Nachdem alle Räte/Innen, Stadtangestellten und Zuschauer/Innen im Gündlinger Gemeindesaal Platz genommen hatten, eröffnete Breisachs Bürgermeister Oliver Rein die erste Sitzung des neuen Jahres.
Wer ist der Chef? – TOP 1: Bürgerfragestunde
Ein Bürger, dem offenbar der Kragen platzte, wollte wissen, warum erstens, die Gemeinderatssitzung nicht angekündigt worden war, zweitens, wer denn Chef bei der „Chefsache“ Radwegverbindung zwischen Gündlingen und Ihringen ist und drittens, warum in Gündlingen trotz Anti- Schilderwaldverordnung rund um die Malteserhalle neue Schilder aufgestellt worden waren.
Bürgermeister Rein betonte, dass die Sitzung in der Badischen Zeitung und im Rathausschaukasten angekündigt worden wäre, dass er sich für den Radwegbau „federführend einsetzten“ werde und dass die Schilderthematik in Gündlingen sowohl von der Stadt als auch vom Landratsamt nochmals geprüft werden würde.
Was wird aus „Villa Sperlingslust“? – TOP 2: Beschlüsse aus der nichtöffentlichen Sitzung vom 14. 12. 2010
Mit vier Themen hatte man sich auf der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderates im Dezember befasst: Der Niederschlagung (= Verzicht auf Eintreiben von Steuerforderungen wg. geringer Erfolgsaussichten) von Gewerbesteuerforderungen, dem Abschluss des städtebaulichen Vertrages zur Nachnutzung des Areals „Alter Winzerkeller“, der Verleihung der Ehrenmedaille der Stadt an vier verdiente Bürger/Innen (s. Neujahrsempfang) und schließlich dem Verkauf des alten Polizeireviers an der Bahnhofstraße. Wer der glückliche neue Besitzer der „Villa Sperlingslust“ ist, wurde allerdings nicht preisgegeben.
„Breisacher Liste“ bleibt weiter Planungsgrundlage - TOP 3: Fortschreibung des Märktekonzeptes
„Nicht reagieren, agieren“, so Bürgermeister Oliver Reins ebenso knappe wie griffige Begründung des Märktekonzeptes für die Stadt Breisach. Die Veränderungssperren, die augenblicklich für etliche Breisacher Gebiete verhängt worden sind, dienen in erster Linie dem Zeitgewinn bis zur endgültigen Fertigstellung des neuen Märktekonzeptes, ergänzte Rein. Denn nur über die Steuerungsmöglichkeit anhand der „Breisacher Liste“, erläuterte Bauverwaltungsamtsleiter Florian Herth, ist eine Überarbeitung derzeitig gültiger Bebauungspläne unter Berücksichtigung der Interessen der bestehenden Einzelhandelsbetriebe und der Stadtstruktur rechtlich überhaupt machbar. Aus diesem Grund hatte die Stadt bereits im Jahr 2007 die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) mit der Fortschreibung des 1999 begonnenen Märktekonzeptes beauftragt. Von der GMA war Silke Schüler nach Gündlingen gekommen, um die neusten Studienergebnisse vorzustellen.
Wo kann man sich was vorstellen, stellte Frau Schüler die Leitfrage der Studie vor, die neben diesem Aspekt selbstverständlich auch den Regionalplan und das Landesentwicklungsprogramm (LEP) mit in den Fokus genommen hat. Im Vergleich mit ähnlich großen Mittelzentren, so das erste Studienergebnis, ist Breisachs „Austattung sehr ordentlich“, so die Diplom Sozialökonomin. Breisach hat bereits eine sehr hohe Marktabdeckung, so dass „Neues verträglich sein muss“ betonte die Expertin für Standortfragen weiter. Oberziele seien hier die Sicherung der gesamtstädtischen Versorgungssituation, die Attraktivitätssteigerung bestehender Angebote in der Innenstadt sowie die Schließung von Branchenlücken, die, von einem Elektromarkt einmal abgesehen, in Breisach aber eher kein Thema sind.
Eine belebte Innenstadt und eine sinnvolle Belegung der Randlagen anhand der Teilung in „zentrenrelevante“ und „nicht- zentrenrelevante“ Waren, ein schlüssiges Sortiments- und Standortkonzept, fasste Frau Schüler zusammen, bieten Investitionssicherheit, beugen dem Bedeutungsverlust der Innenstadt vor und geben zudem der Verwaltung ein brauchbares Steuerungselement an die Hand.
