Regionalia
Breisach
Freitag, 15. November 2024
ISSN 2698-6949
www.Regionalia.de/breisach
Zeitungen+Fernsehen für freies Wissen und wahre Information

Leser-Optionen

Artikel vorschlagen

NEU: 1-Klick Abo

Benutzer-Optionen

Services

 Service      Kontakt
  RSS     Impressum & Datenschutzerklärung
  Übersetzen

             

Weitere Ausgaben

DIE MODERNE ZEITUNG
Regionale Online-Nachrichten

Fremde Anzeigen

Noch kein Kommentar. Ersten Kommentar schreiben
News

Lachen, Fühlen, Wiederfinden - Mit „Frau Blume“ im Breisacher Seniorenpflegeheim „Kaiserstuhl“

"Frau Blume" besucht das Pflegeheim "Kaiserstuhl" in Breisach (Bild: J. W. Steckmeister)

Am 21. September 2010 war Welt- Alzheimertag. Morbus Alzheimer ist die Bekannteste unter den so genannten Demenzerkrankungen, die vorwiegend bei älteren Menschen zum fortschreitenden Verlust des Gedächtnisses führt. REGIONALIA- Breisacher Nachrichten besuchte zusammen mit der Sozialpädagogin Margrita R. Wahrer alias „Frau Blume“ das Breisacher Pflegeheim „Kaiserstuhl“. Hier leben rund 50 vorwiegend demenzkranke Menschen. Die Clownin mit der roten Nase schafft es mit ihrer unbedarften, vorbehaltlosen Art, zu den Heiminsassen/Innen einen ganz besonderen Kontakt herzustellen. 

„Gell, Sie haben doch einen Hund“, ruft eine ältere Dame, als Margrita R. Wahrer, die die Heimbewohner/Innen nur als „Frau Blume“ kennen, den Aufenthaltsraum betritt. Jetzt muss auch Frau Wahrer einen Augenblick nachdenken. Tatsächlich hatte sie vergangenen Monat einen Hund dabei, als sie das Pflegeheim besuchte. Aber im Gegensatz zur demenzkranken Patientin hatte sie das für einen Moment glatt vergessen. Nicht alle der Patienten/Innen, die bei Kaffee und Kuchen im Aufenthaltsraum sitzen, zeigen gleich zu Beginn Interesse an der fröhlichen Frau mit der roten Nase und der großen Stoffblume im Haar. Andere jedoch scheinen die Clownin bereits sehnsüchtig erwartet zu haben. Und weil heute auch noch einer von der Zeitung da ist, zumal mit großer Kamera bewaffnet, werden aus einigen Patientinnen im Hand umdrehen junge Mädchen, die möglichst vorteilhaft in die Kamera blicken wollen. „Frau Blume“ steigt gleich auf das Thema ein und bewundert neidvoll den Nagellack einer der Damen. Klar, dass sie so was auch haben will. „Leider nein!“ Pflegerin Elvira schüttelt lachend den Kopf, denn Nagellack hat sie keinen dabei. Aber einen roten Filzstift, den kann sie „Frau Blume“ anbieten. Und weil der Kaffeegast sich so ungeschickt anstellt, beim Fingernägellackieren, helfen zwei der Bewohnerinnen auf Nachfrage der schönheitsbewussten Clownin sofort tatkräftig mit. Einige Patientinnen öffnen sich erst langsam, um mit der bunt gekleideten Frau, die von Tisch zu Tisch geht, ein paar Worte zu wechseln. Wo denn der Hund sei, will die Dame vom Anfang wissen. Den hat sie immer noch nicht vergessen, sogar haargenau beschreiben kann sie ihn. „Frau Blume“ erklärt, dass es sich nur um einen geliehenen Hund gehandelt hat. Die Enttäuschung ist merkbar, aber ein Foto gemeinsam mit der Clownin ist immerhin eine kleine Entschädigung. Einer weiteren Patientin ist der ganze Rummel zu viel. Sie beschwert sich über die Lautstärke im Raum. Aber Margrita R. Wahrer beherrscht auch die leisen Töne. Und die Diplom Sozialpädagogin mit Schauspiel- und Clownausbildung ist auch professionell und sensibel genug, um zu wissen, wen sie lieber ganz in Ruhe lässt. Die Verfassung der Patienten/Innen schwankt von Tag zu Tag. Manche sind auch zunehmend weniger ansprechbar. Bettlägerige Patienten/Innen besucht Margrita R. Wahrer auf Wunsch in ihren Zimmern. Hier aber soll die Kamera draußen bleiben. Einige Patienten/Innen, so die Clownin, hat sie bis kurz vor ihrem Tod begleitet. Manche sind ihr über die Jahre ans Herz gewachsen. Der Besuch der Clownin ist eine willkommene Abwechslung im sonst durchorganisierten Tagesablauf der Heimbewohner/Innen. Denn feste Termine geben Halt in einer Welt, die nach und nach zu verschwinden droht. Neben allerlei Piktogrammen sind Orte und Veranstaltungen teilweise in „Sütterlin“ geschrieben. Auch die alte Schrift soll Erinnerungen wecken. Aber eine Schauspielerin, die mit Demenzkranken arbeitet?! Bringt das was? Eine der Pionierin der Arbeit mit Demenzkranken ist die deutsch- amerikanische Gerontologin und Sozialpädagogin Naomi Feil. Insbesondere für das Personal in Pflegeheimen mit Demenzpatienten entwickelte Feil die Methode der „Validation“. Grundsatz dieser „Umgangsmethode“ ist die Feststellung, dass auch alte, verwirrte Menschen würdevolle Individuen sind, die es mit Achtung und Respekt zu behandeln gilt. Dies soll sich nach Feil auch in der Kommunikation mit Demenzpatienten niederschlagen, indem man ihnen zuhört und auf „ihre Themen“ eingeht, auch wenn viel des Gesagten für den gesunden Menschen vielleicht unsinnig erscheint. Dieses Talent hat Margrita R. Wahrers Kunstfigur „Frau Blume“. Kein Wunder eigentlich, denn auch die berühmte Naomi Feil ist im Drittberuf Schauspielerin.
REGIONALIA- Breisacher Nachrichten dankt Margrita R. Wahrer, den Patienten/Innen und Pflegern/Innen des Pflegeheims „Kaiserstuhl“ und Heimleiter Volkhard Schmalenbach.
 

Autor:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 3253 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 04.10.2010 16:27.

  Artikel drucken (Druckansicht)
 Artikel per Email weiterempfehlen
 Anonymer Hinweis zum Artikel
 Artikel verlinken
Artikel zu Social-Bookmarking-Diensten hinzufügen:
| Mehr


Schöööne Fingernägel! "Frau Blume" staunt (Bild: J. W. Steckmeister)  

Nagelprobe Teil 2 (Bild: J. W. Steckmeister)  

Eine Clownin kommt selten allein! Das Duo Margrita und Elvira (Bild: J. W. Steckmeister)  

Wo ist der Hund? "Frau Blume" hat´ s vergessen (Bild: J. W. Steckmeister)  
   
 

Um Kommentare zu schreiben müssen Sie angemeldet sein.

0 Kommentar(e)

 


Seitenanfang

© 2009-2021 Regionalia – Regionale Online-Nachrichten – Zeitungen+Fernsehen für freies Wissen und wahre InformationImpressum & Datenschutzerklärung

15.11.2024 08:08:41
Ihre IP-Adresse: 3.128.199.6