Hoch hinaus will die SPD nicht nur im Kreis Breisgau- Hochschwarzwald sondern im ganzen „Musterländle“. Zusammen mit Wunschpartner Bündnis 90/ Die Grünen möchte die Partei erstmals seit 57 Jahren einen Regierungswechsel in Stuttgart herbeiführen. Hoch hinaus geschafft hatten es die Verantwortlichen schon mal mit dem Veranstaltungsort, ganze 845 Meter über den Meeresspiegel nämlich, nach Titisee. Rund hundert Parteimitglieder waren ins Kurhaus mit Höhenluft gekommen, um diese zu schnuppern und sich von den Parteioberen die nötige Energie für die kommenden Vorwahlwochen zu holen. Mit Rita Schwarzelühr- Sutter und Gernot Erler, beide Abgeordnete im Deutschen Bundestag, dem SPD- Kreisvorsitzenden Dr. Thomas Mengel, MdL Margot Queitsch und dem Landtagskandidaten für den Bezirk Freiburg I, Hoch- und Südschwarzwald, Walter Krögner MdL, sowie dessen legendärem Vorgänger und Ehrenbürger von Titisee- Neustadt, Gustav- Adolf Haas, war die Parteiprominenz denn auch gut vertreten. Neben dem gewünschten Wechsel im Landtag standen vor allem die Themen Energie, Bildung und soziale Gerechtigkeit auf dem Programm der Redner/Innen.
Keine Demokratie von oben
„Das Ziel für das Jahr 2011 ist ein Wechsel in Baden- Württemberg“, lautete der programmatische Neujahrsgruß von MdB Rita Schwarzelühr- Sutter. Der Wahlsieg von Hannelore Kraft in Nordrhein- Westfalen hat gezeigt, wie das geht, so Schwarzelühr- Sutter: Mit Engagement im Wahlkampf und vor allem Hinwendung zum Bürger.
Das Stichwort Bürgerbeteiligung zog sich denn auch wie ein roter Faden durch die Rede der Diplom- Betriebswirtin aus Lauchringen. Während die CDU „Politik im Alleingang mache“ und Projekte wie Stuttgart 21 mit der Brechstange und den ebenso umstrittenen wie nebulösen Rückkauf von EnBW- Aktien über die Köpfe hinweg durchsetzte, setzt die SPD auf eine Stärkung der Bürgerbeteiligung. „Mitspracherecht ist mehr als Recht“, betonte Schwarzelühr- Sutter beispielsweise auch in Bezug auf die umstrittene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Die CDU habe ihre Glaubwürdigkeit beim Bürger mittlerweile verspielt und damit selbst zur „Chance auf den Wechsel“ beigetragen, schlussfolgerte die Bundestagsabgeordnete.
Energie, Bildung, soziale Gerechtigkeit
Gernot Erler dachte nach eigenem Bekunden zunächst, er hätte sich im Saal geirrt, denn so viele Gäste hatte er auf einer SPD- Veranstaltung nicht erwartet.
„Was lernen wir aus der großen Krise“, so Gernot Erler mit Blick auf die weltweite Wirtschaftskrise. Die Regierung in Bund und Land, dessen war sich Erler sicher, offenbar bestenfalls das Falsche. Neben einem Blick über den Tellerrand auf die globalen Auswirkungen der Krise, forderte der SPD- Politiker für das eigene Land Lohnerhöhungen und insbesondere Mindestlöhne: „Wer anständig arbeitet muss anständig verdienen!“ Dies würde nicht nur zu mehr sozialer Gerechtigkeit sondern auch zu einer Steigerung der Kaufkraft und somit einer Stärkung des Binnenmarktes führen. Ausschließlich auf Export zu setzen, wie bisher von der Koalition praktiziert, hält Erler für den falschen Weg. Mehr soziale Gerechtigkeit forderte Erler auch für das Gesundheitswesen, wo über immer neue Zusatzgebühren die umstrittene Kopfpauschale nun durch die Hintertür kommt. Eine „Drei- Klassen- Medizin“ sei ebenso unvertretbar wie „Steuergeschenke für Besserverdienende“, so Gernot Erler. Auch in Sachen Bildungspolitik wünschte sich Erler mehr Chancengleichheit.