„Was soll denn da noch alles kommen und wozu“, wollte Jörg Leber anhand der guten Ergebnisse für Breisachs Versorgungslage wissen und „bohrte damit mit dem Finger in der Wunde“ (Silke Schüler). Es ginge, so die Marktanalystin eben genau darum zu fragen ob a) Neuansiedlungen eher Schaden oder Nutzen brächten und b) mehr um ein Verbessern als um ein Vergrößern des Angebotes in der Stadt.
„Es gilt genau hinzusehen“, mahnte abschließend auch Bürgermeister Rein. Die Fortschreibung des Märktekonzeptes samt „Breisacher Sortimentsliste“ zum genau Hinsehen wurde einstimmig beschlossen.
Antrag abgelehnt! - Keine Mehrheit für Grundstückserwerb auf dem Areal „Alter Winzerkeller“ (TOP 4)
Der Witz bei einer „unrentierlichen Maßnahme“ ist ihre Unrentierlichkeit. Wenn ein Vorhaben also richtig unrentierlich ist, gibt es für Städte und Gemeinden Zuschüsse vom Land. So geschehen beim Abbruch der Gebäude des „Alten Winzerkellers“, der Stadt und Land insgesamt 1, 1 Millionen Euro gekostet hat. Rund ein Drittel der Riesensumme war jedoch trotz fließender Fördermittel noch von der Stadt zu tragen gewesen. Rein rechnerisch wäre die Maßnahme also selbst dann noch unrentierlich, wenn mit einem eventuellen Grundstücksanteil ein Gewinn von etwa 390. 000 Euro erzielt werden könnte. Denn eine Null ist kein Gewinn - nur eben auch kein Verlust.
Die SPD- Fraktion im Stadtrat hatte den Antrag gestellt, ein Teilgrundstück des Areals zu kaufen, um den pekuniären Verlust der Stadt durch eine Selbstvermarktung wieder auszugleichen. Aus Angst vor einem eventuellen Gewinn und der damit verbundenen Rückzahlung von Fördermitteln hatte die Stadtverwaltung sich jedoch gegen den Antrag ausgesprochen. Auch Eric Karle (ULB) sah auf die Stadt durch eventuell einzurichtende Lärmschutzmaßnahmen für das betreffende Grundstück nur „Ärger zukommen“.
Während sich die sechsköpfige SPD- Fraktion und die ULBler Thierry Casetou und Anton Siegel für den Grundstücksankauf aussprachen, stimmten die restlichen Gemeinderatsmitglieder dagegen.
Dass die Stadt von vornherein einen Grundstücksanteil im Verkaufswert der geleisteten Ausgaben entweder vom Investor oder vom Alt- Eigentümer für die Stadt hätte in Anspruch nehmen können, um ganz unrentierlich bei 0 zu landen, steht auf einem anderen Blatt.
Bauen wo Platz ist! – Satzungsbeschluss für Bebauungsplan „Alter Winzerkeller“ (TOP 5) kontrovers diskutiert
„Qualitätvolle Architektur im Stadtkern von Breisach“, fasste Stadtplaner Dr. Bernd Fahle einmal mehr das geplante Neubaugebiet auf dem Areal des „Alten Winzerkellers“ zusammen. Im Anschluss an die Offenlage hatte es keine Bürgerproteste gegeben, was, so Fahle, daran liegt, „dass das Konzept gut ist.“ Die Stellungnahmen von Behörden und Trägern öffentlicher Belange sowie von Bürgern/Innen zum Bauvorhaben stellte Fahle anschließend vor. Auch hier hatte es „nur wenige kritische Äußerungen“ insbesondere bezüglich des Grundwasserschutzes und des Lärmschutzes gegeben. Sichergestellt werden muss zum einen, dass der Bauschutt, mit dem die Keller zum Teil verfüllt werden, nicht schadstoffbelastet ist und zum anderen, dass eventuelle Lärmemissionen durch die angrenzenden Gewerbebetriebe „an der Quelle“ eingedämmt werden.
Auf die Frage von Werner Schneider (FDP), was denn auf die Anliegerbetriebe zukäme, wenn sich diese verändern wollten, fand Bernd Fahle klare Worte: „Wohnen wird an diesem Standort dominieren.“ Die Städte der Zukunft, so der Fachmann aus Freiburg, sollten wieder mehr der Mischnutzung zugeführt werden. „Stark emittierendes Gewerbe muss dann an den Rand gehen“, erläuterte der Stadtplaner.
