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„Ohne Wein und Aber!“ - Badischer Winzerkeller trennt sich von Badischer Wein GmbH

Rausgeschmissen! Badischer Winzerkeller trennt sich von Badischer Wein GmbH samt "Sonnenmännchen" (Bild: JWS/Regionalia)

Zum Ende des Jahres 2010 kündigt der Badische Winzerkeller Breisach seinen Vertrag mit der Gemeinschaftswerbung „Badischer Wein GmbH“. Dies wurde auf der jüngsten Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand des größten Winzerkellers Europas und bisher auch größten Beitragszahlers in die Kasse der Weinwerbedachorganisation mit Sitz in Karlsruhe beschlossen. Anhaltender Mitgliederschwund und mangelnde Flexibilität sind laut Aussage des Winzerkellers die Hauptursachen für die Beendigung des Vertrages. 

„Der Badische Winzerkeller als größter Beitragszahler hat sich bislang ohne "Wenn und Aber" zur badischen Weinwerbung bekannt und sich stets konstruktiv eingebracht. Doch nun sind die Verhältnisse über die letzten Jahre soweit in die Schieflage geraten, dass kein Zuwarten mehr möglich ist. "Generell zwingen die verschärfte Marktsituation und ein stark steigender Kostendruck uns dazu, unsere Ressourcen effizienter einzusetzen. Wir brauchen Flexibilität und nachhaltige Investitionen in unsere Markenprodukte", um uns für die anstehenden Herausforderungen am hart umkämpften Weinmarkt fit zu machen", so Axel Hahn, Vorstand Vertrieb/Marketing.  In den kommenden Jahren hat die Badische Wein GmbH aufgrund zahlreicher Kündigungen nur noch ca. 35 % aller Weinbaubetriebe (Winzergenossenschaften, Kellereien und Weingüter) des Badischen Weinbauverbandes als zahlende Mitglieder. Diese repräsentieren weniger als 60 % der badischen Rebflächen. Die viel beschriebene Solidarität in Baden ist damit schon längst verloren gegangen. Mit dem konsequenten Schritt der Kündigung will der Badische Winzerkeller diese unakzeptable Situation beenden und den Weg freimachen für neue zukunftsweisende Gemeinschaftskonzepte“, heißt es in der Pressemitteilung des Winzerkellers.

Dass neue Besen gut kehren, ist eine alte Binsenweisheit. So überrascht es denn auch wenig, dass der neue starke Mann in der Breisacher Großkellerei, Marketingchef Axel Hahn, auch und gerade in der Werbung neue Wege gehen will. Das Personalkarussell hatte sich im Jahr 2010 aber gleich zwei Mal heftig gedreht. Neben Hahn, der seit Juni dieses Jahres das Marketingkonzept des Weinriesen auf einen neuen Kurs bringen soll, wurde mit Eckart Escher nur einen Monat später auch ein neuer Mann auf den Sessel des Vorstandsvorsitzenden gewählt, um Ruhe und Ordnung in die Reihen von Mitgliedern und Kellerei zu bringen. Aber auch die Querelen zwischen Weinwerbung und Weinerzeugern hatten personelle Konsequenzen. Fast zeitgleich mit Hahn und Escher, zum 01. Juli 2010, gab es auch an der Spitze der „Badischer Wein GmbH“ einen Wechsel. Mit Sonja Höferlin, die ihr Betriebswirtschaftsstudium mit Schwerpunkt „Weinmarketing“ abgeschlossen hat und zu dem über reichlich Erfahrung im Bereich Marketing und Vertrieb verfügt, wurde auch in Karlsruhe ein deutliches Zeichen in Richtung Erneuerung gesetzt. Zumindest was die Mitgliedschaft des Badischen Winzerkellers betrifft, kam dieses aber ganz offensichtlich zu spät.
Denn einerseits fühlen sich ganz offensichtlich immer mehr Weinerzeuger unwohl unter dem Dach des Werbeverbandes. Manche Weinanbauregionen fühlen sich unterrepräsentiert oder gar benachteiligt. Auch an der Abgabe von 3 Cent pro verkauftem Liter Wein für die „Badische Wein GmbH“ wurde immer mehr Kritik laut. Dies hatte in den letzten Jahren eine regelrechte Austrittswelle zur Folge, so dass, und dies geht auch deutlich aus der Stellungnahme des Badischen Winzerkellers hervor, von einem Gemeinschaftsgefühl der Badischen Weinerzeuger längst keine Rede mehr sein kann. In Winzerkreisen kursierende Gerüchte über „Mitgliedszwang“, der die Austrittswelle wohl bremsen sollte, trugen auch nicht gerade zur Imageverbesserung der Karlsruher Werber bei. „Es gibt neues von der Dauerbaustelle Badische Weinwerbung. Wie man bei „Baden Online“ nachlesen kann, wird wieder um Weingüter für die Mitgliedschaft geworben. Den letzten Brief dieser Organisation, bei dem den Weingütern unverhohlen mit gesetzlichem Mitgliedszwang gedroht wurde, habe ich nicht vergessen. Ich bin gespannt ob irgendwann neue Post bei uns ins Weingut flattert“, schreibt ein Weinbauer im Onlineportal „Winzerblog“.
Andererseits stößt auch das Werbekonzept als solches auf zunehmend weniger Gegenliebe bei den zahlenden Mitgliedern. Es scheint, als hätten Kachelmann und Sonnenmännchen sowie die in der Tat recht bieder rüber kommende Werbung aus der badischen Landeshauptstadt endgültig ausgedient. „Gutes Konzept, gute Leute, dann wäre vieles möglich. Aber ganz bestimmt nicht Kachelmann und Sonnenmännchen“, heißt es bei „Winzerblog“ weiter.
Viele Erzeuger und Genossenschaften meinen, sie könnten das Alleine oder in einem neuen Verbund besser. So wohl auch der frisch gebackene Werbechef des Badischen Winzerkellers. Denn, und das wurde nicht zuletzt bei der Bilanz des Weinfestes Kaiserstuhl und Tuniberg, dem Größten in der Region, deutlich, die neue und durchaus liquide Weinkundschaft verjüngt sich wesentlich, was neue Werbeideen geradezu zwangsläufig notwendig macht. Die Reaktion der „Badischer Wein GmbH“ auf diese Trendwende ist zwar zu merken, allerdings kommt auch der Ansatz des neuen Werbekonzeptes nicht wirklich jugendlich sondern - mit Verlaub gesagt - eher ein wenig lächerlich daher. Beim Klick auf die hauseigene Seite www.badischerwein.de singt dem arglosen Netznutzer eine laszive Frauenstimme zur Melodie des 60er Jahre Hits „Summer Wine“ von Nancy Sinatra ihre Begeisterung für den Rebensaft ins irritierte Hörorgan. Das kann´ s noch nicht gewesen sein…
Auf die neuen Konzepte und Ideen beim Badischen Winzerkeller darf nun gespannt gewartet werden, nur um das puschelig- freundliche Sonnenmännchen ist es doch fast ein bisschen Schade.
Autor:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 2943 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 03.09.2010 11:54.

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