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Breisach
Dienstag, 24. Dezember 2024
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Beschluss unter Beschuss - Bauvorhaben „Kettengasse“ beschäftigt Bürger/Innen

Bauvorhaben Kettengasse: Flachdachvariante endgültig abgelehnt! (Bild: Treubau AG)

Eine „Fragehalbestunde“ hat die Breisacher Gemeinderatssitzung am Dienstag, den 21. September 2010, eröffnet. Anwohner/Innen der Kettengasse und Mitglieder der neu gegründeten BI „ Pro Bebauungsplan Münsterberg“ nutzten die Bürgerfrageviertelstunde, um ihrem Unmut über das umstrittene Wohnhausprojekt in Breisachs Oberstadt und seine möglichen Folgen für die Anlieger aber auch das Bild der oberen Altstadt Luft zu machen. Daneben verblasste die übrige Tagesordnung, die sich unter anderem mit der Schulverpflegung, der Einführung der getrennten Abwassergebühr und dem Bericht über die Haushaltslage 2010 beschäftigte. 

Frageviertelstunde für Bürger/Innen (TOP 1): Bausünde oder Bauhaus?

Fast 300 Unterschriften hat die Bürgerinitiative „Bebauungsplan Münsterberg“ bereits gegen das Bauprojekt der Treubau AG in der Oberstadt gesammelt. Die Freiburger Baugesellschaft, die in Teilen auch für die Bebauung des Areals „Alter Winzerkeller“ verantwortlich zeichnet, plant in der Kettengasse zwei dreigeschossige Wohnhäuser modernster Architektur. Die Baugenehmigung sei durch das Landratsamt noch nicht erteilt worden, so eine Dame von der frisch gegründeten Bürgerinitiative. Diese hat sich inzwischen Verstärkung durch einen Fachanwalt für Baurecht geholt und entsprechende Unterlagen gegen das Neubauvorhaben bei der Genehmigungsbehörde eingereicht. „Breisach muss seinem historischen Erbe gerecht werden“, forderte ein anderer Bürger. Das „besondere Ensemble“ der Oberstadt würde, so der Redner weiter, durch den Neubau empfindlich gestört. Außerdem habe man seitens der Treubau AG mit einer nicht maßstabsgerechten „Reklame“ die Bürger/Innen über die wirklichen Ausmaße der geplanten Gebäude getäuscht. Die Bemühungen, das gemeindeeigene Grundstück an einen Investor mit „passenden Plänen“ zu verkaufen, seien zudem von Seiten der Stadt nicht genug ausgeschöpft worden, so der enttäuschte Breisacher weiter. Laut § 34 Baugesetzbuch müssen Gebäude in Gebieten ohne festen Bebauungsplan, um ein solches handelt es sich beim Münsterberg, dem so genannten „Einfügungskriterium“ genügen. Dies besagt, dass sich Neubauten in die bestehende Bebauung einfügen müssen. Dieses Einfügen, so der Redner weiter, sehe er jedoch bei dem geplanten massiven Flachdachbau nicht gegeben. Bedauern wurde seitens der Bürgerinitiative auch darüber geäußert, dass die Gemeinderatsmitglieder der Einladung zu einer Ortsbegehung nicht nachgekommen waren. Ein dritter Redner beklagte, dass bereits durch die während der Abbrucharbeiten entstandenen Erschütterungen Schäden an seinem Haus zu beklagen seien. Beim Münsterberg handelt es sich aufgrund der zahlreichen, teils dreigeschossigen Unterkellerungen auch in dieser Hinsicht um ein baulich höchst sensibles Gebiet. Von Seiten der Treubau AG allerdings werde nun behauptet, dass alle gemeldeten Schäden bereits bestanden hätten. Der Eigentümer wäre nun angehalten, das Gegenteil zu beweisen. Ein Ding der Unmöglichkeit, da er ja nicht zuvor sein ganzes Haus fotografiert hätte. Für die weiteren Baumaßnahmen nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme, so der entrüstete Mann, der sich von der Stadt Unterstützung erbat. Wasserschäden in ihrem Keller beanstandete eine Anwohnerin der Fischerhalde. Zwar habe die Stadt schon Wasserproben genommen, sie habe jedoch auch auf mehrfaches Nachfragen noch keine Auskunft über die Herkunft des Wassers erhalten. Eigene Nachforschungen hätten allerdings ergeben, dass es sich im Wesentlichen um überschüssiges Regenwasser aus der Oberstadt handelt, deren Abwasserleitungen überlastet sind. Eine Situation, die sich durch einen Neubau eher noch verschlechtern wird.
Eine Vorlage zum Thema „Stadtbild“, denn hier hapere es nicht nur auf dem Münsterberg, kündigte ein Mitglied des Breisacher Geschichtsvereins an.
Bürgermeister Oliver Rein bedankte sich zunächst für die „engagierten Wortmeldungen“, im Volksmund auch Beschwerden genannt. „Leichtfertig hat es sich hier keiner gemacht“, stellte sich das Stadtoberhaupt vor seine Gemeinderäte/Innen und seine Verwaltung. Die Thematik „Kettengasse“ hätte bei so manchem zu „Schlafstörungen geführt“ und alle Beteiligten seien sich der „historischen Verantwortung“ bewusst. Die Vermarktung des Standortes der alten Aula des Theresianums sei planmäßig verlaufen. Im Bauausschuss seien mehrere Bebauungsvarianten vorgestellt worden, und sowohl der Bauausschuss als auch der Gemeinderat hätten sich mehrheitlich für die Flachdachvariante ausgesprochen. Der Bürgermeister erklärte sich bereit, mit den Baugegnern und einem externen Fachmann über „Bausünden“ zu reden, von denen es aber, so Rein, auf dem Münsterberg viele gäbe. Dies läge, wie auch die Auslegung von § 34 im Auge des Betrachters. „Äußerst ernst“, nimmt der Bürgermeister die Schäden an bestehenden Gebäuden. Diese würden von der Treubau AG aufgenommen und sorgfältig archiviert, versprach Rein. Um die besondere Situation auf dem Münsterberg zu begutachten sei zudem bereits vor Beginn der Abbrucharbeiten ein Geologe hinzugezogen worden. Der geschädigte Hausbesitzer allerdings hatte sich im Gespräch davon überzeugt, dass zumindest bei der Abbruchfirma niemand über die besonderen Gegebenheiten auf dem Münsterberg unterrichtet worden war. Auch wenn der „Gestaltungsplan für die Breisacher Oberstadt“ von 1958 - ähnliche Nachkriegspläne gibt es in vielen deutschen Städten und Gemeinden - laut Rein keine Rechtsverbindlichkeit hat, darf gespannt abgewartet werden, was aus dem klotzigen Bauvorhaben in der Kettengasse wird.
 