Eine besondere Schelte gab es für die Energiepolitik von Bundes- und Landesregierung. Mit der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke und Milliardeninvestitionen in die vier großen Energieversorgungskonzerne würde kleinen Anbietern und den Produzenten erneuerbarer Energien der Strom abgedreht. Dies führte letztlich nicht nur zu Wettbewerbsverzerrung sondern auch zu Firmenpleiten im Bereich der regenerativen Energieversorgung.
Für Baden- Württemberg wünschte sich Gernot Erler nach dem 27. März eine Politik ohne „Filz und Vetterleswirtschaft“.
SPD: Mehr als nur Bahnhof
Nicht nur bezüglich des „Jahrhundertprojekts“ Stuttgart 21 versteht die SPD „mehr als Bahnhof“, begann der SDD- Kandidat für den Wahlkreis 46, Walter Krögner, seine Ausführungen. „Die Landtagswahl entscheidet mehr als ein Projekt in Stuttgart“, verdeutlichte der diplomierte Forstwirt aus Freiburg. Wie seine Vorredner (m/w) betonte auch Krögner die Bedeutung der Teilhabe der Bürger/Innen. Zum einen der Teilhabe an politischen Entscheidungen in Form von beispielsweise mehr Volksbefragungen. „Hier muss es einen deutlichen Schritt nach vorne geben“, betonte Krögner und wurde dafür mit reichlich Applaus bedacht. Zum anderen der Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung durch eine gerechtere Verteilung von Gewinnen zum Beispiel durch Lohnerhöhungen. Auch eine Preisgerechtigkeit für landwirtschaftliche Produkte, Krögner selbst produziert Weihnachtsbäume wie auch „besonders rote“ (Gernot Erler) Himbeeren, sei wichtig, damit, mittels lebensfähiger Landwirtschaft, „unsere Landschaft so attraktiv bleibt, wie sie ist“.
„Wir können uns selber mit Energie versorgen, denn die Region ist voll mit Energie“, betonte der Kandidat zum Thema Atomausstieg. In Sachen Bildungspolitik wünschte er sich vor allem ein längeres Gemeinsamlernen von Schülern/Innen aller sozialen Schichten vor der „künstlichen Trennung“ in vier Schulzweige.
In Anbetracht des chronischen Geldmangels in Bund und Land zeigte Krögner keinerlei Verständnis für den Nichtankauf der Steuersünder- CD durch die Landesregierung. „Die SPD“, schloss der Freiburger Stadtrat seine Ausführungen, „verspricht nicht, im Himmel ist Jahrmarkt, macht aber eine Politik, wo drin ist, was drauf steht.“
„Wälder wählen Walter“
„Der Wechsel ist möglich!“ Dies ist die Botschaft des Jahres 2010, so SPD- Kreisvorsitzender Dr. Thomas Mengel. Und auch er ließ noch einmal die zentralen Themen Bildung, Energiepolitik und soziale Gerechtigkeit Revue passieren. Vor allem aber sei es Zeit, so Mengel in Bezug auf Krögners Beruf, für einen „roten Förster im schwarzen Wald“.
Mit Grußworten des stellvertretenden Bürgermeisters der gastgebenden Gemeinde Titisee- Neustadt, Bernhard Schindler, und des Krögner- Vorgängers Gustav- Adolf Haas endete der offizielle Teil des späten Neujahrsempfanges. „Nils ist kein Volkstribun“, so Gernot Erler über den Spitzenkandidaten seiner Partei, dem etwas mehr Farbe bis zur Wahl noch gut täte. Und zum Thema „Förster“ hat auch die CDU einen Waldfachmann am Start, den Forstwissenschaftler Dr. Patrick Rapp im Nachbarwahlkreis 48. Es liegt also am viel zitierten Bürger (m/w), ob der Schwarzwald einen roten oder schwarzen Förster verabreicht bekommt!