Bedenken ob zu geringer Weg- und Straßenbreitenbemessung sowie Kurvenradien beispielsweise für den öffentlichen Weg entlang der Stadtmauer oder den geplanten neuen Kreisverkehr an der Kupfertorstraße hatte Breisachs ehemaliger Tiefbauamtsleiter Horst Wolf geäußert. Dessen Bedenken konnte sich Lothar Menges (SPD) nur anschließen, der des „Rumgeeiers“ bezüglich der Wolfschen Stellungnahme ohnehin merklich leid war. Auch bei den geringfügigen Umplanungen in Form von Wintergärten an zwei Eckhäusern und damit verbundenem Stellplatzschwund sowie der wegfallenden Grünfläche, die ursprünglich am Rand des Kreisverkehrs vorgesehen war als auch nicht zuletzt an „abgesenkten“ Bordsteinen entlang der Gehwege, wurde der Grundgedanke des Planes deutlich: Soviel Wohnraum wie möglich auch zu Ungunsten von Parkflächen oder öffentlichem Raum und soviel Parkraum wie möglich auch zu Ungunsten von Raum für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer oder Grünflächen. Eigentlich nichts wirklich Neues in dieser Welt, denn „die Erfahrung zeigt, dass Fahrzeuge da sind“ (Fahle) und die Logik lehrt, dass Immobilien rentierlicher sind als unbebaute Grünflächen oder breite Spazierwege. Lothar Menges allerdings bekundete jedoch, dass er die Welt nicht mehr versteht. Zumindest hier schloss sich Bürgermeister Rein seinem Stellvertreter Menges partiell an: Er versteht die Welt auch „nicht ganz“.
Bei der Abstimmung über 1.) Beurteilung der Stellungnahmen und Vorschläge des Stadtplaners und 2.) den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan herrschte denn auch keine Einigkeit. Mit den Gegenstimmen von Andreas Klein, Werner Schneider (FDP) und Lothar Menges (SPD) und unter Enthaltung der restlichen SPD- Fraktion wurde Punkt 1 zugestimmt. Dem Satzungsbeschluss wurde mit zwei Enthaltungen zugestimmt.
„Sinnvolle Abrundung“ – Gewerbegebiet „Lohmühle“ wird erweitert (TOP 6)
Da seitens des Landratsamtes die Voraussetzungen für die Anwendung von §13 Bau Gesetzbuch (Vereinfachtes Verfahren) nicht gegeben waren, geht die Änderung des Bebauungsplanes „Lohmühle“ den normalen Gang, den des Regelverfahrens, erläuterte Dr. Bernd Fahle. Dennoch, so Breisachs Bürgermeister Oliver Rein, würde man „das Verfahren zügig durchbekommen“. Im Gewerbegebiet wird sich neben dem schon etwas älteren Neuzugang Vogel und Plötscher nun auch der Landmaschinenlogistikunternehmer Raphael Reddig niederlassen, der auch die Grünschnittsammelstelle an neuem Platz betreuen wird. In allen Fraktionen herrschte Freude über die Gewerbeneuansiedlung, so dass dem Beschlussvorschlag einstimmig stattgegeben wurde.
Liegeplätze in der Wahlgrabstätte – Änderung der Bestattungsgebührensatzung beschlossen (TOP 7)
Einstimmig beschlossen wurde die Änderung der Bestattungsgebührenordnung, was entweder daran gelegen haben mag, dass sich alle über „vorgeschriebene Ruhezeiten“ und Doppelbelegungen in „Wahlgrabstätten“ einig waren oder aber, dass niemand den im feinsten Beamtendeutsch verfassten Sachverhalt wirklich verstanden hat. Ruhe sanft Bestattungsverordnung!
Kinderzahlen auf niedrigem Niveau stabil – Gute Planbarkeit der Kinderbetreuung in Breisach für 2011 (TOP 8)
Knappe zwei Millionen Euro jährlich, eröffnete Bürgermeister Oliver Rein die Gegenwarts- wie Zukunftsthematik Kinderbetreuung, lässt sich die Stadt Breisach die Unterbringung ihrer jüngsten Bürger/Innen jährlich kosten. Die städtischen Kindergärten genügten trotzdem nur knapp dem gesetzlich geforderten Personalschlüssel, da dieser vom Land nochmals erhöht worden sei. Dafür bezuschusst das Land die Breisacher Kinderbetreuungseinrichtungen aber mit rund 1, 1 Millionen Euro.
Zunehmende Bedeutung durch den gesellschaftlichen Wandel in Berufs- und Familienalltag bekommt neben dem klassischen Kindergarten 3- 6 die Betreuung von Kindern bis zum dritten Lebensjahr sowie von Schülerinnen und Schülern, erläuterte Hauptamtsleiter Harald Bitzenhofer in seinem Themenreferat.