In seiner nichtöffentlichen Sitzung (TOP 2) vom 27. 07. 2010, hatte der Gemeinderat beschlossen, zwei verdiente Feuerwehrmänner zu Ehrenmitgliedern zu ernennen.
 
Der Änderung der Benutzung- und Kostenordnung für die Spitalkirche (TOP 3) wurde ohne Gegenstimmen zugestimmt. Die Spitalkirche, die im Wesentlichen für Kunstausstellungen und kulturelle Veranstaltungen genutzt wird, soll im Gegensatz zu den anderen Breisacher öffentlichen Hallen und Sälen verstärkt auch Nutzern aus dem Umland zur Verfügung stehen.
 
Schulverpflegung Ganztagsschulen (TOP 4): Frisch und gesund!
Da die Mensa der Breisach Ganztagesschulen sich noch im Bau befindet, werden die bisher rund 80 Nutzer/Innen des schuleigenen Mittagstisches derzeit in einem Provisorium verpflegt. Die Mahlzeiten liefert seit Juni dieses Jahres ein Breisacher Restaurant nach dem System „cook & hold“. Diese natürlich englische Begrifflichkeit bedeutet, dass die Speisen in der Restaurantküche weitgehend fertig gekocht und in Thermobehältern in die Schulräumlichkeiten transportiert werden. Lediglich kleinere Zubereitungsschritte erfolgen noch vor Ort. In der Mensa werden zukünftig täglich rund 300 Mahlzeiten ausgegeben werden. Verwaltung und die AG- Schulverpflegung haben sich im Rahmen einer Ausschreibung auf die Suche nach einem Lieferanten für das Schuljahr 2011/12 gemacht. Voraussetzung war neben der Anlieferung nach dem „cook & hold“- Prinzip, dass die Auftragnehmer nur den Verantwortungsbereich der Lieferung beziehungsweise Abholung übernehmen. Die Stadt übernimmt mit eigenem Personal alle weiteren Aufgaben wie Essensausgabe und Bereitstellung eigener Räumlichkeiten, ab Frühjahr 2011 nämlich die neue Mensa. Mit einem Preis von 3, 60 Euro pro Mahlzeit hatte der bisherige Lieferant das günstigste Gebot abgegeben.
Nicht gerade günstig erschien das Angebot Ulrike Maier- Hänle (SPD), die sich in zahlreichen Schulmensen kundig gemacht hatte. Hier werde das Essen nicht nur günstiger angeboten, sondern vom Lieferanten teilweise auch das Personal gestellt. Apotheker Rudolf Gnädinger (CDU) wollte wissen, ob gewährleistet sei, dass die Ernährung auch vernünftig zusammengesetzt ist und nicht „jeden Tag Pommes und Ketschup“ auf den Tisch kommen. Ob es denn seitens der Stadt eine Qualitätsprüfung geben werde? Fraktionskollege Jörg Leber interessierte die zusätzliche Arbeitsbelastung für die städtischen Angestellten. Die Prüfung der Qualität der Mahlzeiten übernehmen zunächst einmal die, die diese „einnehmen“, so Bürgermeister Oliver Rein. Hauptamtsleiter Harald Bitzenhofer ergänzte, dass sich die Stadt von der „Schulverpflegungsstelle Baden- Württemberg“ über Qualitätsstandards habe informieren lassen. Rund 15. 000 Euro im Jahr würden für die beiden Mitarbeiter anfallen, die die Stadt für die Essensausgabe einsetzt, diese Mehrkosten würden aber durch eine Ersparnis bei der Mehrwertsteuer gemildert, rechnete Bitzenhofer vor. Da „die Mädels meistens nicht mehr wollen“, gäbe es neben zwei Menüs auch täglich ein Salatbuffet. Neben dem Gesundheitsaspekt berücksichtigt der Lieferant auch religiöse Gepflogenheiten in der Zusammenstallung des Speiseplans. Da der Vertrag immer nur für ein Schuljahr abgeschlossen wird, waren sich die Gemeinderäte/Innen schließlich einig, dem lokalen Lieferanten für ein Jahr ihr Vertrauen auszusprechen.
 
