Bayer Leverkusen:
Michael Ballack hat lange Zeit den Mund gehalten. Obwohl andere tendenziell abfällig über den verdienten Nationalspieler sprachen, blieb er ein Gentleman. Es ist nicht sein Stil herumzuposaunen. Ballack hat schon für feine Adressen wie Bayern München und FC Chelsea gespielt. Er weiß, was sich gehört. In der Nationalmannschaft wurde der Chemnitzer stillos abserviert. Niemand hatte Rückgrat, dem „Ex-Capitano“ die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Stattdessen drucksten Joachim Löw und Co. monatelang herum und demontierten Ballack Stück für Stück. Es hieß, der habe nicht mehr die Klasse mitzuhalten. Auch von seinem Leverkusener Trainer Robin Dutt musste er sich in der Öffentlichkeit Sprüche anhören. Für Ballack müsse es eine Ehre sein, beim Werksklub auf der Bank zu sitzen. Ballack meinte, er hörte nicht richtig. Wer ist Robin Dutt? Der Weltklasse-Profi ertrug und schwieg. Jetzt ist er wieder fast in seiner alten Form. Ballack ist Dreh- und Angelpunkt bei Bayer, und Leverkusen kann einen Profi von Ballacks Format mehr denn je gebrauchen. Der Plastik-Klub hinkt seinen Zielen wieder einmal hinterher. Auch als globaler Repräsentant wäre Ballack nach seiner Karriere ein guter Fang für den blassen Verein. Doch jetzt hat Ballack das Wort ergriffen. Er bestimmt den weiteren Verlauf seiner Laufbahn! Ballack hat angekündigt, eher nicht in Leverkusen zu bleiben. Man kann es ihm nicht verübeln. Und die, die ihn vorher angriffen, die schweigen nun auffällig. Schlechtes Gewissen? Ballack, so ist es zu vermuten, wird eher zurück zum Chemnitzer FC gehen, als seine Zukunft in Leverkusen zu planen...
Bundesliga-Schiedsrichter:
Der DFB hat auf die Schiedsrichter-Affäre reagiert und Konsequenzen angekündigt. Künftig müssen die Spitzen-Referees ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. So will sich der Verband absichern. Eine Auskunft der Schufa müssen die Unparteiischen schon länger vorlegen. Damit soll verhindert werden, dass in Finanznot geratene Referees von mafiösen Vereinigungen erpressbar wären. Die Maßnahmen des DFB zielen in die richtige Richtung. So kann der Wettbewerb fair gehalten werden. Doch in der öffentlichen Diskussion wird merkwürdigerweise nicht mehr die Rolle der UEFA und FIFA hinterfragt. Die mächtigen Verbände haben die Schiedsrichter angeblich erst dazu gebracht, Konten im Ausland zu eröffnen. Eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung stand im Raum. Jetzt wird darüber nur noch geschwiegen. Das Zusammenspiel zwischen deutschen Medien und den Verbänden, nach dem Motto „eine Hand wäscht die andere“, könnte nicht besser funktionieren?
Werder Bremen:
Auffallend oft gelangen in den letzten Monaten harsche Worte aus Bremen an die Öffentlichkeit. Dabei ist bei Werder immer alles eitel Sonnenschein? Doch der Schein trügt. Die Nordlichter haben lediglich den Standortvorteil keine Medienstadt zu sein. Auch der SC Freiburg profitiert von einer eindimensionalen Presselandschaft. Der Baum kann brennen, doch die Journalisten halten die Probleme „unter dem Deckel“? Werder-Aufsichtsrat Willi Lemke hat nach der letztjährigen für Bremen wenig optimal verlaufenen Saison lediglich Bedenken geäußert und auf Einsparungen in allen Bereichen gedrängt. Geschäftsführer Klaus Allofs, der immer als Erster bei Werder auf die finanziellen Nachteile des Klubs und das „Sparen-Müssen“ hinweist, sobald man hinterherhinkt, soll einen leistungsbezogenen Vertrag unterschreiben. Doch das passt dem gar nicht. Für Allofs grenzt das wohl schon an Majestätsbeleidigung? Er hat dem Aufsichtsrat eine Frist gesetzt. Gönnerhaft erzählt Allofs in Interviews, dass bei Verhandlungen mit Spielerberatern immer öfter die Frage gestellt werde, ob Allofs weitermachen wird. Peinlich? Und lässt Lemke sich von diesem leicht zu durchschauenden Spiel unter Druck setzen? Doch Lemke sollte wissen, dass Allofs bei Werder das Medien-Spiel bestimmt. In dieser Woche kamen Gerüchte auf, dass Allofs Präsident in Köln werden soll. Auch wenn es in das zeitliche Schema passt, weil dort der Chefsessel frei wurde: Der Zeitpunkt ist sicher purer Zufall.