In den sieben Breisacher Kindergärten werden auch im Jahr 2011 in 24 Gruppen 545 Kinder betreut werden. Für die bis 3jährigen werden insgesamt 8 Gruppen angeboten. Die Auslastung der Breisacher Kindergärten liegt für das Jahr 2011 bei 83, 12%. Zum Vergleich hatte diese noch vor drei Jahren um rund 10% höher, nämlich bei 94, 47% gelegen. Die rückläufigen Kinderzahlen, erläuterte Bitzenhofer, hätte man für eine Verbesserung der räumlichen und personellen Infrastruktur genutzt.
Ein einzelner Kindergartenplatz kostet im Jahr 2011 5006, 17 Euro. Im Vorjahr hatte der Jahresbetrag mit 4822, 23 Euro noch fast 200 Euro darunter gelegen. Die Hauptausgabeposition der Kindergärten sind, wenig überraschend, die Personalausgaben mit rund 2, 38 Millionen Euro für das Jahr 2011. Besonders personalintensiv gestaltet sich die Kleinkindbetreuung, da diese einen wesentlich höheren Personalschlüssl verlangt.
Eine weitere Aufgabe ist die „verlässliche Grundschule“, die Betreuung von Schulkindern in unterrichtsfreien Stunden. Daneben gewinnen auch die Ganztagsschule sowie die Ferienbetreuung zunehmend an Bedeutung. Neben Betreuung stehen auch Bildungs- und Erziehungsauftrag im Mittelpunkt der immer wichtiger werdenden Maßnahmen. Hierfür wurden die Breisacher Erzieher/Innen schon in den Jahren 2007 bis 2009 speziell geschult. Musik, Spracherziehung und Bewegungsförderung sind nur einige Schwerpunkte des zusammen mit dem Land und anderen Trägereinrichtungen entwickelten Orientierungsplanes.
„Hoffentlich gehen uns die Kinder nicht aus“, wünschte sich Ruth Köbele für die CDU- Fraktion. „Breisach kann mit Recht sagen eine kinderfreundliche Stadt zu sein“, freute sich Imogen Wiedensohler mit der FDP- Fraktion. Jürgen Langer (ULB) betonte, wie wichtig gerade in Zukunft die Kleinkindbetreuung werden würde. Frank Kreutner (SPD) wünschte sich häufigere Besuche der „Kooperationsleher/Innen“ gerade für den Kindergarten „Kohlerhof“. Über die gute Arbeit der Erzieher/Innen und der Verwaltung waren sich aber alle Abgeordneten einig und bedachten den Referenten Harald Bitzenhofer mit Tischtrommelapplaus.
Blindflug - Verschiebung der Befliegung zur Einführung der getrennten Abwassergebühr (TOP 9)
Zur Einführung der getrennten Abwassergebühr gab es nichts Neues zu berichten, da sie zur Flächenermittlung im Herbst 2010 geplante Befliegung wegen Dauernebel hatte verschoben werden müssen. Diese ist nun für Ende März 2011 geplant. Dennoch wird die neue Gebühr rückwirkend erhoben werden, so Harald Bitzenhofer.
Erfolgreiches Projekt! – Abschlussbericht der Zukunftswerkstatt familienfreundliches Breisach (TOP 10)
Als ein „erfolgreiches Projekt“ bezeichnete Bürgermeister Oliver Rein die im Jahre 2007 veranstaltete „Zukunftswerkstatt familienfreundliches Breisach“, deren Abschlussbericht nun vorgestellt wurde. Zusammen mit dem Kreisjugendamt des Landkreises Breisgau- Hochschwarzwald hatte man drei Fragestellungen erörtert:
1.) Was ist in Breisach familienfreundlich?
2.) Was ist in Breisach nicht familienfreundlich?
und 3.) Wie soll sich unsere Stadt für Familien, Kinder und Senioren in den nächsten Jahren entwickeln?
Immerhin 21 der erarbeiteten Punkte, so Oliver Rein zufrieden, seien in den vergangenen drei Jahren umgesetzt worden. Hierfür bedankte sich der Bürgermeister vor allem bei Hauptamtsleiter Harald Bitzenhofer und seinem Team. „Einige Projekte“, bekannte Rein jedoch, „müssen etwas zurückgestellt werden.“
Man braucht weder Glaskugel noch Kaffeesatz um vorhersehen zu können, dass hierzu unter anderem die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt, die Marktplatzneugestaltung sowie die Verschönerung der Rheinuferpromenade zählen.