Einführung der gesplitteten Abwassergebühr (TOP 5): Gemeinschaftliches Befliegen
Die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden habe, so Harald Bitzenhofer, was die kosten für die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr anging, eine Menge Geld gespart. Die Befliegung zur Flächenermittlung schlägt für die Stadtkasse dennoch mit rund 44. 000 Euro zu Buche. Noch einmal knapp 25. 000 Euro kommen für die Leistung eines auf die Gebührenermittlung spezialisierten „Büros für kommunale Fragen“ dazu. Es wäre schön, so CDU- Fraktionsvorsitzender Andreas Fleig, wenn es auch in anderen Bereichen zu mehr interkommunaler Zusammenarbeit käme.
 
Haushaltlage 2010 (TOP 6): Insgesamt zufrieden stellend
Erfreuliches hatte Stadtkämmerer Konrad Schanno dem Gremium zu berichten. Im Gegensatz zur Beschlussfassung hat sich die Situation des Verwaltungshaushaltes der Stadt Breisach teilweise erheblich verbessert. War man beim Beschluss des Haushaltes 2010 noch von einem Minus von 1. 247. 000 Euro beim Verwaltungshaushalt ausgegangen, erscheint es nun im Bereich des Möglichen, diesen auszugleichen. Mehreinnahmen von rund 1, 6 Millionen Euro, davon rund 50% aus der Gewerbesteuer so wie Minderausgaben von zirka 300. 000 Euro machen dies möglich. Voraussetzung hierfür ist aber, so Schatzmeister Schanno, dass es zu keinen erheblichen Einbrüchen der Gewerbesteuer kommt.
„Insgesamt zufrieden stellend“ ist laut Konrad Schanno auch die Situation des Vermögenshaushalts der Europastadt. Statt eines erwarteten Kreditbedarfs von
3. 357000 Euro ist augenblicklich „nur“ noch mit rund 2 Millionen Euro neuer Schulden zu rechnen. Diese Entwicklung ergibt sich, erläuterte Schanno, vor allem daraus, dass aus dem Vermögenshaushalt wider Erwarten nichts an den ausgeglichenen Verwaltungshaushalt zugeführt werden muss. Dennoch, mahnte der Finanzexperte eine weiterhin „restriktive Sparpolitik“ an.
Im Namen seiner Kollegen/Innen bedankte sich Rudolf Gnädinger (CDU) bei der Stadtverwaltung und vor allen Dingen beim langjährigen Kämmerer Konrad Schanno für die gute Arbeit, die es überhaupt erst ermögliche, dass „der Rat noch handeln kann“. Im Namen der Unternehmer dankte Unternehmer Werner Schneider (FDP) den Unternehmern, die in Breisach investiert haben. Die Gemeinderäte/Innen nahmen den positiven Schlusspunkt einstimmig zur Kenntnis. Das dicke Ende der Sitzung hatte man ja bereits zu Beginn des Abends hinter sich gebracht.
Autor:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 3191 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 23.09.2010 11:04.

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