Bereits auf der Ortschaftsratsitzung in Niederrimsingen Ende Februar hatte das Thema Baggerseeerweiterung hohe emotionale Wellen geschlagen. Denn der See ist in den letzten Jahrzehnten zu weit mehr als einer Kiesgrube geworden. Neben einem besonderen Schutzgebiet für Fauna und Flora erfreut sich die blaue Lagune zwischen Gündlingen und Rimsinger Ei großer Beliebtheit als Naherholungsgebiet. Der Baggersee hat mittlerweile sogar eine Interessenvertretung und mehrere eigene Internetauftritte (
http://baggersee.rimsingen.de, www.rimsingen.de/baggersee). Fakt ist allerdings auch, dass an dem „Arbeitssee“ der Badebetrieb über all die Jahre nur geduldet wurde, offiziell jedoch gar nicht gestattet ist und auch die Konflikte zwischen verpflichtenden Naturschutzmaßnahmen und der Uneinsichtigkeit vieler Badegäste oft zu Problemen geführt haben.
Nichts desto trotz wurde protokollgemäß mit der Bürgerfragestunde (TOP 1) in die Tagesordnung eingestiegen.
Aufgrund jahrelanger, andauernder Sachbeschädigungen würden bei der alljährlichen Revision der Bushaltestellen die in Gündlingen ausgenommen werden, so ein Vertreter des zuständigen Busunternehmens resigniert. Er bat den Ortsvorsteher um ein Gespräch zu diesem traurigen Thema. Walther Ziegler betonte, dass man alle Sachbeschädigungen zur Anzeige gebracht habe und die Polizei ermitteln würde.
Eine Überleitung zum Thema Baggerseeerweiterung kam vom Ortsvereinsvorsitzenden der Gündlinger Landwirte, Andreas Rein. Ihm und seinen Berufskollegen machten die rund 200 Hektar Ausgleichsfläche Sorgen, die für den Weiterbau der B31, die Retention und die geplante Baggerseeerweiterung auf die Landwirte zukommen. „Existenzgrundlagen werden zerstört, landwirtschaftliche Arbeitsplätze vernichtet“, so der Viehzüchter aus Gündlingen besorgt.
Bürgermeister Oliver Rein betonte, dass die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft den gleichen Stellenwert genießen, wie jeder andere Arbeitsplatz auch. „Die Landwirtschaft wird so wenig wie möglich beeinträchtigt werden“, versicherte Breisachs Stadtoberhaupt.
Umwelt, Wirtschaft, Mensch – Interessenkonflikt an der Kiesgrube (TOP 2)
„Viele Belange sind abzuwägen und in einen Konsens zu bringen“, brachte Moderator und Bürgermeister Oliver Rein TOP 2, Informationen zum Planungssachstand Erweiterung der Kiesgrube auf den Punkt. Rein berichtete, dass ihn das Thema seit Begin seiner Verwaltungstätigkeit im Breisacher Rathaus beschäftigt habe. Zwei Punkte seien festzuhalten: Das Baden ist „sehr ungeordnet“ und wird nur geduldet, dennoch ist „vernünftiges Erholung- Suchen o. k.“ Die Stadt sei, so Rein weiter, vor zwei Jahren über das Erweiterungsvorhaben der Firma Hermann Peter KG informiert worden, da die Kiesvorkommen im jetzigen Bereich nur noch für rund zwei Jahre ausreichen würden. Bei einem Scoping- Termin im Landratsamt hatten sich Vertreter aller Belange an einen Tisch gesetzt um alle Faktoren wie Naturschutz, Arbeitsplätze und Naherholungsgebiet unter einen Hut zu bringen. Die Stadtverwaltung unterstützt das Vorhaben der Firma Peter, da am Betrieb mittelbar und unmittelbar rund 400 Arbeitsplätze hängen, betonte der Bürgermeister.
„Die Firma Peter ist in großer Kiesnot“, fasste Thomas Peter die Situation seines Unternehmens zusammen. Aufgrund von Sedimentablagerungen sei weit vor dem eigentlich erwarteten Ende der Kiesförderung ein Abbau im bisherigen Seebereich nicht länger als für weitere zwei Jahre rentabel. Erst kürzlich hatte das Unternehmen, das vor Ort seit 50 Jahren Kies fördert und veredelt, Europas modernsten Schwimmgreifer auf dem See installiert. Die Firma fördert jährlich rund eine halbe Million Kubikmeter Kies, der teilweise zu Beton, Edelsplitt und Straßenbaumischungen verarbeitet wird und weltweite Vermarktung findet.
Technische Details und Trinkwasserschutz
Der erste Referent des Abends, der technische Leiter des Vorhabens, Dipl. Ing. Thomas Corbe, erläuterte anschließend die geplante Erweiterung. Die 2004 berechnet Fördermenge, so Corbe, könne nicht erreicht werden, so dass mit dem Kiesabbau auf dem bisherigen rund 90 Hektar großen Areal Ende 2012 Schluss sei. Für die geplante rund 25 Hektar große Erweiterung habe man alle Varianten geprüft, betonte Corbe. Eine Süd- Ost- Erweiterung wurde wegen unklarer Eigentumsverhältnisse und zu geringer Kiesvorkommen ad acta gelegt. Der westliche Seebereich ist bereits für ein Familien- und Freizeitzentrum verplant und ein weitere Abbau in die Tiefe durch Sedimentablagerungen ausgeschlossen. In zwei Stufen sollen nun auf der nördlichen Seeseite Abbaugebiete erschlossen werden, die eine Kiesförderung bis ins Jahr 2050 sicherstellen sollen. Im Rahmen eines großen Untersuchungsprogramms, an dem Limnologen und Hydrogeologen beteiligt sind, wird sichergestellt werden, dass die Trinkwasserversorgung der Anliegergemeinden nicht gefährdet wird, versicherte Corbe. Auch wenn nach bisherigem Kenntnisstand keine Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität zu erwarten seien, würde auch nach Alternativen für die Gündlinger Wasserversorgung gesucht.