1. FC Köln:
Nach dem von vielen Beobachtern als stillos bezeichneten Rücktritt von Köln-Präsident Wolfgang Overath gibt es das erste Stühlerücken beim launischen Klub vom Rhein. Sportdirektor Volker Finke rückt in die nun dreiköpfige Geschäftsführung auf. Das entschied am heutigen Freitag die Gesellschafterversammlung des FC. Finkes Rückkehr auf die Trainerbank, über die immer wieder spekuliert wurde, ist damit endgültig passé. Den Sturm um die Trainerposse mit Frank Schäfer vor einigen Monaten hat Finke intern offenbar nicht geschadet, obwohl er sich laut der sehr angesehenen Neuen Zürcher Zeitung als „Meister der Intrige“ präsentierte. Wie hoch will er beim FC hinaus? Ob dem machtbewussten Finke es auf Dauer reicht, auf einer Schulter einer von 3 Köpfen zu sein? Insider vermuten schon länger, dass er eines Tages im Präsidenten-Sessel Platz nehmen will.
Fußball-Bundesliga Outing sexueller Präferenzen:
Outing beim Fußball? In Deutschland ist das Bekennen zum Schwulsein bislang ein Tabuthema für einen aktiven Fußballer. Die Mauer des Schweigens scheint zu bröckeln. Doch sie steht noch. Nationalmannschafts-Kapitän Philipp Lahm hat gerade erst von einem Outing abgeraten, denn er glaubt, viele Nachteile in der rauhen Fußball-Welt und ein Spießrutenlauf wären die Folge. Was in der Politik und dem öffentlichen Leben inzwischen normal ist, schiebt der Profi-Fußball vor sich her. Zurecht? Aus dem Ausland mehren sich die Bekenntnisse von Profi-Sportlern. In dieser Woche hat sich ein amerikanischer Soccer-Profi selbst als schwul „enttarnt“. In den Vereinen und Verbänden hätten alle schon lange Bescheid gewusst, erzählte David Testo, der als sehr begabter Fussballer galt. Er war vor Jahren Jugendspieler des Jahres und hat nach Fachmeinung über lange Zeit sehr gute Leistungen abgeliefert. Für die Nationalmannschaft der USA, die sich aus wenigen Talenten speisen muss, hat es aber nie gereicht. Gibt es einen Zusammenhang? Was wäre gewesen, wenn niemanden bekannt gewesen wäre, dass er schwul ist? Hat man Testo extra übergangen bei den Nominierungen? Hat Lahm am Ende also recht? Und spricht das Bedürfnis zum "aufgeilen" an der privaten Sexualität anderer nicht ohnehin für ein eigenes Problem? Denn wer selbst genug guten Sex hat braucht sich am "poppen" anderer nicht aufgeilen.
Worte der Woche:
Vom 3:0 der deutschen Nationalkicker gegen Erzfeind Holland zeigte sich der Blätterwald beeindruckt. Das niederländische Organ De Volkskrant schrieb: "Deutschland war ein harmonisches Orchester, die Niederlande eine angetrunkene Blaskapelle." Und die Pariser Fachzeitung L’Equipe kommentierte in Richtung des französischen Nationaltrainers Laurent Blanc: "Eine Kerze und zwei Aspirin, das ist es, was Laurent Blanc braucht, wenn er sich die DVD von Deutschland anschaut. Die Kerze, um das Schicksal anzuflehen, dass Frankreich bei der EM-Auslosung nicht in dieselbe Gruppe wie Deutschland kommt. Die Aspirin, um das Kopfzerbrechen zu minimieren!“
Autor: Peter Müller