„Stein oder nicht Stein“, das ist längst nicht mehr die einzige Frage, die sich den Beobachtern/Innen der Bautätigkeit auf dem Gutshof stellt. Und auch bei weitem nicht mehr die einzige Frage, die im Gemeinderat vehement diskutiert worden ist. Fast schon historisch ist die Debatte um den Erhalt des Porphyr- Belages. Ein erstes Zugeständnis, das dem Autor, der auch gleichzeitig als Hauptdarsteller des Umkircher Theaterstückes verpflichtet wurde, gewissermaßen abgerungen wurde. Schier endlos gestaltete sich die Diskussion um die Gutshofmauer, die es sogar bis in die Bürgerversammlung schaffte und nun traurig vor sich hinbröckelt, während auf dem Platz hinter ihr der an der Gemeinde kleben gebliebene graue Granitbelag verpflastert wird. Unzählige Tonnen des grauen Gesteins aus Rot-China hatten die Räte/Innen letztlich geschluckt, obwohl sie eigentlich rötlich- geflammtes und nicht gräulich- gestocktes Pflastermaterial bestellt hatten – oder dies zumindest glaubten. Die Kastanienbäume warten auf dem Bauhof auf ihre Verwendung als Feuerholz. Sie waren Säge und Sommerloch zum Opfer gefallen. Und der schnuffige Laubengang? Er wartet auf der Wiese neben der „Umkircher Freilichtbühne“ auf seine Neuverwendung als „Wegversteckgang“: Na, immerhin noch besser als verschrottet werden, denkt sich der Gang, der sich ohnehin sehr nackig vorkommt ohne seinen hübschen Buchenbewuchs. Sehr nackig wirkt auch Umkirchs „neues Wohnzimmer“, das mittlerweile mehr an einen Exerzierplatz für Panzer und Bagger erinnert, als an die kuschelige Seele der Gemeinde, die Festspielautor Rosenstiel angekündigt hatte. Dumm nur, dass er derartige Seelen irgendwie auch schon an andere Gemeinden verkauft hat, es dem Platz also schon von der Papierform her an einer auf die speziellen Umkircher Bedürfnisse zugeschnittenen Individualität mangelt. Noch sind die Hauptrollen also klar: Rosenstiel als Mephisto und Walter Laub als Hamlet!
Protesttechnisch langsam warmgelaufen hat sich aber in den vergangenen Monaten das Ensemble der Festspiele, der Umkircher Gemeinderat. Was dazu führt, dass Festspielintendant und Hamletdarsteller Walter Laub seinen Totenschädel immer verzweifelter anguckt. Zwar herrscht in den Reihen der Mimen alles andere als Einigkeit, dafür hat aber jeder inzwischen eine ganz eigene Idee, wie das Stück „Ortskernneugestaltung“, so der Arbeitstitel, anzulegen ist. Und alle Darsteller/Innen sind auch stets für Überraschungen gut. Letzter Clou war die Auswahl der Knüllerlampe TRILUX, die, so scheint es, nur gewählt wurde, weil sie wirklich niemand haben wollte. (Ein Scherzer: "Roswitha-Geschmack?") Die Bühnenbeleuchtung kommt also schon mal echt billig daher. Vor den Mauerdurchbruch zur Ladenzeile an der Gutshofostseite hat der erboste Grundstückseigentümer mal präventiv sein Auto geparkt, das Publikum darf inzwischen auch mitspielen! Vielleicht sollte man das Loch in der Gruselwand mit dem Rest Laubengang wieder zustopfen. Und während die neuen „sitzkalten“ Granitmäuerchen nur im trocknen Zustand halbwegs „historisch passend“ aussehen, ist der Farbton des Granitpflasters nur in nassem Zustand zu ertragen. Auf die Bühnentechnik kommt also Einiges zu!
Fest steht letztlich, dass dem Stück „Ortskernneugestaltung“ ein Autor fehlt, der es fertig bringt, zum einen ein stimmiges wie individuelles Konzept vorzulegen und dieses auch durchzusetzen und zum anderen, und das ist wesentlich, ein Gespür für die Seele der Bühne, der Gemeinde Umkirch nämlich, und des Publikums, den Umkircher Bürgern/Innen mitbringt. Volker Rosenstiel hat ganz offensichtlich den Nerv getroffen: Sein grauer Kalt-Plan geht inzwischen allen auf die Nerven! Und Hamletdarsteller und Schlossbühne-Büningen-Intendant Walter Laub zerreißt sich immer weiter beim Spagat zwischen dem einst vom Ensemble Gemeinderat mehrheitlich abgesegneten „Stadtplan“ und dem, was zu Sehens daraus zu werden scheint: Ein herz- und planloses komplett platt diskutiertes Chaos auf das eine traurige Maria müde herabschaut.
Zwei Möglichkeiten drängen sich ins Auge des Betrachters: Hoffen und beten oder handeln! Aus den Reihen von Waldorf (Erhard Haas) und Statler (Tom Hirzle), den Festspiel-Logengästen aus den USA, kam die erlösende Heilsbotschaft: Augen auf, Planer wechseln!
Die Umkircher Festspielleitung sollte diesen klaren Schritt ernsthaft überdenken, denn nicht jedes Stück passt in jedes Theater, was wohlweislich nichts über die Qualität des Autors sondern über die Harmonie zwischen Stück, Bühne, Ensemble und Publikum aussagt. Vielleicht werden auf diesem Wege die Umkircher-Ortskern- Festspiele doch noch ein Erfolg für die dort lebenden Seelen… Vielleicht hilft beim Schutz vor dem Geschmack des "grauen Mephisto" Rosenstiel die Heilige Maria, Umkirchs Schutz-Patronin, die (auch in altem Stein), auf dem Gutshof steht.