Wie seine Vorgänger/Innen hatte sich auch Christoph Bayer schon einmal mit der Bürgerinitiative getroffen, um sich über die Forderungen für eine verträgliche Retention zu informieren. Dieser Besuch allerdings liegt fast sieben Jahre zurück.
„Neue Woche, neues Glück“, begrüßte Breisachs Bürgermeister Oliver Rein den Landtagsabgeordneten sowie den Vorsitzenden des SPD- Ortsvereins Breisach, Lothar Menges, den Ortsvorsteher von Vogtsburg- Burkheim, Herbert Senn, sowie die BI- Aktiven Karl- Anton Hanagarth, Gottfried Trogus, Dr. Frank Siebenbürger und natürlich Lothar Neumann.
Das integrierte Rheinprogramm (IRP) und seine Folgen, so Bürgermeister Rein, seien eins der drängendsten Probleme der Europastadt.
Überproportionales Sandwich im kieslosen „Polderland“
Einmal mehr stellte Vortragsroutinier Lothar Neumann die Pläne für den Raum Breisach, deren Folgen und die Forderungen der BI in einem Bildvortrag vor. Dass Breisach/ Burkheim gleich von drei Rückhalteräumen betroffen ist, so Neumann, widerspräche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Aber selbst das ist die BI bereit zu akzeptieren. Was die BI, wie ein Großteil der betroffenen Menschen jedoch nicht akzeptiert, sind Flutungen mit stehendem Gewässer, inadäquate Entschädigungen für die betroffenen Vereine und Bürger/Innen, eine dauerhafte Zerstörung der bestehenden schützenswerten Naherholungslandschaft sowie den Bau eines riesigen, „unsäglichen“ (Neumann) Querdammes im Bereich des Polders Breisach- Burkheim. Allein für dieses 1, 5 Kilometer lange Bauwerk mit vier Durchlassöffnungen von der Größe eines Einfamilienhauses müssten rund 1000 Bäume gefällt und rund 5000 (!) LKW- Ladungen Material durch das Naturschutz- und Naherholungsgebiet bei Burkheim gekarrt werden. Auch der so genannte „90- Meter- Streifen“ beim Rückhalteraum Weil- Breisach, sei eine irreführende Bezeichnung, so Dr. Frank Siebenbürger, da durch die strömungstechnische Einbeziehung des Hartheimer Baggersees teilweise Breiten von 300- 400 Metern notwendig wären. Das hätte allein einen Waldverlust von annähernd 5 Hektar zur Folge, erläuterte der Förster im Ruhestand, der viele Jahre als Naturschutzbeauftragter bei Landratsamt tätig gewesen ist.
Ganz ausdrücklich wehrten sich die BI- Mitglieder gegen Äußerungen von Umweltministerin Tanja Gönner in einem Interview vom 12. Februar 2011. „Einwände und Klagen“, so die Ministerin, seien der Grund, warum die Rückhalteräume voraussichtlich erst im Jahr 2028 fertig gestellt werden würden. Tatsächlich aber sind mangelnde Absprachen mit dem Nachbarn Frankreich, Verfahrensstau bei den französischen Behörden sowie eine falsche Kalkulation ursächlich für die zeitliche Verzögerung des Großprojektes zum Hochwasserschutz. Lothar Neumann bedauerte, dass sich Frau Gönner nie die Mühe gemacht hatte, sich die Anliegen der BI einmal vor Ort anzuhören.
Unverständnis herrschte auch noch immer bezüglich der starren Haltung der Umweltverbände B.U.N.D. und NABU, die auf den „ökologischen Flutungen“ bestehen und jedes Gespräch mit der BI weiterhin ablehnen. Die Mitglieder der Bürgerinitiative bleiben bei ihrer Forderung nach einer erweiterten ökologischen Schlutenlösung, dem Hochwasserschutz durch Fließpolder nämlich.
Bürgermeister Oliver Rein ließ es sich nicht nehmen, noch einmal auf die „Kies- Problematik“ hinzuweisen. Die Stadt ist betroffen, also gehört der Kies der Stadt, so die einfache wie folgerichtige Formel bezüglich des bei der Auskiesung des Polders Hartheim anfallenden Materials. Der Verkauf der Steinchenmassen über eine sächsische Firma an die Schweiz sei hingegen ein Verdrängungswettbewerb gegen die heimische Kieswirtschaft, so der Bürgermeister.
Blendmaschine erster Ordnung
Auch „weiche Argumente“ wie Naturschutz und Tourismus, müssen bei der Diskussion um das IRP in den Vordergrund rücken, so MdL Christoph Bayer im Anschluss an die Ausführungen der BI, mit deren Forderungen sich der SPD- Politiker im Wesentlichen einverstanden erklären konnte. Allerdings, fuhr Bayer fort, sei es nicht ganz einfach für ihn, sich zu positionieren, da die Thematik fachlich sehr komplex sei und es ihm deshalb schwer fiele „solide Stellung zu nehmen“.
Was jedoch auch der fachfremde Christoph Bayer nicht verstand war, was an den „ökologischen Flutungen“ ökologisch sein soll. „Man kann das Wasser nicht stehen lassen“, so Bayer deutlich. Zumal dies nicht nur fatale Folgen für die Natur hätte, sondern auch „eine Frage von Existenzen“ in Tourismus und Landwirtschaft sei. Auch in Sachen Querdamm („Da sträubt sich bei mir der ökologisch denkende Mansch!“) ist Bayer „ganz nahe bei der BI“. Den bis 400 Meter breiten 90- Meter- Streifen bezeichnete er deutlich als „Blendmaschine erster Ordnung“.
Aber, so Bayer hoffnungsvoll, „nach Stuttgart 21 wird es eine neue Planungskultur geben“, bei der auch „die Verwaltung umlernen muss“. Und auch Christoph Bayer versprach, wie vor ihm schon MdB Kerstin Andreae, sich um eine Vermittlung zwischen den Naturschutzverbänden und der BI zu bemühen. Es bleibt zu hoffen, dass ihm dabei mehr Erfolg beschieden ist, als der bündnisgrünen Bundespolitikerin!