fertig gestellt sein würde. In der Politik ticken die Uhren eben anders!
Noch weiter zurück blickte Vonarbs Vorgänger, der über 90jährige Fritz Schanno. Zwanzig Jahre hatte Schanno die Geschicke der Münsterstadt geleitet. Als eine seiner Hauptaufgaben hatte der noch im ersten Weltkrieg geborene Schanno immer in den freundschaftlichen Verbindungen zum französischen Nachbarn gesehen. Auf seine Initiative geht die Idee einer Achse von Donaueschingen bis Colmar zurück, deren Fortsetzung er unter anderem im Weiterausbau der B31 sieht.
„Auf eine gute Zukunft für Breisach!“
Sichtlich bewegt zog nun auch Fleischer ein „Resümee in vertrauter Atmosphäre“. Allerdings wolle er sich nicht „ehrkäsig auf die Schulter klopfen“, sondern Revue passieren lassen, was in den letzten 35 Jahren passiert ist. Besonders betonte Fleischer das zähe Ringen um die Etablierung der Stadt Breisach als erstes grenzüberschreitendes Mittelzentrum in Baden- Württemberg, was nur in Verbindung mit den elsässischen Gemeinden Biesheim und Neuf- Brisach möglich gewesen sei. Aufgrund dieser Aufwertung sind Breisach unter anderem das Notariat und das Amtsgericht erhalten geblieben, betonte der scheidende Landtagsabgeordnete. Auch die Schaffung einer Außenstelle des Landratsamtes in der Europastadt unterstreicht diese Aufwertung und gleichzeitig die Bedeutung des Landkreises. Als „Riesensache“ bezeichnete Fleischer die Einrichtung des Helferzentrums, die Wirtschaftsförderung am Beispiel der Umsiedlung des Tapetenherstellers Erismann aus der Innenstadt an den Stadtrand sowie den Aufbau der Jugendherberge mit der deutsch- französischen Begegnungsstätte direkt am Rheinufer. Es herrscht, so Fleischer, ein stetiges Wechselspiel zwischen Infrastruktur, Kultur und Geschichte.
Zum Dauerthema Retention versprach Fleischer, dass er auch nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag alles tun werde, um beispielsweise den Querdamm im Rückhalteraum „Breisach- Burkheim“ zu verhindern sowie eine adäquate Entschädigung der betroffenen Einzelpersonen und Vereine herbeizuführen. Ebenso sagte er zu, gerne wiederzukommen, wenn sein Rat gebraucht würde.
„Ihr kriegt mich nicht los“, antwortete Fleischer denn auch humorig auf die Nachfrage eines Journalisten, was er denn nun mit seiner vielen Freizeit anfangen würde. Und „ganz nebenbei“ engagiert sich der Politiker seit etlichen Jahren unter anderem im Badischen Sportbund und in sozialen Projekten bei der Caritas und in der Multiple- Sklerose- Stiftung der ehemaligen First Lady Ursula Späth.
Während mit „Europawein“ auf das Wohl des scheidenden Politikers wie der Stadt angestoßen wurde, ließ es sich Münsterpfarrer Peter Klug als Überraschungsgast nicht nehmen, dem Noch- Abgeordneten und Münsterförderer ein kleines Präsent zu überreichen.