Beeinträchtigungen auf „Schutzgüter“
Über weitere „Hausaufgaben“, die man vom Landratsamt bekommen hatte (Oliver Rein), nämlich die Umweltverträglichkeitsprüfung und die geeigneten Ausgleichsmaßnahmen sowie die KABA- Studie (Konfliktarmer Baggersee) referierte der Biologe Andreas Ness, der Fauna und Flora des Sees bestens kennt. „Erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgüter sind zu erwarten“, so Ness über die Folgen der Erweiterung. Unter Schutzgütern versteht der Fachmann den Menschen, Fauna und Flora, den Boden, das Wasser sowie das Landschaftsbild. Auswirkungen der Pläne sind unter anderem das Verbleiben eines „großen Wasserkörpers“, des Baggersees nämlich. Hier gilt es insbesondere auf eine stabile Wasserqualität zu achten. Ein zweiter Gesichtspunkt sind Zu- und Abstrom des Grundwassers, wozu etliche Brunnen im Umfeld des Gebietes untersucht werden. Drittens geht durch den „Wasserkörper“ Boden verloren. Diese „Bodenwerte“ können in Euro umgerechnet und anderweitig in Schutzmaßnahmen investiert werden. Auf dem verlorenen Boden wohnen im Falle des Rimsinger Sees der „Blaustern“, das „Grüne Besenmoos“ etliche Vogelarten sowie Reptilien und Amphibien und wahrscheinlich auch die extrem geschützten Fellträger Wildkatze und Haselmaus. Auch muss für jeden Quadratmeter abgeholzten Wald anderswo ein Quadratmeter neu angepflanzt werden, so das Landeswaldgesetz. Um aber auch dem Umweltschutzgesetz genüge zu tun, kann dieser Ausgleich nicht an beliebiger Stelle erfolgen, da man Wildkatze und Haselmaus einen weitern Umzug ersparen möchte. Der „Blaustern“ und das „Grüne Besenmoos“ haben, da von Natur aus sehr statisch, ohnehin eher schlechte Karten.
Verfahrensablauf
Rechtsanwalt Dr. Volker Stehlin, der dritte Referent, erläuterte den Verfahrensablauf der Seeerweiterung. Zunächst wiederholte er aber, was vor ihm schon Thomas Peter versichert hatte: Beim Verfahrensablauf würde auf Information und Transparenz gesetzt. Bei einer Für Mai geplanten Informationsveranstaltung auf dem Geländer der Firma Hermann Peter KG wird die Bevölkerung eingeladen, um sich grundlegend über die Pläne zu informieren. „Wir haben nichts zu verbergen und sind zum Dialog bereit“, so Fachanwalt Stehlin. Im September 2010, so die kurzfassung der bisherigen Verfahrensschritte, hatte die Firma den Erweiterungsantrag beim zuständigen Landratsamt eingereicht, und man hatte erste Gespräche geführt. Beim so genannten Scoping- Termin waren Fragen abgeklärt und Aufgaben an den Planer gestellt worden, die im Wesentlichen die Bereiche Natur- und Trinkwasserschutz betreffen. Im Planfeststellungsbeschluss wurden die Träger öffentlicher Belange, Gemeinden und Behörden, einbezogen. Im Anschluss an die Erledigung der „Hausaufgaben“ wird dem Landratsamt ein neuer Bericht vorgelegt, der wiederum an die Träger öffentlicher Belange geht. „Wir sind noch früh im Verfahren, hoffen aber, dass wir durchkommen“, schloss der Anwalt. Als „große Sache“ bezeichnete Breisachs Bürgermeister den „geregelten Badebetrieb“ mit Müllentsorgung und Toiletten der mit Abschluss der Planung für das Westufer des Sees vorgesehen ist.
Sorgen bereiteten allen Anwesenden neben dem Grundwasserschutz die Beschaffung von rund 25 Hektar Ausgleichsfläche, von der auch keiner der versammelten Experten wusste, wo man sie hernehmen soll. Eine Fragestellung, auf die idealer weise vor der geplanten Erweiterung eine allen „Schutzgütern“ gerechte Antwort gefunden werden sollte.
Unter TOP 3: Verschiedenes vermeldete Ortsvorsteher Walther Ziegler, der nun die Hoheit im Gemeindesaal zurückerlangt hatte, die Spende zweier Ruhebänke durch den Schwarzwaldverein, die anfallende Dachsanierung am Friedrich- Fröbel- Kindergarten und irgendwelche Deppen, die sie liebevoll von den Landfrauen rund um das Feuerwehrhaus gepflanzten Blumen abgeschnitten hatten. Vielleicht ja Seelenverwandte der blödsinnnigen Bushaltestellendemolierer.