Nach dem Topjahr 2010, das dem Breisacher Weinfest bei Bilderbuchwetter rund 100. 000 Besucher beschert hatte, war für alle Beteiligten bereits nach dem komplett verregneten Freitagabend klar, dass man in diesem Jahr nicht an die Rekordumsätze des Vorjahres würde anknüpfen können. Die Lauben seien zwar auch am Freitag „bumsvoll“ gewesen, auf dem Festplatz hatte wegen Platzregens jedoch den gesamten Abend über gähnende Leere geherrscht. Dennoch, so bestätigten die Vertreter der auf dem Weinfest ausschenkenden Winzergenossenschaften, hatte man mit einem stark besuchten Samstag die Verluste teilweise auffangen können. Zur Halbzeit des 54. Bezirksweinfestes Kaiserstuhl und Tuniberg, so Waldemar Isele von der Kaiserstühler Wein- Marketing GmbH, hätte man bereits 19. 500 Weingläser verkauft, nur 4000 weniger als im Vorjahr zum Ende des Weinfestes. Die etwas moderateren Besucherzahlen, darin waren sich die meisten der Anwesenden einig, täten dem Weinfest keinen Abbruch, da die Veranstaltung in den vergangnen Rekordjahren logistisch an ihre Grenzen gekommen war. So brächten stetige Zuwächse eben nicht nur Positives mit sich, sondern zögen auch ganz erhebliche Probleme nach sich.
Weniger ist manchmal doch mehr, das bestätigten auch die Betreiber der Weinfest- Sonderbusse. Da sie in diesem Jahr rund 30 Prozent weniger Festgäste transportieren mussten, kam nahezu jeder Fahrgast in den Genuss eines Sitzplatzes. Weit weniger genüsslich gestaltet sich so manche Fahrt für die Busfahrer, die teilweise ein "schlechtes Bauchgefühl" haben, wenn sie stark alkoholisierte Personen befördern müssen und mit diesen im Bus allein gelassen werden. Sicherheitspersonal nicht nur an den Bushaltestellen sondern auch in den Bussen forderte deshalb Mirko Helbig vom Verkehrsunternehmen SWEG, das unter anderem die besonders stark ferquentierten Linien 1bis 4 bedient.
„Wenn es nach den Absätzen beim Weinfest ginge“, bilanzierte Karl- Heinrich Maier, Bereichsvorsitzender des Bezirks Tuniberg, “müssten wir unsere gesamte Anbaupolitik ändern“. Vor allem halbtrockene Grau- und Weißburgunder aber auch liebliche und süße Weine wie Muskateller und Gewürztraminer fänden auf der Veranstaltung gerade unter den jungen Leuten zunehmend Anhänger/Innen. Auch auf die Preise würde beim jungen Publikum erstaunlich wenig geachtet, so Horst Kröhle von der Bickensohler Winzergenossenschaft. Auslesen stehen, das bestätigten auch Kröhles Kollegen, ganz oben in der Gunst des jugendlichen Publikums. Dass sich die jungen Weinfestbesucher/Innen „sehr stark mit dem Wein auseinandersetzen“, war ebenfalls an allen Weinlauben zu beobachten gewesen. Der Altersdurchschnitt der Weinfestgäste sinkt, so die Feststatistik, mit fortschreitender Uhrzeit. Besonders die von jungen Leuten stark frequentierten Lauben haben Schwierigkeiten, die Sperrzeit von zwei Uhr auch durchzusetzen, was aber, so PHK Berthold Buck, Leiter des Polizeireviers Breisach, nicht Sache der Polizei sondern der jeweiligen Betreiber sei. Die Polizei hätte, so Buck, für derartige Aufgaben schlicht zu wenig Personal. Als insgesamt ruhiger als im Vorjahr, bezeichnete Buck die Situation auf dem diesjährigen Weinfest aus polizeilicher Sicht. Hier lobte der Hauptkommissar vor allem die Arbeit des privaten Sicherheitsdienstes, mit dessen Hilfe zwei Einbrüche wie zwei Sachbeschädigungen rasch aufgeklärt werden konnten. Zum ersten Schlagstockeinsatz in der Weinfestgeschichte war es allerdings am Samstag Abend gekommen, als die Polizei vergeblich versuchte, einen Platzverweis gegen eine stark alkoholisierte Gruppe französischer Jugendlicher durchzusetzen. Vier der renitenten Franzosen wurden festgenommen und mussten den Rest der Nacht in einer Ausnüchterungszelle verbringen. Das Tötungsdelikt im Christmannsweg habe nicht zu den zunächst befürchteten Aggressionen aus den Reihen der Freunde des Ermordeten geführt, berichtete Berthold Buck weiter. Hierfür sei besonders die Arbeit des Breisacher Streetworkers und Gemeinderats Willi Ingehoven verantwortlich, lobte Buck.
Auch die Bilanz des DRK fiel nicht aus dem Rahmen. Insgesamt 20 „protokollwürdige Hilfeleistungen“, davon eine Reanimation, die allerdings nicht alkoholbedingt war sondern eine medizinische Ursache hatte, verzeichneten die Lebensretter in Weiß- Orange. Die Behauptung eines bei dem Notfall anwesenden Journalisten, das DRK habe bis zum Eintreffen am Notfallort lange acht Minuten gebraucht, wiesen DRK- Vertreter und Wein- Marketing Geschäftsführer Florian Herth entschieden zurück. Dass gerade die jungen Gäste „ziemlich ansprechend auf die Weine reagieren“ bestätigte in diesen milden Worten auch DRK- Bereitschaftsführer Joachim Krause. Während der Notarzt insgesamt drei Mal ausrücken musste, handelte es sich beim Gros der Verletzungen um Schnittwunden durch (alkoholbedingte) Stürze.
Zufrieden mit dem bisherigen Festverlauf waren auch die Gastronomen. Wilhelm Kläsle vom „Gastronomischen Marktplatz“ und Jürgen Schüßler vom „Gastronomischen Zirkel Kaiserstuhl“ freuten sich über ein gelungenes Konzept, das entsprechend angenommen würde. Dankend angenommen wurden auch 28 Tonnen Splitt, die der städtische Bauhof im Verlauf der zwei ersten Festtage auf dem Weinfestgelände verteilt hatte, um dieses von einer Sumpflandschaft zurück in einen begehbaren Festplatz zu verwandeln. Der vergangene Freitag wäre, so Bauhofchef Karl- Heinz Brückner, der nasseste in 40 Jahren Breisacher Weinfest gewesen.
Für den Rest vom Fest bleibt also auf gutes Wetter, vernünftigen Alkoholgenuss und ein friedliches Fröhlichsein zu hoffen!