Seit dem 01. September 2010 gibt es in Breisach wieder eine neue Stadtführung. Breisacher/Innen wie Besucher (m/w) haben seit letztem Mittwoch Gelegenheit, von der ehemaligen Mätresse und heimlichen Ehefrau des Sonnenkönigs Louis XIV, Françoise D´Aubigné, verkörpert von der Schauspielerin Sybille Kleinschmitt, eine Menge über die bewegte deutsch- französische Geschichte wie über die weit zurückreichende Vergangenheit Breisachs zu erfahren.
Die Marquise, soviel vorweg, hat es wirklich gegeben. Die als Angehörige des niederen französischen Adels geborene Françoise, die im Jahre 1719 im auch für heutige Verhältnisse hohen Alter von 84 Jahren gestorben ist, war die letzte Geliebte Louis´ XIV und „zur linken Hand“, also als nicht standesgemäße Zweit- Ehefrau, mit dem legendären Erbauer des Schlosses Versailles verheiratet. Bis zu seinem Tod im Jahre 1715 hatte der Monarch, dessen wohl bekanntester Ausspruch „L´état, c´est moi!“ als Merkmal der absolutistischen Herrschaftsform in die Geschichtsbücher eingegangen ist, engen Kontakt zur Maintenon gehalten, die stets großen Einfluss auf den König gehabt haben soll.
Davon berichtet, mit „eine leischte französische Acent“, auch Sybille Kleinschmitt an den ersten beiden Tourstationen, dem Marktplatz und dem Specktor. Viel weiß die Mätresse über den Charakter „ihres Königs“ zu berichten, der sich insbesondere durch Menschenkenntnis, scharfen Verstand und Ehrgeiz ausgezeichnet haben soll. Dank seines fotografischen Gedächtnisses war der Herrscher stets in der Lage festzustellen, welcher Adelige nicht auf einem der zahlreichen Hoffeste in Versailles anwesend war, was dem Betreffenden nicht unbedingt zum Vorteil gereichte. Vom Hagenbachturm, hier wird über Ludwigs Aufstieg wie auch über seine königliche Wirkung auf das weibliche Geschlecht berichtet, geht es raschen Schrittes weiter zum Münster. Welcher Ort könnte geeigneter sein, um einen Abriss der Breisacher Stadtgeschichte von der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 369 bis (fast) zum Amtsantritt von Bürgermeister Oliver Rein anno 2006 an den Mann und die Frau zu bringen? Über die Radbrunnenallee folgen in Zeitraffergeschwindigkeit der Radbrunnen, das Kapftor als Trennung von Oberstadt und Unterstadt, und schließlich das Rheintor am Schwanenweiher. Unterwegs gibt´ s alles Weitere von Vauban bis Europaabstimmung in ebenso raschem Tempo: „Excusé Madame, isch bin ein wenisch schwindelisch!“ Ein Rätsel vermag allerdings auch Sybille Kleinschmitt nicht zu lösen: Warum die für das Rheintor bestimmte Steinplatte mit dem Ausspruch Ludwigs „Grenze war ich einst den Gallier, nun bin ich Brücke und Tor, brechen die Gallier durch, nirgends wird Grenze mehr sein“ nie auf dem für sie vorgesehenen Platz über dem Torbogen befestigt wurde. Die Termine der nächsten Führungen gibt es beim Veranstalter unter http://www.freiburg-living-history.de oder bei der Breisach- Touristik (Tel.: 07667/940155). Aber bei der Tour Notizblock und Stift nicht vergessen!
Autor: Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 2952 ISSN 2698-6949)